Enttäuscht, frustriert, aber auch erleichtert – so lassen sich die Reaktionen verschiedener Katholiken der Region auf die Ergebnisse des Synodalen Wegs zusammenfassen. Am 11. März fand die fünfte und letzte Synodalversammlung in Frankfurt am Main statt. Dabei wurde noch einmal über Grundsatzpapiere diskutiert und abgestimmt. Nicht alle Texte wurden verabschiedet: Die Entscheidung über die Einrichtung eines Synodalen Rates etwa, in dem Laien künftig gemeinsam mit Bischöfen beraten, wurde vertagt.
Im Großen und Ganzen dennoch zufrieden mit den Ergebnissen ist Pfarrer Ulrich Hund aus Markdorf (Bodenseekreis). „Es ist erst einmal gut, dass Menschen miteinander diskutiert haben und Texte durchgegangen sind“, so Hund. Der katholische Priester hatte vor zwei Jahren an einer bundesweiten Aktion teilgenommen, bei der homosexuelle Paare in Gottesdiensten gesegnet wurden. Das hatte die Glaubenskongregation im Vatikan eigentlich verboten.
Die Synodalversammlung beschloss, dass es für Homosexuelle und wiederverheiratete Geschiedene künftig Segensfeiern geben darf. Bis 2026 soll eine Handreichung für die Diözesen ausgearbeitet werden. „Wir fühlen uns in diesem Punkt gestärkt. Es geht nicht mehr um Sanktionen“, sagt Pfarrer Hund. Er hofft, dass der Beschluss in den nächsten drei Jahren nicht ausgebremst wird. Grundsätzlich sei es spannend, wie die Reaktionen in Rom nun ausfielen und wie die deutsche Kirche sich dann positioniere.
Denn viele Fragen können nur im Vatikan entschieden werden. So sprach sich die Synodalversammlung zwar für die Aufhebung des Pflichtzölibats aus, konnte aber lediglich eine Bitte an Papst Franziskus formulieren, diesen Punkt zu prüfen. „Wenn jetzt viel abgeschmettert wird, ist der Frust groß“, so Hund.
Er hätte sich gewünscht, dass der Freiburger Bischof Stephan Burger bei einigen Beschlüssen häufiger mit Ja gestimmt hätte, statt sich zu enthalten. Insgesamt sei der Synodale Weg ein wichtiger erster Schritt, der allerdings nicht ausreiche, um die katholische Kirche zu reformieren.
Dass viele Entscheidungen auf Kompromisse hinausliefen, findet Religionslehrer Theo Schenkel „super schade“. Der Waldshuter war im vergangenen Jahr Teil der Aktion „Out In Church“, bei der er sich als Angestellter der katholischen Kirche öffentlich als trans geoutet hatte. Transmenschen identifizieren sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht.
Nun verabschiedete die Synodalversammlung einen Text, der die Lebensrealität von trans- und intergeschlechtlichen Personen in den Blick nimmt. Intergeschlechtliche Menschen haben körperliche Geschlechtsmerkmale, die nicht ausschließlich männlich oder weiblich sind. Künftig soll es zum Beispiel möglich sein, bei der Taufe den Eintrag der Geschlechtsidentität im Taufregister wegzulassen. Außerdem können transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Katholiken diesen Eintrag einfacher ändern als bisher.
„Das ist sehr wichtig, weil die Kirche damit überhaupt anerkennt, dass es nicht-binäre Menschen gibt“, sagt Schenkel. Das sei bislang nicht der Fall gewesen. Dennoch ist er „skeptisch optimistisch“: Die Beschlüsse stünden bisher nur auf dem Papier, erst in Zukunft würde messbar, was tatsächlich umgesetzt werde.
Immer wieder kritisierten Katholiken in den vergangenen vier Jahren die Sperrminorität der Bischöfe in der Synodalversammlung. So wurde das Grundsatzpapier zur Liberalisierung der katholischen Sexuallehre 2022 verhindert, weil die Bischöfe keine Zwei-Drittel-Mehrheit erreichten. „Da ist Enttäuschung noch untertrieben. Es wurde Leid reproduziert und das Gefühl bestätigt, nicht gesehen zu werden“, so Schenkel.
Frust bei Maria 2.0
Noch ernüchterter von den Beschlüssen zeigt sich die Maria-2.0-Aktivistin Barbara Kunz aus Friedrichshafen. „Ich habe nicht mehr erwartet“, sagt sie. Die Gemeindereferentin engagiert sich im Katholischen Frauenbund und setzt sich seit Jahren für Gleichberechtigung in der katholischen Kirche ein. Es sei grundsätzlich gut, dass wichtige Themen angegangen wurden. „Ich bin positiv angetan, dass es überhaupt so weit kam und nicht im Chaos endete“, so Kunz.
Die Mehrheit der Synodalversammlung stimmte dafür, dass sich die Bischöfe für das Diakonat der Frau einsetzen sollen. Für Barbara Kunz ist damit das höchste Ziel, nämlich die Priesterweihe von Frauen, noch nicht erreicht: „Wir Frauen brauchen einen sehr, sehr langen Atem“, sagt sie. In der katholischen Kirche würden Frauen weiterhin wie Menschen zweiter Klasse behandelt.
Dass sich Minderheiten widersetzt hätten, ärgert Barbara Kunz. Denn die reformorientierten Teilnehmer des Synodalen Wegs hätten sehr mutig gehandelt. „Insgesamt hat man die Kurve nicht ganz gekriegt, vielleicht eher so halb.“
„Endlich bricht etwas auf“
Pater Stephan Vorwerk von der Cella St. Benedikt auf der Insel Reichenau zieht ein positives Fazit. Das Signal, das von Frankfurt ausgehe, sei wichtig. „Manche hätten sich mehr gewünscht, aber wenigstens diese kleinen Schritte werden wir jetzt gehen“, sagt der Mönch. Dass Laien und Bischöfe miteinander geredet und nach einem Weg gesucht hätten, weiß Pater Stephan zu schätzen. Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare hält er für genau so unumgänglich wie eine neue Stellung der Frau in der Kirche. „Es ist ganz wichtig, dass da endlich etwas aufbricht.“

Dieses „von oben nach unten“, der Klerikalismus vergangener Tage, damit sei Schluss, selbst in den Klöstern. „Das machen die Menschen nicht mehr mit“, so Pater Stephan. Wie es nun weitergeht, hänge an den Diözesen, die die Ergebnisse umsetzen sollen, aber auch an der Weltkirche, die vielfach ganz anders tickt. Dass Deutschland diesen Akzent gesetzt habe, sei auf jeden Fall gut, meint der Mönch. „Ich hoffe, dass da vieles rüber schwappt in die Weltkirche.“
Es gibt auch andere Stimmen in der katholischen Kirche: Vor dem Frankfurter Messezentrum protestierten während der Synodalversammlung Frauen der konservativen Bewegung „Maria 1.0“: Sie sind warnen vor einer möglichen Kirchenspaltung.