Die Hafenkneipe „Pier 40“, die Silvio „Sille“ Klinger 1996 eröffnet hat, begrüßt ihre Gäste mit zahlreichen Hinweisschildern zu Maskenpflicht und Hygieneregeln. Drinnen sorgen Plexiglasscheiben und das Personal für die nötigen Abstände zwischen den Gästen.

Die Regeln an der Eingangstür zum „Pier 40“ sind kaum zu übersehen.
Die Regeln an der Eingangstür zum „Pier 40“ sind kaum zu übersehen. | Bild: Lena Reiner

Inhaber Klinger verrät: „Je später es wird und je mehr Alkohol getrunken wird, desto mehr Einsatz erfordert das von unseren Mitarbeitern. Da gibt es schon mal Diskussionsbedarf.“ Die für Infektions-Hotspots geltende Sperrstunde halte er daher für nachvollziehbar, auch wenn sie für seine Kneipe problematisch wäre. „Wir waren jetzt im Sommer gut besucht; da kamen auch viele Touristen zu uns. So konnten wir einiges wieder aufholen von dem, was wir davor an Einbußen hatten.“

Kneipanalltag während der Pandemie, hier im „Pier 40“: Ingo Knapp ist nicht nur fürs Bewirten der Gäste zuständig, sondern ...
Kneipanalltag während der Pandemie, hier im „Pier 40“: Ingo Knapp ist nicht nur fürs Bewirten der Gäste zuständig, sondern muss auch darauf achten, dass alle Anwesenden die Hygieneregeln einhalten. | Bild: Lena Reiner

Allerdings finde das Hauptgeschäft spätabends statt, sie seien bekannt dafür, auch unter der Woche und unabhängig von der Gästezahl bis 2 Uhr in der Früh geöffnet zu haben. Das sei also gerade dann, wenn die üblichen Sperrstunden, die mancherorts in Deutschland bereits eingeführt wurden, greifen würden.

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„Das wäre schon schlimm, wenn wir dann schließen müssten, wenn normalerweise gerade all die Leute aus den Restaurants zu uns kommen.“ Ein Hauptteil ihres „eher abendlastigen“ Geschäfts würde dann wegfallen.

Im Frühling hatten Laila und Silvio Klinger ihre Kneipe mit Plexiglasscheiben nach der Corona-Zwangspause wiedereöffnet. (Archivfoto)
Im Frühling hatten Laila und Silvio Klinger ihre Kneipe mit Plexiglasscheiben nach der Corona-Zwangspause wiedereöffnet. (Archivfoto) | Bild: Lena Reiner

Ähnlich ergeht es Hardy Huber, dem Wirt der Kneipe und Musikbühne „Flieger“ in Tettnang. Mit kreativen Ideen hat er den Sommer über vor allem auch das kulturelle Leben in der Kleinstadt zu fördern versucht; mit Autokonzerten etwa und einem speziellen „Flieger“-Open-Air.

Bild 4: Masken und Registrierung werden zur Routine: Blick auf das Häfler Nachtleben in Corona-Zeiten
Bild: Lena Reiner

Die geplanten Maßnahmen, die Idee, im Winter im Freien zu bewirten und dafür Heizmöglichkeiten zu installieren, hält er für unrealistisch: „Das können sich Hotels und große Restaurants vielleicht leisten, aber nicht die kleine Bar, die schon längst an die Rücklagen – so vorhanden – gehen muss.“ Auch kritisiert er geplante Sperrstunden, da sich die Menschen dann privat zum Trinken und Beisammensein treffen würden. Private Feiern würden nicht kontrolliert, während in einer Kneipe auf Tischabstände, Maskenpflicht und auch den Austausch der Raumluft geachtet werde.

Archivfoto: Hardy Huber kurz vor seinem Open-Air-Konzert, das mit festen Sitzplätzen und verringerter Gästezahl stattfinden durfte.
Archivfoto: Hardy Huber kurz vor seinem Open-Air-Konzert, das mit festen Sitzplätzen und verringerter Gästezahl stattfinden durfte. | Bild: Lena Reiner

Er selbst werde einen Bereich zur Straße hin mit einer Plane überdachen und per Heizstrahler aufwärmen. Im Garten werde außerdem ein Holzofen installiert, den ein Gast gespendet habe. Nun gehe es darum, die kommenden sechs Monate bis zum Frühlingsbeginn und der nächsten Freiluftsaison zu überstehen. Er appelliert daher auf Facebook, die Kneipen- und Veranstaltungskultur zu unterstützen: „Geht trotzdem mal wieder was trinken; im Wintermantel draußen, oder mit aller Vorsicht drinnen.“ Immerhin einen Kassenschlager hat er der Krise zu verdanken: Die Mund-Nasen-Schutze mit dem Logo des „Flieger“ gehen laut ihm „weg wie Brezeln“.

Währenddessen bilden sich in Friedrichshafens Innenstadt spätabends am Wochenende noch Menschentrauben, die darauf warten, eingelassen zu werden. Vor dem „Belushi“ etwa.

Vor dem „Belushi“ gibt es kurz Stau: Auch hier wird auf die Einhaltung der Hygieneregeln Wert gelegt.
Vor dem „Belushi“ gibt es kurz Stau: Auch hier wird auf die Einhaltung der Hygieneregeln Wert gelegt. | Bild: Lena Reiner

In der Parallelstraße ist auch die „Minibar“, die erst am 7. Oktober eröffnet hat, gut besucht. Michael „Mike“ Dilnot ist zufrieden: „Es ist jeden Abend voll hier, seit wir eröffnet haben. Auch jetzt haben wir wieder 20 Namen auf der Warteliste.“ Diese führen sie, statt Reservierungen entgegenzunehmen. Das sei gemütlicher, als durch Reservierungszeiten den Gästen ein Zeitlimit für ihren Aufenthalt zu setzen.

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Der kleine Gastraum bietet unter Corona-Bedingungen maximal 35 Gästen Platz, die Theke muss derzeit freibleiben. „Und wir können auch nicht zwei Gruppen an einen der großen Tische setzen“, ergänzt Dilnot.

Sam Kretschmer und Mike Dilnot sind zufrieden mit den ersten zwei Wochen seit Eröffnung ihrer „Minibar“. Eine eventuell ...
Sam Kretschmer und Mike Dilnot sind zufrieden mit den ersten zwei Wochen seit Eröffnung ihrer „Minibar“. Eine eventuell drohende Sperrstunde bereitet ihnen allerdings Kopfzerbrechen. | Bild: Lena Reiner

Das System jedenfalls komme gut an und biete den entscheidenden Vorteil, dass sich keine Warteschlangen bildeten. Auch sonst sind die beiden frischgebackenen Barbetreiber kreativ an die in der Corona-Zeit herrschenden Bedingungen herangegangen: Hier stapeln sich keine Zettel. Um die Kontaktdaten der Gäste zu erheben, können Barbesucher sich selbst per QR-Code einchecken. Für Menschen ohne Smartphone gibt es auch die Papierversion des Formulars.

QR-Code statt Papier: In der „Minibar“ kann auf Stift und Papier verzichten, wer möchte und ein Smartphone besitzt. Die ...
QR-Code statt Papier: In der „Minibar“ kann auf Stift und Papier verzichten, wer möchte und ein Smartphone besitzt. Die Kontaktdaten sind dann im System und beim nächsten Besuch muss nur der Code gescannt werden. | Bild: Lena Reiner

Den Gästen jedenfalls scheint diese Handhabung zu gefallen. Die Stimmung wirkt gelöst und fröhlich.

Mitten in der Corona-Pandemie hat die „Minibar“ in der Kleinebergstraße eröffnet. Hier ist die sogenannte neue Normalität ...
Mitten in der Corona-Pandemie hat die „Minibar“ in der Kleinebergstraße eröffnet. Hier ist die sogenannte neue Normalität tatsächlich bisher die einzige Normalität. | Bild: Lena Reiner

So gelöst und gleichzeitig familiär die Stimmung am Wochenende in der kleinen Bar ist, so besorgt sieht Dilnot einer möglichen Sperrstunde um 23 Uhr entgegen: „Da fehlen uns dann ein bis zwei Stunden pro Abend, da würde schon ein nennenswerter Umsatz wegbrechen.“

Geburtstagsfeten statt Großveranstaltungen

Der „Gerrix“-Club hat dort, wo zuletzt der Club „Etage 1“ zum Feiern lud und ehemals das legendäre „Zungenkuss“ seine Heimat hatte, inzwischen entgegen anfänglicher Pläne seine Pforten im kleinen Rahmen geöffnet. Die große Eröffnung war eigentlich für den 14. und 15. März geplant gewesen, doch die sagten die Betreiber freiwillig ab, da sie nur unter Corona-Auflagen ohne Tanzmöglichkeit hätte stattfinden dürfen. Danach blieb der Club geschlossen.

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„Eigentlich wollten wir nicht für kleine Feiern aufmachen, um den Überraschungseffekt für die eigentliche Eröffnung nicht zu nehmen und den Club nicht zu zeigen, aber gleichzeitig ist das auch Werbung für uns“, erklärt Geschäftsführer Bruno Miguel Goncalves. Immer wieder hätten Privatpersonen angefragt, ob die Lokalität für Geburtstage zu mieten sei. Auch sei im Sommer der Punkt da gewesen, an dem sie sich sicher waren, dass sie in diesem Jahr anders gar nicht mehr öffnen können: „So haben wir wenigstens ein paar Einnahmen, um einen Teil der Nebenkosten decken zu können.“

Der „Gerrix“-Club, der seine Pforten nun im kleinen Rahmen für private Feiern öffnet.
Der „Gerrix“-Club, der seine Pforten nun im kleinen Rahmen für private Feiern öffnet. | Bild: Lena Reiner

Das Angebot umfasst dabei ein Rundumpaket von Getränken über einen DJ bis hin zum Servicepersonal: „Das ist auch hygienetechnisch auf jeden Fall sicherer, als wenn jemand das privat organisiert.“ Alle Veranstaltungen seien mit der Stadt Friedrichshafen abgestimmt worden. Ob das Angebot auch unter verschärften Corona-Regelungen den Herbst und Winter über bestehen bleiben kann, sei aktuell unklar und werde geprüft: „Wir rechnen eigentlich schon damit, dass wir nicht weitermachen können, was natürlich sehr schade wäre.“

Pandemiestufe drei: Was bedeutet das für Kneipen?

  • Indirekt betroffen ist ein Kneipenbesuch von der erneuten Beschränkung der Anzahl von Personen bei sogenannten Ansammlungen und privaten Treffen: Die Grenze liegt bei zwei Hausständen oder zehn Personen.
  • Direkt betroffen sind Kneipen von der Ankündigung lokaler Sperrstunden in besonders betroffenen Gebieten.
  • Die Stadt Friedrichshafen erklärt dazu auf Anfrage: „Da das Land in Pandemiestufe 3 bereits zahlreiche Regelungen getroffen hat,
    prüfen wir nun, ob und falls ja von Seiten der Stadt ergänzende Maßnahmen notwendig und sinnvoll sind, die wir dann gegebenenfalls auch noch mit dem Gesundheitsamt abstimmen werden.“