Am Wochenende ist die vorerst letzte Lufthansa-Maschine vom Bodensee-Airport gestartet. Deutschlands größte Fluggesellschaft hat die Strecke Friedrichshafen - Frankfurt für mindestens zwölf Monate aus dem Programm genommen. Auch die Hoffnungen, dass die Regionalfluggesellschaft SkyAlps die Verbindung vorübergehend übernimmt, haben sich inzwischen zerschlagen. Die Verhandlungen hatten zu keinem Erfolg geführt.
„Das sind keine guten Nachrichten für die Region“, betonte Flughafen-Chef Claus-Dieter Wehr zuletzt. Denn nun fehlt eine wichtige Drehkreuz-Anbindung – auch für die Wirtschaft. „Für ZF ist die Nutzung des Flughafens Friedrichshafen mit einer Hub-Anbindung von großer Bedeutung“, erklärt ein Sprecher des Häfler Technologiekonzerns. ZF sei von der Streichung der Flüge stark betroffen. „Das bedeutet, dass die Bodenseeregion vom Flugverkehr, insbesondere in Bezug auf interkontinentale Anschlussverbindungen vom Drehkreuz Frankfurt, abgekoppelt wird“, so der Sprecher.
Auch Rolls-Royce Power Systems (RRPS) fehlt eine wichtige Anbindung. Ein Sprecher des Unternehmens sagt: „Der Ausfall der Verbindung nach Frankfurt ist für uns sehr enttäuschend. Für unsere global vernetzte Industrie am Wirtschaftsstandort Bodensee benötigen wir eine dauerhafte, zuverlässige Flugverbindung.“ Zusammen mit Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und Besuchern aus der ganzen Welt habe man monatlich für eine dreistellige Zahl an Buchungen gesorgt.
„Insgesamt ist die Bedeutung der Strecke allerdings zurückgegangen“, so der Sprecher weiter. Wegen zahlreicher Flugstreichungen und der damit verbundenen Probleme fliege man vermehrt von Flughäfen wie München, Zürich oder Stuttgart mit zuverlässigeren Verbindungen. Der Nachteil: „Das kostet mehr Zeit und Geld.“ RRPS bedauere es, dass die Verhandlungen zwischen der Lufthansa und SkyAlps nicht erfolgreich waren. Gleichzeitig begrüße man die Gespräche des Flughafens mit der Regionalfluggesellschaft über die Aufnahme anderer Strecken, etwa nach Berlin. „Der Flughafen muss weiterhin unser Tor zur Welt bleiben. Davon hängt auch die Entwicklung am Standort Friedrichshafen ab“, betont der Sprecher.
Aus Sicht von ZF gibt es „keinerlei Alternativen, ohne größeren Zeit- und Kostenaufwand in ein internationales beziehungsweise interkontinentales Streckennetz einzusteigen“. Die Bahn sei auch zu Vor-Corona-Zeiten ein unzuverlässiger Partner gewesen, da regelmäßig 50 Prozent der Anschlüsse vom oder in das ICE-Netz wegen Verspätungen verpasst worden seien. Das Auto als Zubringer nach München oder Stuttgart sei mit erheblichen zusätzlichen Zeitaufwänden, Mietwagenkosten und Personalkosten die einzig verbliebene Alternative. Zürich als Abflugort komme aufgrund des hohen Tarifniveaus nicht infrage.
Verbindung nach Frankfurt hat Priorität
Zur Zahl der Flugtickets, die ZF von und nach Friedrichshafen gebucht hat, äußert sich das Unternehmen nicht. „Wir sind aber seitens der Unternehmen definitiv einer der Hauptnutzer des Flughafens.“ Mit der konstanten Nachfrage trage man hoffentlich dazu bei, dass bald wieder entsprechende Angebote für innerdeutsche Flugverbindungen entstehen – mit Priorität einer Verbindung nach Frankfurt zu einem internationalen Drehkreuz.
Günstige Verkehrsanbindungen sind auch für Zeppelin Systems entscheidend – egal ob auf der Straße, zu Wasser oder in der Luft. „Kunden, Mitarbeitende, Partner und Dienstleister können uns durch eine gute Anbindung schnell und einfach erreichen“, heißt es vonseiten des Unternehmens. Auch das Thema Arbeitgeberattraktivität spiele hier eine Rolle. Grundsätzlich würden regionale Wirtschaftsstandorte durch eine gute Verkehrsinfrastruktur attraktiv. Investoren oder internationale Messebetreiber orientieren sich aus Sicht des Anlagenbauunternehmens ebenfalls an infrastrukturellen Kennzahlen.
„Wenn Flüge namhafter Airlines gestrichen werden und Friedrichshafen nicht mehr frequentiert angeflogen wird, müssen wir als internationales Unternehmen leider auf Flughäfen wie München oder Zürich ausweichen.“ Das koste wertvolle Zeit und bares Geld. Je nach Zielort sei die Reise mit der Bahn nur bedingt eine Alternative. Im Zweifel verlagere sich der Verkehr wieder mehr auf die Straße. „Die fehlende Flugverbindung von und nach Frankfurt könnte zur Folge haben, dass wir langfristig einen Standortnachteil erleiden und die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Friedrichshafen sinkt“, so das Unternehmen.
Entscheidungen könnten gegen die Region getroffen werden
Auch ifm in Tettnang befürchtet, dass mit Blick auf die Wirtschaft oder das Messegeschäft mittelfristig Entscheidungen gegen die Region getroffen werden könnten. Es sei wie immer im Leben: „Man weiß erst wirklich, was einem fehlt, wenn es nicht mehr da ist – aber dann ist es eben auch weg.“ Als eine der industriestärksten und gleichzeitig exportstärksten Regionen in Deutschland sei der Bedarf für Geschäftsreisen zu Partnern und Kunden definitiv da. Hinzu komme die Erreichbarkeit für Besucher der Unternehmen. Der Flughafen kompensiere ein Stück weit andere Defizite in der Verkehrsinfrastruktur.
Die meisten Reisen gehen bei ifm zwar nach Essen beziehungsweise Düsseldorf. Eigenen Angaben zufolge werden pro Jahr aber auch rund 1000 Tickets nach Frankfurt gebucht. Die internationalen Reisen werden künftig vermutlich über München und Zürich gehen. „Nationale Reisen oder Reisen innerhalb Europas werden wir verstärkt mit unserem eigenen Flugdienst bedienen müssen“, so ifm. Der Flughafen brauche neben Geschäftsreisen einen guten Mix aus Privat- sowie Urlaubsreisen und einigen attraktiven Lowcost-Zielen.