Er glaubt „selbstverständlich“, dass es Corona gibt. Und die Entwicklung verfolgt er sehr genau. Das Radio ist ihm da eine große Hilfe. Und sein SÜDKURIER. In der Heimatzeitung hat ihn ein Leserbrief zu einem ungewöhnlichen Schritt inspiriert: Hellmut Urban verzichtet auf ein Bett in der Intensivabteilung oder auf der Corona-Station im Krankenhaus. Der 76-Jährige hat das mit seinem Hausarzt besprochen und auch schriftlich hinterlegt. Impfen lassen will er sich nicht.
Hohe Todeszahlen machen ihn nachdenklich
„So eine Entscheidung ist nicht einfach“, sagt Urban mit nachdenklichem Blick. Dass sein Hausarzt seinen Schritt respektiert hat und ihn nicht umstimmen wollte, das rechnet er ihm hoch an. Das Impfen ist für ihn eine persönliche Entscheidung. Er will niemanden kritisieren, aber die Frage der Solidarität bewegt ihn. Der Grund: Er lässt sich nicht impfen. Trotz der hohen Todeszahlen, die ihn schon nachdenklich machen.
Zu den Querdenkern will er sich keinesfalls zählen
Persönlich kannte Urban niemanden, der an der Seuche gestorben ist. Aber er hat im Bekanntenkreis Menschen, die jemand kannten und von dessen Leiden berichtet haben. Dass es Corona gibt, das bezweifelt der Senior nicht und er will keineswegs zu den Querdenkern gezählt werden. „Ich würde mich als Skeptiker bezeichnen“, sagt er. Es geht ihm um die nach seiner Auffassung „schnelle Entwicklung“ des Impfstoffs und die angeblich mangelnde Erfahrung, die man noch mit Nebenwirkungen habe – so zumindest seine Meinung.
Er sei nicht grundsätzlich gegen das Impfen. Er selbst hat eine Tetanusimpfung und auch gegen Zecken hat er sich spritzen lassen. Die Impfungen gegen Pocken oder die Kinderlähmung seien auf jeden Fall ein Segen gewesen. „Da wurden Millionen Menschenleben gerettet“, sagt Urban.
Seit vielen Jahren lebt er sehr gesund
Hellmut Urban lebt seit 40 Jahren in Heiligenberg. Vorher war er weltweit unterwegs. Nach seinem Vordiplom als Architekt hat er auf Bali die Kunst des Batikens erlernt und sich damit dann einen Namen als Künstler gemacht. Er beschäftigt sich mit der Entwicklung der Welt und der Gesellschaft und sieht sich keineswegs als weltfremden Spinner. Als Student hat er Autos nach Afghanistan überführt und er hat viel geraucht. Das ist lange her. Der gertenschlanke Herr lebt seit vielen Jahren sehr gesund. „Das ist mir sehr wichtig“, sagt er. Viel Naturkost, der Glaube an die körpereigenen Abwehrkräfte und viel Bewegung in der freien Natur helfen ihm, seine Gesundheit zu bewahren. „Hier kann man stundenlang laufen, ohne einem Menschen zu begegnen“, beschreibt der Heiligenberger.
Unter der Ausgrenzung von Ungeimpften leidet er
Mit dem Begegnen oder einem interessanten Gespräch in der Gemeinschaft ist es derzeit etwas schwierig, wenn man nicht geimpft ist. „Leider ist die Ausgrenzung schlimmer geworden“, stellt er fest und sein nachdenklicher Blick über die auf der Nasenspitze sitzende Brille macht deutlich, dass er das sehr bedauert. „Aber es gibt Regeln und die muss man einhalten, solange es Corona gibt“, sagt er. Man werde nahezu als Aussätziger gesehen. „Das tut schon weh.“
Er ist sehr vorsichtig. Verordnungen einhalten, Massenansammlungen vermeiden, das ist für ihn selbstverständlich. Er bleibt weitgehend zu Hause. Mit dem Bus darf er auch nicht mehr fahren, außer wenn er getestet ist. „Das ist in Heiligenberg jetzt wieder im Sennhof möglich“, sagt er dankbar. Er hat das Angebot auch schon mehrfach genutzt. Das Ergebnis war immer negativ. Doch als Schutz für sich und Andere gehe es nicht anders.
Urban erwartet Respekt für seine persönlichen Entscheidungen
Ihm ist es wichtig, dass jeder die Entscheidung selbst treffen muss. Schließlich seien die Lebensumstände auch immer unterschiedlich. „Ich bin Rentner und alleine“, erläutert er seine Situation. Da falle es leichter, sich gegen die Impfung zu entscheiden. Wer arbeiten müsse, zur Schule oder in die Kita gehen, vielleicht einen pflegebedürftigen Angehörigen versorgen muss, der sei in einer ganz anderen Lebenssituation. Urban: „Der Respekt vor der Entscheidung ist mir wichtig. Er muss aber auch für mich gelten.“
Er will das überlastete System nicht zusätzlich belasten
Ein Leserbrief im SÜDKURIER, der Ungeimpfte aufforderte, auf ein Intensivbett im Krankenhaus zu verzichten, falls sie erkranken, der hat den älteren Herrn sehr nachdenklich gemacht. Letztendlich hat er seine Verzichtserklärung selbst aufgesetzt. „Ich sehe, wie das System überlastet wird und will es nicht zusätzlich durch meine Impfverweigerung belasten. Dann muss ich konsequent sein und das austragen.“ Für ihn ist es die richtige Konsequenz. Doch bleibt er auch bei der Entscheidung, wenn ein Test positiv ausfallen würde?
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Auch darüber hat er sich Gedanken gemacht. „Wenn ich die Krankheit doch bekommen sollte, dann gehe ich selbstverständlich in Quarantäne und würde versuchen, mich selbst auszukurieren“, lautet seine Lösung. Sollte es schlimmer werden, dann würde er Angehörige um Hilfe bitten. Ärztliche Hilfe lehnt er nicht grundsätzlich ab, aber im Fall eine Triage ist für ihn selbstverständlich, dass er dann zurücktritt. Und ganz wichtig: „Das innere Lächeln lasse ich mir nicht nehmen.“