Eine schlechte Nachricht für den Wirtschaftsstandort Markdorf: Die Weber Automotive GmbH und ihre Holding kämpfen ums Überleben. Wie das Unternehmen und dessen Mehrheitseigner, der französische Finanzinvestor Ardian am Montag in zwei voneinander unabhängigen Pressemitteilungen mitteilten, hat der Autozulieferer beim Amtsgericht Konstanz am Freitag einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt.
Gehälter bis September sicher
Weber Automotive wie auch die Weber Industrie Holding GmbH seien trotz zufriedenstellender Auftragslage in finanzielle Schwierigkeiten geraten, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens. Der Schritt sei „unausweichlich“ geworden. Eine Fortführung des Geschäftsbetriebes aus eigener Kraft scheiterte unter anderem offenbar an den unterschiedlichen Ansichten des Mehrheitseigners und der Altgesellschafter um die Gründerfamilie Weber. Ardian hält seit Dezember 2016 die Mehrheit an dem einstigen Familienunternehmen, das Albert Weber 1969 im Hühnerstall des elterlichen landwirtschaftlichen Anwesens oberhalb von Markdorf gegründet hatte.
Den Angaben des Unternehmens zufolge werde der Geschäftsbetrieb trotz des eingeleiteten gerichtlichen Sanierungsverfahrens ohne Einschränkungen weitergeführt werden. Die Gehälter der Mitarbeiter seien über das Insolvenzgeld bis Ende September gesichert.

Geschäftsführung wird kontrolliert
Für die Dauer des Sanierungsverfahrens wird die Weber-Geschäftsführung um Frank Grunow (CEO) und Siegfried Schlabschi (CFO) von zwei externen Sanierungsexperten unterstützt: Als Generalbevollmächtigter ist Rechtsanwalt Martin Mucha von der Kanzlei Grub Brugger (Stuttgart) in das Unternehmen eingetreten und soll die Restrukturierung unterstützen. Zudem wurde Christian Gerloff von der Kanzlei Gerloff Liebler (München) als vorläufiger Sachwalter bestellt.
Ein vorläufiger Sachwalter wird bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung vom Amtsgericht eingesetzt. Er soll ähnlich wie ein Aufsichtsrat das Verfahren im Interesse der Gläubiger überwachen. Im Unterschied zu einem regulären Insolvenzverfahren verbleibt die unternehmerische Verantwortung dabei in den Händen der Geschäftsführung. Zugleich ist das Unternehmen dabei vor Vollstreckungen und Zwangsmaßnahmen von Gläubigern geschützt.
CEO Grunow: „Bin zuversichtlich“
„Ich bedauere den Schritt der Insolvenzanmeldung außerordentlich, zumal wir eine zufriedenstellende Auftragslage haben. In Gesprächen mit unseren Kunden haben uns diese ihr Vertrauen ausgesprochen. Ich bin daher zuversichtlich, dass wir im Zuge des angestrengten Verfahrens unser Unternehmen neu aufstellen können, um auch künftig wieder erfolgreich am Markt agieren zu können und um vor allem unsere Arbeitsplätze zu erhalten“, wird in der Mitteilung des Unternehmens Frank Grunow zitiert.

Firmengründer ist erschüttert
Firmengründer Albert Weber ist erschüttert. „Für uns als Familie ist das eine sehr traurige Situation“, so Weber im Gespräch mit dem SÜDKURIER: „Seit 50 Jahren haben wir das Familienunternehmen erfolgreich aufgebaut und dann geschieht so etwas.“ Bis zuletzt habe die Familie alles versucht, damit der Insolvenzfall nicht eintrete. Für ihn persönlich sei die Insolvenz ein Ereignis, wie er es so gravierend als Unternehmer noch nie erlebt habe.

Riedmann: Appell an die Partner
Auch Bürgermeister Georg Riedmann reagierte bestürzt auf die Nachricht, die er am Montagvormittag erhalten hatte. „Für die Stadt Markdorf und die Markdorfer ist das eine sehr besorgniserregende Nachricht, das war heute eine böse Überraschung“, sagte er auf Anfrage unserer Zeitung. „Ich hoffe und wünsche mir, dass die beteiligten Partner einen vernünftigen Weg finden, um die Zukunft des Unternehmens wieder sicherzustellen.“
Auf den augenscheinlichen Zwist zwischen dem Mehrheitseigner Ardian und dem Minderheitseigner, der Familie Weber angesprochen, sagte Riedmann: „Wenn ein externer Investor in ein Familienunternehmen eintritt, ist es häufig der Fall, dass ein solcher Wandel kein einfacher sein wird.“ Für die Mitarbeiter hoffe er, dass es weitergehe und die angestrebte Sanierung des Autozulieferers glücke. In seinen Augen gebe es aber durchaus auch begründete Anzeichen für eine solche Hoffnung, so Riedmann: „Ich denke, dass das Unternehmen an sich stabil ist, was die Auftragslage angeht.“