Wegen Gewalt unter Schülern ist das Markdorfer Bildungszentrum (BZM) Ende Juni ins Blickfeld der bundesweiten Öffentlichkeit geraten. Von „Bild“ bis „Focus“ berichteten Medien von der „Prügelattacke“ dreier BZM-Schüler auf einen Mitschüler. Ein vierter Schüler filmte die Tat, die in Friedrichshafen begangen wurde, per Handy und stellte anschließend das Video ins Internet.

Im Nachrichtenmagazin kam ein Gewaltexperte zu Wort, der der Schulleitung Untätigkeit vorwirft – außerdem, dass sie den Vorfall nicht der Schulaufsicht gemeldet habe. „Oberste Priorität“, so der Gewaltexperte, habe die Unversehrtheit der Kinder und Jugendlichen – und „nicht der Ruf einer Schule“, wandte er sich schließlich an alle Schulleitungen des Landes.

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Der Markdorfer Gemeinderat griff den Vorfall nun auf. Schon zu Beginn der jüngsten Sitzung hatte Susanne Schwaderer die Tat der drei 14-Jährigen BZM-Realschüler im Rahmen der Bürgerfrageviertelstunde angesprochen. Sie berichtete von besorgten Eltern. Sie sprach von demütigenden Gewaltritualen an der Schule. Und sie fragte, „ob das Thema, das in der Stadt so viele beschäftigt, auch im Rat angekommen ist?“ Ohnehin wollte Bürgermeister Georg Riedmann den Stadträten in einem besonderen Tagesordnungspunkt erläutern, wie er sich zu den Gewaltvorkommnissen stellt.

Bürgermeister Riedmann schaltet sich ein

Zur Tat der drei 14-jährigen BZM-Schüler könne er sich nicht äußern, erklärte Riedmann. Er habe sich aber in deren Aufarbeitung am Bildungszentrum eingeschaltet. Vorgenommen werde die von der Rektorin der BZM-Realschule, Marianne Licciardi-Haberbosch, und von ihrer Schulleiter-Kollegin Diana Amann am BZM-Gymnasium sowie von der Schulsozialarbeit, vom Jugendreferat der Stadt und schließlich der örtlichen Polizei. Der Bürgermeister betonte, dass er eigentlich außen vor stehe, da die Stadt nicht der Schulträger des Bildungszentrums sei. Gleichwohl sei es ihm ein großes Anliegen, alles dafür zu tun, dass sich ähnliche Vorfälle nicht wiederholen.

Im Rathaus denkt man darüber nach, ob man dem Umfeld der Schule mehr Aufmerksamkeit widmen muss – so zum Beispiel der nahen ...
Im Rathaus denkt man darüber nach, ob man dem Umfeld der Schule mehr Aufmerksamkeit widmen muss – so zum Beispiel der nahen Trendsportanlage. | Bild: Jörg Büsche

Riedmann berichtete über die Einordnung der Polizei, die im regelmäßigen Austausch mit den beiden Schulleitungen stehe. Danach gebe es keine Hinweise auf einen „außergewöhnlichen Anstieg von Gewaltdelikten“ am Bildungszentrum. Auch sei beim Vergleich mit anderen Schulstandorten in der Region keine besondere Häufung von Gewalttaten zu beobachten. Wohl aber spreche die Polizei von gewissen Wellenbewegungen mit zu- und abnehmender Tendenz zur Gewalt. Festzuhalten aber sei laut Polizei: Die Bereitschaft zur Gewalttätigkeit beginne früher. Prügelten früher die 15- und 16-Jährigen, schlügen heute schon 12- und 13-Jährige zu.

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Riedmann: Schulleitung hat gehandelt

Riedmann erklärte, dass seitens der Realschule versichert wurde, sie habe reagiert und rechtzeitig alle ihr durchs Schulgesetz gewährten Sanktionsmöglichkeiten ausgeschöpft. Sanktionsmöglichkeiten, die schneller greifen könnten als die der Justiz. „An der Sache dran“ seien auch die Schulaufsichtsbehörden in Markdorf und Tübingen, erklärte er. „Das geschieht aber im geschlossenen Raum, da es so schwierige wie folgenschwere juristische Rahmenbedingungen zu beachten gilt.“

Die Polizei sieht im BZM keinen Ort einer gesteigerten Schülergewalttätigkeit.
Die Polizei sieht im BZM keinen Ort einer gesteigerten Schülergewalttätigkeit. | Bild: Jörg Büsche

Frühzeitig gewarnt

Jens Neumann von den Freien Wählern erinnerte daran, dass er das Thema Gewalt am Bildungszentrum bereits vor Monaten im Gemeinderat angesprochen habe – ohne dass sich die Verwaltung der Sache angenommen habe. Kerstin Mock, die Fraktionssprecherin der CDU, zeigte sich verwundert. „Ich hatte drei Kinder am BZM.“ In einem Zeitraum von 14 Jahren sei ihr derartiges nicht zu Ohren gekommen. Aber: „Pilze wachsen im Dunkeln.“ Umso wichtiger sei es, „Licht in die Angelegenheit zu bringen.“

Lisa Gretscher (Umweltgruppe) fragte, ob es an dem nachts nicht besetzten Polizeiposten liege, dass sich vermehrt Jugendliche am Bahnhof träfen, die nicht unbedingt Gutes im Schilde führen. Dass der Posten nicht besetzt sei, wirke sich nicht aus. Die Streifen seien frei im gesamten Kreisgebiet unterwegs, erklärte der Bürgermeister. Im Rat könne man aber gerne über eine Aufgabenausweitung des Gemeindejustizvollzugsdiensts diskutieren.

Ein Vorschlag, der Arnold Holstein (Freie Wähler) nicht gefiel. Er regte an, wieder Streetworker einzusetzen. „Wir werden nicht alles aufgreifen können“, warnte Uwe Achilles vor zu hohen Erwartungen. Gleichzeitig erinnerte der SPD-Sprecher, dass es niederschwellige sozialpädagogische Betreuungen durchs Landratsamt gebe – außerdem die Jugendgerichtshilfe.