Das Tauziehen um die insolvente Weber Automotive GmbH geht in die nächste Runde: Der Finanzinvestor und Mehrheitseigner des Markdorfer Unternehmens, Ardian, reagiert mit einer Stellungnahme auf die Verlautbarung der Familie Weber, den maßgeblichen Teil der Weber-Gruppe mittels eines so genannten Asset Deals zurückgekauft zu haben. Der Kaufvertrag dafür sei bereits in der vergangenen Woche unterzeichnet worden, hieß es (wir berichteten in unserer Ausgabe am vergangenen Samstag).
Zutreffend sei, so teilt Ardian nun mit, dass die Familie Weber im Rahmen des Insolvenzverfahrens „einzelne Vermögensgegenstände“ aus der Weber Automotive GmbH erworben habe und diese in ein neues Unternehmen eingebracht werden sollen. Die Familie Weber will dafür die Albert Weber GmbH gründen.
Was bedeutet „Asset Deal“?
Bei einem Asset Deal wechseln die Vermögenswerte eines Unternehmens den Besitzer. Dazu gehören etwa Maschinen, Anlagen, Betriebsmittel, Fuhrparks und auch Immobilien. Wird ein hundertprozentiger Asset Deal vollzogen, bleibt das Unternehmen als rechtlich eingetragene GmbH zwar noch im Besitz des Eigners, aber quasi nur noch als inhaltsleere Hülle. Bis zu einer endgültigen Abwicklung, also der Löschung aus dem Handelsregister, bleiben die Eignerverhältnisse bestehen.

Investor: Kein Ausstieg von Ardian
Auf diesen Umstand beruft sich nun der Investor. Mit den verbleibenden Vermögenswerten (Assets) existiere die Weber Automotive GmbH unverändert fort, teilt Ardian mit. Demzufolge sei auch die Gesellschafterstruktur des Unternehmens nach wie vor unverändert. Ardian betont: „Es fand insbesondere auch kein Kauf von Anteilen durch die Familie Weber oder ein Verkauf von Anteilen durch Ardian statt.“ Dementsprechend habe es auch keine Einigung zwischen den Gesellschaftern oder einen Ausstieg von Ardian gegeben. Ausdrücklich betont Ardian auch, dass es an seinen Betrugsvorwürfen gegen die Altgesellschafter festhalte. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt dazu dauern zehn Monate nach ihrer Aufnahme unverändert an (wir berichteten am Samstag). Der Ausgang des Verfahrens ist nach wie vor offen.
Kein Einstieg in die Albert Weber GmbH
Auf Nachfrage des SÜDKURIER vom Mittwoch betont Ardian, den Assetkaufplänen nicht entgegenzustehen: „Ardian wird keinen Verkauf von Assets aus der Insolvenzmasse verhindern. Ungeachtet der Auseinandersetzung mit den Altgesellschaftern wird Ardian dem Weiterbestand des Unternehmens und dem Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze nicht im Wege stehen“, heißt es in der Antwort des Investors. Ardian werde aber keine Beteiligung an der Albert Weber GmbH anstreben. „Sollte die Weber Automotive GmbH aufgelöst werden, endet damit auch die Beteiligung von Ardian“, teilt der Investor gegenüber dem SÜDKURIER mit. Auf die Frage, ob Ardian noch Ansprüche an die Insolvenzmasse oder auch Schadenersatzansprüche an die Familie geltend mache, wollte der Sprecher des Investors keine Stellung nehmen.
Altgesellschafter bleiben gelassen
Im Umkreis der Altgesellschafter und der Insolvenzverwaltung gibt man sich auf die Reaktion von Ardian gelassen. Natürlich bleibe die rechtliche Hülle der Weber Automotive GmbH bis zum „Closing“ noch bestehen. Aber dort sei „nichts Sinnvolles“ mehr drin, heißt es. Dies ändere aber nichts daran, dass der Investor an dem neuen Unternehmen Albert Weber GmbH nicht mehr beteiligt sei. Es sei auch nicht behauptet worden, dass die Familie das Unternehmen zurückkaufe, sondern dass sie die Vermögensgegenstände aufkaufe, um sie in ein neu zu gründendes Unternehmen, die Albert Weber GmbH zu überführen.

Asset-Erlös an die Gläubiger?
Nachdem im laufenden Insolvenzverfahren noch Gläubiger zu bedienen sind, dürfte diesen der Erlös aus dem Verkauf der Assets zufließen. Ist der Verkauf der Vermögenswerte abgeschlossen, dürfte die Weber Automotive GmbH abgewickelt werden. Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung begann im Juli 2019 und läuft nun bereits seit zehn Monaten.
Einige offene Fragen
Das Tauziehen um Weber Automotive entwickelt sich zu einem Wirtschaftskrimi, bei dem die beiden Gesellschafter, der französische Investor Ardian und die Gründerfamilie Weber, in einem erbitterten Clinch liegen. Die jüngste Entwicklung um den angestrebten Asset Deal der Familie, der nach Mitteilung in einigen Wochen rechtswirksam werden soll, hinterlässt einige offene Fragen, die bislang von keiner der beteiligten Seiten auch nur annähernd beantwortet wurden:
- Wieso sollte die Insolvenzverwaltung Interesse daran haben, die Weber Automotive GmbH durch den Asset-Verkauf aus der Insolvenzmasse an die Familie Weber zu schwächen?
- Werden damit die Gläubiger, Banken und Lieferanten der Weber Automotive GmbH entschädigt?
- Welche Kundenlieferverträge der Weber Automotive GmbH gehen in die neu zu gründende Albert Weber GmbH über bzw. können überhaupt mit der Weber Automotive GmbH bestehende Kundenlieferverträge an eine neue GmbH übergehen?
- Wer außer der Familie Weber würde von dem Asset-Verkauf profitieren? Sind es tatsächlich die Gläubiger und wie verhält es sich mit Ardian? (gup)