Historiker Walter Hutter ist der 14. Preisträger des Kunst- und Kulturpreises des Bodenseekreis. Landrat Lothar Wölfle ehrte Markdorfs Stadtarchivar in der historischen Bibliothek des Schlosses Salem, der altehrwürdigen einstigen Klosterbibliothek. Nach der Preisverleihung bedankte sich Hutter bei seinen Weggefährten und insbesondere denen, die sein Arbeiten erst möglich machten. Die Rührung beim Dank an seine Frau Daniela war ihm anzumerken, seine Stimme verstummte kurz dabei.

Der Beirat der Kunst- und Kulturstiftung des Bodenseekreises entschied sich dieses Jahr, Walter Hutter zu ehren. Mit dem Preis würdigt der Landkreis die Verdienste Hutters um die regionale Geschichtsforschung, insbesondere seine Forschungsarbeiten zum Thema Nationalsozialismus in der Region.
„Demokraten müssen eine Brandmauer ziehen“
Landrat Lothar Wölfle skizzierte in seiner Begrüßung kurz die Themen und deren regionale Zusammenhänge in den Arbeiten von Walter Hutter. Insbesondere seine Arbeit um den Nationalsozialismus vor Ort und deren Auswirkungen im öffentlichen Leben fasste Wölfle zusammen. Mit dem Blick auf die kommende Bundestagswahl am 26. September hob er die Zusammenhänge von Vergangenheit und Gegenwart hervor. „Demokraten müssen eine Brandmauer ziehen“, zitierte er den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier.

Der Überlinger Historiker Oswald Burger vertiefte in seiner daten- und detailreichen Laudatio den Werdegang und die Vielfalt der Arbeit von Walter Hutter. 2011 erhielt Burger selbst den Kulturpreis des Landkreises für seine herausragende kulturelle und regionale zeitgeschichtliche Arbeit. Nach Burger (2011), Elmar Kuhn (2015) und Ernst Haller (2016) ist Hutter der vierte Preisträger, der für seine regionalhistorische Arbeit vom Bodenseekreis gewürdigt wurde.
Geehrter und Laudator Burger waren beide frühe Studenten in Konstanz
Im biografischen Teil seiner Festrede erzählte Burger auch über seine persönlichen, frühen Begegnungen mit dem Preisträger. Schon kurz nach der Gründung der Universität Konstanz hatten sich beide dort unabhängig voneinander eingeschrieben. Die beiden riefen sich sodann auch ihre Matrikelnummern zu. Während Burger etwas später an der Reformuni anfing und eine 700er Matrikelnummer vorweisen konnte, war Hutter der 265. Student an der Uni.

Die Wege der beiden überschnitten sich später noch öfters. Das Interesse der beiden Historiker an der Regionalgeschichte und insbesondere die Auswirkungen der Naziherrschaft am Bodensee brachte mit sich, dass sie sich häufig in den jeweiligen Archiven trafen. Auch bei der Herausgabe einer 300-jährigen Quellensammlung waren beide beteiligt.
Am Anfang wurden die Namen von Tätern und Opfern in den Dokumentenkopien geschwärzt
Als Studienrat am Gymnasium Markdorf forschte Hutter zusammen mit geschichtsinteressierten Oberschülern in den Archiven über die lokale Naziherrschaft. Stieß er bei seiner Arbeit anfänglich auf Unwillen bei den Archiven und Stadträten, so wurden in den ausgefertigten Dokumenten die Namen von Tätern und Opfern geschwärzt, änderte sich im Laufe der Zeit. Heute stünden die Archive offen, und es gebe Unterstützung. Auch dies ein Verdienst Hutters. Kurze Zeit nach seiner Pensionierung bestellte ihn 2014 der Markdorfer Stadtrat zum Stadtarchivar.
Burger würdigt insbesondere das Buch über die Überlinger NSDAP-Kreisleiter
Bespielhaft nahm sich Burger das letzte, viel gerühmte Werk Hutters vor, um dessen detail- und quellenreiches Arbeiten hervorzustellen. In „Stützpfeiler der Gewaltherrschaft in der Provinz – Die acht Kreisleiter von Überlingen 1930-1945“, erschienen vergangenes Jahr im UVK-Verlag, schildert Hutterschildert , wie die nationalsozialistische Partei die Macht in Überlingen errang und diese in Gestalt der mächtigen Partei-Kreisleiter ausübte. Es wurde durch diese Arbeit auch deutlich, dass nicht nur „die Verlierer der wirtschaftlichen Entwicklung in der Weimarer Republik“ sich dem Nationalsozialismus anschlossen und die vorerst ehrenamtliche Parteiposten übernahmen. „Warum der Nationalsozialismus die Macht im Innersten ergreifen konnte, steht im ersten Drittel des Buches“, so Burger.
Vom Staat in seinem Ruhestand mit einem „auskömmlichen Einkommen“ ausgestattet, sehe sich Hutter verpflichtet weiterhin pädagogisch, aufklärerisch und moralisch zu wirken. Das und sein Werk seinen „eines Preis würdig“.
Musikalisch untermalt wurde die Zeremonie durch Martin Panteleev. Der bulgarisch-stämmige Weltklasse-Violinist eröffnete die Veranstaltung mit Antonio Vivaldis „Sommer“ aus „Die vier Jahreszeiten“. Im Folgenden spielte er Jules Massenets „Medidation“. Als Abschluss gab er eine eigene Komposition. „Archetypen“ habe er für das Londoner Royal Philharmonic Orchestre komponiert. „Die können heute aber nicht kommen“, setzte er humoristisch nach, weswegen er die Komposition auf Solo-Violine arrangiert habe.