Keine Parkplatzsuche, kein Mundschutz, keine Warteschlange an der Supermarktkasse: Christine Fröhling hat auf dem Heimweg von der Arbeit im Überlinger Gewerbegebiet schnell noch frische Eier gekauft. An einem dort neu aufgestellten Verkaufsautomaten für landwirtschaftliche Produkte in der Nähe der Waldorfschule, der von den Bauernfamilien Rauch, Knoll und Schmeh aus Überlingen befüllt wird. Ein zweiter Automat des Trios wird demnächst auf dem Parkplatz des Drogeriemarktes dm, beziehungsweise am Espachzentrum, in Betrieb gehen.
Alles so schön unkompliziert
„Es ist toll, dass es diese unkomplizierte Einkaufsmöglichkeit hier jetzt gibt“, sagt Christine Fröhling. Sie kauft sonst auch gern in Hofläden bei den Landwirten direkt ein. „Aber deren Öffnungszeiten lassen sich mit meinen Arbeitszeiten nicht immer gut vereinbaren.“
Milchverkauf ab Hof
Ob in Überlingen, Unteruhldingen, Frickingen, Billafingen oder im Deggenhausertal: Die Automaten, in denen Landwirte ihre Erzeugnisse direkt an die Kunden verkaufen können, verbreiten sich in der Region immer mehr. „Sie schießen gerade wirklich wie Pilze aus dem Boden“, sagt Gerlinde Hahn, deren Familie im zweiten Jahr eine solche Verkaufsstelle für Milch bei der Reutemühle in Überlingen betreibt – und zwar direkt an ihrem Bauernhof.
Auch Wurst und Eier
„Anders als ein Hofladen ist das für uns personell gut zu machen und die Kunden schätzen die flexiblen Öffnungszeiten auch“, sagt Gerlinde Hahn. Der Automat wird gut angenommen und so hat die Familie Hahn das Angebot inzwischen um Eier, Apfelsaft, Milchprodukte und Wurstwaren erweitert. „Da die Sachen im Automaten gut geschützt sind, kann man auch teurere Waren anbieten als das etwa bei den Selbstbedienungskassen der Fall ist“, sagt Gerlinde Hahn.
12 000 Euro für einen Automaten
Die Investitionskosten für einen solchen Frischeautomaten, die durchschnittlich bei rund 12 000 Euro liegen, seien zwar hoch. „Wer als Landwirt heute überleben will, der muss aber immer wieder in neue Ideen investieren und sich verschiedene Standbeine zulegen“, sagt Gerlinde Hahn.
Der Direktverkauf regionaler Produkte – sei es, über Frische-Automaten, Hofläden oder Verkaufshäuschen – könnte ein Standbein sein, das den Bauern auch nach der Corona-Zeit wieder etwas mehr Einnahmen bringt. „Ich habe von vielen Landwirten die Rückmeldung bekommen, wie gut das die letzten Wochen gelaufen ist und auch immer noch läuft. Viele Menschen hatten mehr Zeit, um vor Ort einzukaufen und behalten das offenbar auch bei, weil es sie überzeugt hat“, sagt Ariane Amstutz vom Landesbauernverband Stuttgart.
Stand muss nicht unbedingt direkt am Hof liegen
Diese Erfahrung hat auch Melanie Steidle vom Biolandhof Steidle im Deggenhausertal gemacht. Neben dem ebenfalls von der Familie betriebenen Restaurant Sternen stehen seit zwei Jahren gleich zwei Lebensmittel-Automaten mit Nudeln, Eiern, Wurst, Mehl und Käse. „Sie wurden von Anfang an sowohl von den Leuten im Dorf als auch von denen auf der Durchfahrt gut angenommen“, sagt Melanie Steidle. Während der Corona-Zeit hätten die Verkäufe deutlich angezogen. „Ich denke, das liegt auch an den vielen Menschen, die derzeit zu Hause arbeiten“, sagt Melanie Steidle.
Spannend findet sie es, zu welchen Zeiten der Einkauf stattfindet. Nicht selten ist das nämlich auch nachts um zwei Uhr, wie sie über den mit dem Automaten vernetzten Computer sehen kann. „Vermutlich sind das dann Menschen, die von der Nachtschicht nach Hause kommen. Solche Kunden könnten wir mit einem Hofladen ja nie erreichen.“
Die meisten Landwirte stellen ihre Verkaufsautomaten wie die Familien Steidle und Hahn auf dem eigenen Hof oder nah dabei auf. Das bestätigt auch Ariane Amstutz vom Landesbauernverband Stuttgart. „So sind die Wege zum Befüllen und Kasse leeren oder auch mal was am Automaten reparieren kurz und der Aufwand hält sich dadurch in Grenzen“, sagt Ariane Amstutz. Allerdings müssten die Kunden weiterhin zu den teils abgelegen Höfen hinkommen.
Das ist ein Grund, warum das Überlinger Bauerntrio Rauch, Schmeh und Knoll ihre Automaten an zentralen Punkten in Überlingen aufstellt. Alle drei Landwirte haben auch eigene Hofläden in Deisendorf und Lippertsreute. „Die Automaten sind jetzt ein Versuch, mit unseren Produkten zusätzlich dahin zu gehen, wo die Kunden ohnehin schon sind“, sagt Hans Schmeh vom Hagenweilerhof in Lippertsreute.