Die Stadt Bad Säckingen ist ein Nadelöhr im Verkehrsfluss am Hochrhein. Zu gewissen Zeiten gehören Staus und Stopp-and-Go einfach dazu. Die Ortsdurchfahrt wird unterbrochen von vier Kreuzungsampeln, drei Fußgängerampeln und zahllosen Nebenstraßen, die in die B34 münden.
Für einen Verkehrsplaner, der für die Steuerung der Ampeln zuständig ist, ist diese Konstellation ein mittlerer Albtraum, denn eigentlich ist eine grüne Welle vorgesehen, was aber in den Stoßzeiten nicht funktioniert. Und das wiederum sorgt bei den Autofahrern für Missfallen und immer wieder für Klagen.
Bad Säckingens Grüne Welle im Selbsttest
Die Redaktion hat an verschiedenen Tagen und zu verschiedenen Zeiten einen Praxistest gemacht. Fazit: Am späteren Vormittag, über Mittag bis in den Nachmittag hinein klappt das mit der grünen Welle bei unseren Testfahrten erstaunlich gut.
Aber: Morgens und am späten Nachmittag ist die Bundesstraße mit dem Verkehrsaufkommen überfordert. Warum klappt das mit der grünen Welle nicht durchgehend? Lässt sich das ändern? Wir haben mit dem Fachmann gesprochen, der das Bad Säckinger Ampelsystem für das Landratsamt Waldshut eingerichtet hat. Um es vorwegzunehmen: Es ist ein kleines Hexenwerk.
So sollte das System funktionieren
Gevas Humberg & Partner ist eine Ingenieurgesellschaft für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik. Harald Baro ist Leiter Verkehrstechnik in Karlsruhe. Klagen über grüne Wellen kennt er genau: „Wir kriegen das immer wieder zu hören: Das kann doch nicht so schwer sein. Diesen einfachen Dreisatz kriegt ja mein Sohn hin.“
Mitnichten, widerspricht der Ingenieur, auch so ein vergleichsweise kurzer Verkehrsabschnitt kann es in sich haben. „Das System in Bad Säckingen ist sehr anspruchsvoll“, sagt Baro. Denn es gibt viele Parameter, die die grüne Welle belasten: Sicherheitsfragen, Fußgängerampeln, die extreme Belastung zu den Hauptverkehrszeiten, die Pendlerströme in die Schweiz und aus der Schweiz, überdurchschnittlicher Verkehr aus den Seitenstraßen, überdurchschnittlich hoher Schwerlastverkehr – in Bad Säckingen ist es von allem ein bisschen mehr. Das macht die Probleme.
Verkehrsaufkommen zur Rush-Hour sprengt Kapazitäten
Die weit größten Schwierigkeiten bereitet der Berufsverkehr zu den Spitzenzeiten. Diese liegen morgens zwischen 7 und 8.15 Uhr, berichtet Baro, und am späten Nachmittag zwischen 16.15 und 17.45 Uhr. Hier haben die Ingenieure bis zu 3100 Autos in der Stunde gezählt. Das sei zu viel für die einstreifige B34, sagt der Ingenieur.
Obwohl das System sich je nach Tageszeit auf die aktuelle Verkehrssituation einzustellen versucht, könne es dieses Aufkommen nicht bewältigen. Baro: „Wenn wir an die Kapazitätsgrenzen kommen oder darüber, dann können wir nur noch an den Symptomen herumdoktern.“
Grundsätzlich werde sich erst etwas ändern, wenn das innerstädtische Verkehrsaufkommen sinke, etwa durch den Bau einer leistungsfähigen Umfahrung wie der A98.
Optimierungsmöglichkeiten sind begrenzt
Auch die Möglichkeiten der Optimierungen sind laut Baro begrenzt. Ende 2017 gab es an derEggbergkreuzungden Versuch, die Ampelschaltung für den Nord-Süd-Verkehr (Bergseestraße) zu verbessern. Die bislang getrennten Ampelphasen für Geradeaus-Verkehr und Linksabbiege-Verkehr wurden zusammengelegt.
Das heißt: es gab Begegnungsverkehr. Das hätte laut Baro auf den Seitenstraßen eine Ampelphase gespart, was der Hauptverkehrsrichtung auf der B34 zugute gekommen wäre. Allerdings wurde die Änderung wegen Klagen der Autofahrer wieder rückgängig gemacht.
Busse haben Vorrang
Seit kurzem können Linienbusse die Ampeln entlang der B 34 in Bad Säckingen zu ihren Gunsten beeinflussen. Diese schalten beim Heranfahren von Linienbussen entweder schneller als sonst auf Grün oder sie bleiben länger grün.
Die dunklen Kästchen an den Ampeln mit dem leuchtenden A sind Teile dieses Systems. Auch dadurch könne die grüne Welle kurzzeitig gesprengt werden, so Baro. Allerdings sei der Vorrang der öffentlichen Personenbeförderung politisch so gewollt, um mehr Fahrplanstabilität sowie durch kürzere Fahrtzeiten mehr Wirtschaftlichkeit zu erzielen.
Seitlich einmündender Verkehr
In Bad Säckingen belasten starke Abbiegeströme aus der Jurastraße, Fricktalstraße, bei der unteren Flüh und aus der Rippolinger sowie der Bergseestraße die Nachhaltigkeit der grünen Welle.
Folgende Beobachtungen haben schon viele Autofahrer gemacht. Wenn der Auto-Pulk sich von hinten nähert, stehen bereits mehrere Autos an der nächsten Ampel. Das kumuliert sich von Ampel zu Ampel, bis ein Teil der anrollenden Autos die Grünphase nicht mehr schafft.
Fußgängerampeln sorgen für Verzögerungen
„Wir müssen jeden Verkehrsteilnehmer an einer Ampel bedienen“, sagt Baro. Da dem rollenden Verkehr Vorrang eingeräumt ist, könne es für Fußgänger schon mal länger dauern. Denn das System versuche, die Grünphase für Fußgänger so ins System einzubauen, dass es die grüne Welle möglichst wenig betrifft. Das funktioniert aber – vor allem wenn die Verkehrsbelastung zunimmt – nicht immer.
Hinzukommt, dass die Bad Säckinger Ortsdurchfahrt einen hohen Anteil an Schwerlastverkehr zu verdauen hat. Der Anteil der Lkw liege im Durchschnitt bei 7,6 Prozent am Gesamtverkehr, in Spitzenzeiten deutlich über zehn Prozent. Das sei überdurchschnittlich.
Bei Grün zügig losfahren
Wie kann jeder Autofahrer durch sein Verhalten selber zur Stabilität der grünen Welle beitragen. „Bei grün zügig losfahren,“ rät Baro, „dann gleichmäßig auf 50 Stundenkilometer bleiben.“ Denn genau daran ist die grüne Welle ausgerichtet. Alles, was diese kontinuierliche Tempo-50-Fahrt verzögert, belastet das System, jede Unregelmäßigkeit summiert sich auf. Heißt das, auch das Abbremsen, um einen anderen Autofahrer aus einer Einfahrt hinausfahren zu lassen? Baro: „Ja, im Grunde kann auch eine solche Freundlichkeit dazu führen.“