Es ist das ehrgeizigste Bauprojekt in der Kurstadt am Hochrhein, doch nun droht dem Bad Säckinger Gesundheitscampus kurz vor der Fertigstellung das Aus. Innerhalb kürzester Zeit haben sich die geplanten Baukosten von 29 auf 44 Millionen Euro erhöht. Dies sei nicht mehr finanzierbar, ließ Bürgermeister Alexander Guhl am Dienstagabend die Presse wissen. Eine Insolvenz steht nun im Raum. Unter den Handwerkern sprach sich die Nachricht schnell herum: Die Arbeiten auf der Baustelle wurden sofort eingestellt. Für die Stadt, die erst kürzlich die Insolvenz der Stadtwerke abwenden konnte, ist es die zweite Katastrophenmeldung in diesem Sommer.

Steigende Baukosten sind in diesen Zeiten nicht ungewöhnlich, in diesem Tempo erinnert das Bad Säckinger Projekt aber an die völlig aus dem Ruder gelaufenen Großprojekte Berliner Flughafen oder Stuttgart 21 – wenn auch in deutlich kleinerer Dimension. Erst im Juli hatten die Planer dem Aufsichtsrat der zu 100 Prozent städtischen Gesundheitscampus GmbH von einer Kostensteigerung auf 35 Millionen Euro berichtet, nun folgte die nächste Schocknachricht: Derzeit gingen die Planer von Baukosten in Höhe von 44 Millionen Euro aus.

Das Bizarre: Über die Gründe für die Kostenexplosion herrscht noch völlige Ahnungslosigkeit. Wie Guhl als Vorsitzender des Aufsichtsrats berichtete, konnten die leitenden Planer nicht einmal die einzelnen Gewerke benennen, die teurer wurden. „Für mich ist das alles überhaupt nicht nachvollziehbar“, so Guhl. Bis kommende Woche hat er den Plansteuerern eines Berliner Büros Frist gesetzt, genaue Zahlen vorzulegen. Fest steht: 44 Millionen sind für die Stadt nicht finanzierbar. Da spielt es auch keine Rolle, dass weite Teile des Baus schon zu 80 Prozent fertiggestellt sind. Sollte das ganze Projekt noch scheitern, hätte die Stadt 15 Millionen Euro in den Sand gesetzt – so viel wurden bislang verbaut und bezahlt.

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War Alexander Guhl als Aufsichtsratsvorsitzender zu naiv? „Ich bin bis jetzt im guten Glauben gewesen, dass es funktioniert“, sagte Guhl am Dienstag. Zuletzt habe der Aufsichtsrat die Taktzahl seiner Sitzungen deutlich erhöht. Die Kostensteigerungen im Juli seien noch plausibel dargestellt worden, so Guhl. Nach den jüngsten Nachrichten sei er „stinkesauer und fassungslos“. Das ist auch die Gefühlslage aller Gemeinderatsfraktionen, die die Verantwortung für das Desaster bei den Planern sehen.

Erst vor wenigen Wochen waren die Bad Säckinger Stadtwerke in finanzielle Schieflage geraten. Die Gesellschafter Stadt Bad Säckingen und Energiedienst mussten mit einer 15-Millionen-Euro-Spritze aushelfen. Die Gründe sind vielschichtig: Jahrelang sprudelten beim Energieversorger die Gewinne, diese mussten aber an die Stadt abgeführt werden, um damit Schwimmbad, Citybus oder die Altschulden der städtischen Tourismus GmbH zu finanzieren. Für Investitionen ins Kerngeschäft mussten die Stadtwerke dann Darlehen aufnehmen. Hinzu kamen Fehlplanungen früherer Geschäftsführer: Langjährige Gasversorgungsverträge mit Großkunden waren nicht durch entsprechende Einkaufsverträge abgesichert. Spätestens mit dem Steigen der Energiepreise platzte die Blase. In der Rückschau sei man immer schlauer, sagt Guhl, der auch bei den Stadtwerken Vorsitzender des Aufsichtsrats ist.