Nach den Schreckensmeldungen seit August letzten Jahres war die Ansage von Bettina Huber am Aschermittwoch ein komplettes Kontrastprogramm. Die Bad Säckinger Stadtkämmerin, seit November auch Campus-Geschäftsführerin, hat zusammen mit ihrem Kollegen Fabio Jenisch den Gesundheitscampus in einem enormen Kraftakt offenbar wieder auf die Gleise gewuchtet.

Was sie auf Einladung der Freien Wähler an deren politischen Aschermittwoch auf den Punkt brachte, schaffte bei den Zuhörern pure Erleichterung: „Im Spätsommer sollen in Erdgeschoss die ersten Mieter einziehen.“ Das vor drei Monaten noch am Rande der Insolvenz stehende Projekt scheint wieder auf gutem Weg.

Erleichterung nach Hiobsbotschaften

An das Trommelfeuer der Hiobsbotschaften des vergangenen Jahres mochten sich noch alle erinnern: Kostenexplosionen von 28 Millionen auf 35 Millionen und dann auf 44 Millionen Euro. Das überforderte den Finanzrahmen des Projektes Gesundheitscampus Bad Säckingen. Jetzt, im Februar 2023, rechnet Stadtkämmerin Bettina Huber andere Zahlen vor. Monatelang sind die neuen Verantwortlichen über die Bücher und die Baustelle gegangen und kommen nun auf Gesamtkosten von knapp 38 Millionen.

Sie haben im November übernommen und den Campus wieder auf Spur gebracht (von links): Stadtkämmerin Bettina Huber und ihr Stellvertreter ...
Sie haben im November übernommen und den Campus wieder auf Spur gebracht (von links): Stadtkämmerin Bettina Huber und ihr Stellvertreter Fabio Jenisch sind neue Geschäftsführer der Campus GmbH Guhl. Bürgermeister Alexander Guhl ist Vorsitzender des Aufsichtsrats. | Bild: Markus Vonberg

Diese Zahlen sieht Bettina Huber als realistisch an. Und: „Die Finanzierung dafür steht“, sagte sie. 53 Prozent kommen via Darlehen von der Volksbank, davon seien drei Millionen über städtische Bürgschaft abgesichert. 31 Prozent kommen vom Landkreis Waldshut und 16 Prozent von der Stadt, so Huber.

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Zwei Unternehmer helfen mit

Einer der wichtigsten Stützen des neuen Geschäftsführerteams Huber/Jenisch sind Holger Amann und Herbert Hery, Geschäftsführer der Firma Hery in Rheinfelden, die bekanntlich nach Bad Säckingen umsiedelt. Amann und Hery, der eine laut Guhl Kaufmann, der andere Diplomstatiker, hätten in wochenlangem Einsatz die Bücher geprüft, sich einen Überblick verschafft und den neuen Kostenplan aufgestellt.

Im Dezember wurden die Bauarbeiten auf der Campusbaustelle wieder aufgenommen. Hier wird das Dach isoliert. Geplant ist hier der ...
Im Dezember wurden die Bauarbeiten auf der Campusbaustelle wieder aufgenommen. Hier wird das Dach isoliert. Geplant ist hier der Dachterrassengarten des Altenpflegeheimes Marienhaus. | Bild: Andreas Gerber

Der erst Kontakt war eher ungewöhnlich. Laut Bürgermeister Guhl sei Amann auf die Stadt zugekommen mit den Worten: „Wir siedeln mit unserem Unternehmen jetzt hier an, wir sind dann Unternehmer in Bad Säckingen, wir finden das Projekt Campus zukunftsweisend und möchten, dass es funktioniert. Das war ein Glücksfall für uns“, freut sich der Bürgermeister.

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Wie konnte das Campusprojekt überhaupt in diese Schieflage geraten?

Ursache 1: Einer der Hauptgründe ist nach Ansicht der heute Verantwortlichen zunächst die Explosion der Baupreise im vergangenen Jahr. Die Steigerung von 28 auf 35 Millionen im Juli sei vor diesem Hintergrund nachvollziehbar gewesen, so Bettina Huber. Diese Dimension bestätigte in der anschließenden Diskussion auch FW-Vorsitzender Gerhard Faller, selber seit vielen Jahren Investor auf dem Immobiliensektor. In dem Bereich bewege man sich mit der aktuell Kalkulation auch heute.

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Ursache 2: Hinzu kam dann aber noch folgender Umstand, den Huber und Guhl so beschreiben: Bei den Ausschreibungen im letzten Jahr hätten viele Handwerks- und Bauunternehmen zusätzlich zu den ohnehin gestiegenen Kosten noch satte Sicherheitsaufschläge draufgesattelt – was auch Bauinvestor Faller abermals bestätigte. „Die Unsicherheit war groß, keiner wusste, wie sich alles entwickelt“, blickt Guhl zurück.

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Ursache 3: Zu diesen äußeren Umständen kam noch Hausgemachtes hinzu. In der von externen Einflüssen bestimmten Lage hat offenbar eine Projektführung gefehlt, die mit der Situation schlagkräftig umgehen konnte. Etliche Verantwortliche hatten bekanntlich ihren Sitz in Berlin oder andernorts, ihre teils geringe Präsenz auf der Baustelle in Bad Säckingen wird heute als ein Grund gesehen für die weitere Verschärfung der Lage im August und September des letzten Jahres. So war etwa der ehemalige Geschäftsführer Jörg Blattmann nur zwei Tage pro Woche in Bad Säckingen, wie seine Nachfolgerin beschreibt. Die weite Entfernung war dem Projekt nicht zuträglich, so Huber, und dem ehemaligen Geschäftsführer sei zudem stets wichtig gewesen, „wann der nächste Rückflug nach Berlin geht.“

Ein Frage, die immer wieder auftaucht: Hat der Campus auch eine Notfallambulanz? Nein, eine 24-Stunden-Notfallambulanz wie ein ...
Ein Frage, die immer wieder auftaucht: Hat der Campus auch eine Notfallambulanz? Nein, eine 24-Stunden-Notfallambulanz wie ein Krankenhaus wird er nicht haben. Jedoch soll die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (heute noch im Container auf dem Spitalparkplatz) in den Campus einziehen. Unterschied zwischen KV-Notfallpraxis und einer Krankenhaus-Notfallambulanz: Die Notfallambulanz übernimmt auch den schwer verunglückten Motorradfahrer, wer aber eine Erkrankung für den Hausarzt hat, geht wochenends zur Notfallpraxis. | Bild: Mario Wössner

Seit November sitzt die Geschäftsführung nun direkt im Rathaus. Bürgermeister Guhl machte die Vorteile deutlich: direktere Kontrolle des Projektes, kürzere Kommunikationswege und großes Vertrauen zu Bettina Huber und Fabio Jenisch, die in vielen Wochen ohne richtigen Feierabend das Projekt dahin gebracht hätten, wo es jetzt steht. Guhl: „Vor dieser Leistung ziehe ich meinen Hut.“