Die Planung für das angestrebte Gewerbegebiet „Gettnauer Boden“ hätte am 21. Februar einen wichtigen Schritt vorankommen können. Doch der Bad Säckinger Gemeinderat hat die Entscheidung über den Bebauungsplan bei seiner Sitzung im Kursaal vertagt. Ausschlaggebend war die Frage danach, welche Gewerbetypen auf dem Gebiet zuglassen werden sollen. Auch nach einer knapp zweistündigen Diskussion konnte unter den Stadträten kein Konsens gefunden werden. Mit zwölf zu neun Stimmen war der Entschluss für die Vertagung mehrheitlich, aber nicht deutlich. Jetzt haben die Fraktionen nochmals Zeit um alle Streitpunkte rund um Bebauungsplan für den Gettnauer Boden intern zu klären.

Streit über Nutzungseinschränkungen

Laut den Erläuterungen von Christian Sammel vom zuständigen Stadtplanungsbüro, schließt der Entwurf für den Bebauungsplan sowohl den Einzelhandel als auch sogenannte Vergnügungsstätten aus. Davon ausgenommen sind Verkaufsflächen von Betrieben, die auf dem Gelände selbst angesiedelt sind. Der CDU-Fraktion geht das aber nicht weitgenug. „Diesen Punkt muss man deutlich verschärfen. Gastronomie, Waschstraßen, Tankstellen oder Sportstätten haben hier nichts zu suchen“, sagte Clemens Pfeiffer (CDU). Sein Vorschlag: Es sollte sich auf dem Gettnauer Boden ausschließlich Gewerbe ansiedeln dürfen, das in einem Mischgebiet nicht erlaubt ist.

Dagegen hielten Bürgermeister Alexander Guhl und Stadtplaner Sammel. Sie argumentierten, dass der Bebauungsplan nicht der richtige Rahmen dafür sei, im Detail festzulegen welche Betriebe auf das künftige Gewerbegebiet kommen soll. „Ein Bebauungsplan ist kein Benutzungszwang. Das größte Pfund der Stadt ist, dass ihr die Flächen gehören und in einem Verkaufsvertrag kann vieles festgelegt werden“, so Sammel. Auch Guhl nannte es „nicht zielführend“ von vornherein bestimmte Gewerbetypen kategorisch auszuschließen: „Meiner Meinung nach schränken wir uns damit total ein. Aus Sicht der Verwaltung sollte man hier variabel bleiben.“

Bild 1: Gemeinderat bremst Gewerbegebiet im Gettnauer Boden aus
Bild: Kerstan, Stefanie

Während insbesondere die SPD-Fraktion auf eine Abstimmung über den Entwurf zum Bebauungsplan drängte, sprachen sich CDU und Grüne gegen eine Offenlage aus. Es wird nun eine Liste mit Fachbegriffen für die unterschiedlichen Gewerbetypen, die ausgeschlossen werden könnten, an die Gemeinderäte ausgehändigt. Anhand dieser Liste soll final geklärt werden, welche Betriebe auf den Gettnauer Boden kommen sollen. Die Ergebnisse können dann in einer Nutzungsverordnung festgehalten werden.

Die geplante Bebauung

Der vorgeschlagene Bebauungsplan, wie er von Sammel präsentiert wurde, sieht eine maximale Gebäudehohe von zwölf Metern vor. Für ein Gewerbegebiet sei das nicht hoch genug, findet Stadtrat Pfeiffer (CDU). Auch andere Ratsmitglieder widersprachen einer Aufstockung der erlaubten Bauhöhe nicht. „Ich bin da schmerzfrei“, sagte Ruth Cremer-Ricken (Grüne). Sammel fügte aus planerischer Sicht jedoch an, dass die vorgeschlagenen zwölf Meter generell ausreichen würden: „Produktionsbetriebe wird man kaum horizontal anreihen. Und wenn man in die Höhe geht, muss es sich auch städtebaulich einfügen.“

Wer bekommt den Zuschlag?

Im Zusammenhang mit der Debatte darüber, für welche Betriebe der Gettnauer Boden ein Standort sein soll, regte Cremer-Ricken (Grüne) an, die Frage nach der Grundstücksvergabe zu klären. Die Stadt dürfe hierbei nicht zu viel Gestaltungsmöglichkeiten aus der Hand geben. CDU-Stadtrat Pfeiffer (CDU) sieht in diesem Punkt ebenfalls ein Risiko: „Der Stadt gehören aktuell die Grundstücke, aber was passiert, wenn ein Generalinvestor kommt?“ Cremer-Ricken (Grüne) spann den Faden noch weiter und äußerte ihre Bedenken bezüglich einer Zweitbesiedelung. Erbbau-Verträge könnten hierfür eine Lösung darbieten, so die Grüne-Fraktionssprecherin. Wie Bürgermeister Guhl unterstrich, sei das Erbbaurecht jedoch nicht im Bebauungsplan geregelt.

Umweltschutz im Gewerbegebiet

Der Bebauungsplanentwurf sieht zum einen vor, dass entlang der Rheinuferstraße 18 Bäume neu gepflanzt werden. Zum anderen sollen den künftigen Bauherren einige umweltfreundliche Maßnahmen auferlegt werden. Dazu zählen unter anderem die Begrünung von Flachdächern und Fassaden, sowie die Pflanzung weiterer Bäume. Auf Nachfrage von Stephan Muster (SPD), erklärte Stadtplaner Sammel, dass die Stadt die Einhaltung dieser Maßnahmen kontrollieren kann. Der Vorschlag von Cremer-Ricken (Grüne) die Solaranlagepflicht ebenfalls im Bebauungsplan festzuschreiben, lehnte Sammel ab: „Diese Pflicht wird über das Landesrecht geregelt und muss nicht zusätzlich im Bebauungsplan stehen.“ Die Anregung von Pfeiffer (CDU) einen Anschluss des Gebiets an das Fernwärmenetz zu prüfen, stieß auf Zustimmung.

Obstbäume zum Ausgleich

Mit dem geplanten Gewerbegebiet „Gettnauer Boden“ verschwinden nicht nur die dort angesiedelten Schrebergärten, auch das Ökopunktekonto der Stadt wird durch die Bebauung ordentlich ins Minus gerissen. Wie Christoph Schmidt von der Firma proECO bei der jüngsten Gemeinderatssitzung erklärte, kommen 600.000 Ökopunkte zusammen, die ausgeglichen werden müssen. 200.000 Punkte durch das Verschwinden der Kleingärten, weitere 400.000 durch die Versiegelung des Bodens.

„Da auf dem betroffenen Gelände ein Gewerbegebiet ohne größeres Grün entsteht, muss der Ausgleich extern ausgeführt werden“, sagte Schmidt und stellte sogleich ein Konzept vor: Auf elf städtischen Flächen auf dem Wallbacher Feld bis zum Rheinufer soll ein neuer Biotopverbund entstehen. „Ackerfläche soll zu Grünland werden“, brachte es Schmidt auf den Punkt.

Ökopunkte müssen ausgeglichen werden

Der von proECO ausgearbeitete Ausgleichsplan will mit dem Anbau von Magerwiesen und Streuobstbäumen 592.138 Ökopunkte wieder gut machen. Wie Schmidt erläuterte, sei der Plan aber noch nicht vollends ausgereift. „Das ist hier heute ein Novum. Es geht darum, dass sie über die Richtung entscheiden, in die es gehen soll“, appellierte Schmidt an die Räte. Nach seiner Kalkulierung würden die Maßnahmen mit Mager- und Streuobstwiesen auf 20 Jahre gerechnet 232.500 Euro in der Herstellung kosten, weitere 124.000 Euro müssten für die Pflege aufgewendet werden. Allerdings wurde auf Nachfrage von Franz Isele (fraktionslos) deutlich, dass es sich hierbei nur um eine grobe Schätzung handelt und die Kosten durchaus von den genannten Summen abweichen können.

Für Diskussionen sorgte neben der Kostenaufstellung das Miteinbeziehen der Landwirte in dem betroffenen Gebiet zwischen Bad Säckingen und Wallbach. „Der Vorschlag ist durchdacht und würde das Wallbacher Feld zusätzlich aufwerten. Es ist aber auch richtig, dass mit den beiden Landwirten dort Kontakt aufgenommen werden muss“, unterstrich Fred Thelen (Freie Wähler). Er reihte sich somit in den allgemeinen Tenor ein, der Schmidts Vorschlag guthieß.

Alternative Ausgleichsmaßen am Rheinufer sorgten nicht nur wegen des Kiesabbaus für Bedenken. Auch die langfristige Wirkung sei laut Schmidt mit den Streuobstwiesen am besten gesichert.

Die Flächen der Kleingärtner, die auf der gegenüberliegenden Seite des „Gettnauer Bodens“ ein neues Zuhause finden sollen, werden bei der Ausgleichsrechnung nicht mitberücksichtigt. Der Grund: Man müsste den privaten Gärtnern zu viele Auflagen vorschreiben, um das Ökopunktekonto zu füllen.

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