Nach 32 Jahren steht in Hohentengen ein Wechsel an der Spitze des Rathauses an. Das Interesse der Hohentengener, wer nach Martin Benz auf dem Chefsessel Platz nimmt, ist groß. Zur offiziellen Kandidatenvorstellung am Montagabend in der Mehrzweckhalle Hohentengen kamen rund 460 Besucher – für 420 wurden Stühle aufgestellt, einige Sitzgelegenheiten wurden noch herbeigeschafft, andere beobachteten das Geschehen von der Galerie aus.
Die Spielregeln
Bürgermeisterstellvertreter Richard Wagner führte durch den Abend, moderiert wurde die Vorstellung vom ehemaligen Gemeinderat Bert Kelz. Hauptamtsleiterin Tanja Würz war für die Organisation zuständig und hatte die überdimensionale Sanduhr im Blick. Jeder Kandidat bekam 15 Minuten Zeit, sich und seine Ideen vorzustellen, danach stellte er sich den Fragen des Publikums. Im Anschluss kamen beide Kandidaten auf die Bühne und beantworteten erneut Fragen aus dem Publikum.
Die persönliche Vorstellung
Jürgen Wiener hatte eine umfangreiche Übersicht vorbereitet und sich zu allen Bereichen – sei es Kinderbetreuung, Tourismus, Wirtschaft oder Energieversorgung – mit seinen Ideen positioniert. Als das letzte Sandkorn durch die Uhr rieselte, hatte er den letzten Punkt seines achtseitigen Manuskripts vorgetragen.

Er griff auf, dass er zwar ein Außenstehender sei, aber ein Kind dieser Region und heimatverbunden. „Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, zieht sich wie ein roter Faden durch meinen persönlichen Werdegang. Die Kandidatur um das Amt ihres Bürgermeisters ist dafür der nächste Schritt.“ Abschließend machte Wiener deutlich: „Ich will hier wirklich was bewegen.“
Peter Schanz wies auf Erreichtes in seiner Amtszeit hin. „Ich habe ein brennendes Interesse an der Politik und eine große Verbundenheit zur Gemeinde.“ Seit 19 Jahren engagiere sich der 60-Jährige für die Grünen im Gemeinderat, „in dieser Zeit hab ich vieles mit vorangetragen“.

Zu den Gründen für seine Kandidatur sagte Schanz: „Ich kandidiere, weil ich der Meinung bin, dass mein Mitbewerber das so nicht weiterführen kann.“ Die Besonderheiten von Hohentengen seien ihm so wichtig, dass er sein erfolgreiches Architekturbüro aufgeben möchte. Als Visionen nannte Schanz die Gewinnung von Energie aus dem Rhein, mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen und mehr Bürgerbeteiligung.
Die Fragen des Publikums
Die beiden 15-minütigen Fragerunden wurden vom Publikum voll ausgenutzt. Gefragt nach dem größten beruflichen Erfolg nannte Jürgen Wiener, der stellvertretender Ordnungsamtsleiter in Waldshut-Tiengen ist, seine sogenannten Soft Skills, die Personalbindung und die Einführung des kommunalen Ordnungsdienstes in Waldshut-Tiengen.
Was er als Außenstehender als die größten Probleme der Gemeinde bewertet, wollte ein anderer Besucher wissen. Hier nannte Wiener Atommüllendlager und Fluglärm, die Digitalisierung und eine fehlende Bürgerbeteiligung. Lösen möchte er die genannten Probleme mithilfe eines großen Netzwerks, durch den Einsatz von Instagram, Facebook und einer Bürger-App und Bürgerdialogen.

Die Frage nach einer Lösung der Verkehrs- und Parksituation vor der Kindertagesstätte in Hohentengen ging an beide Kandidaten. Jürgen Wiener will die Situation durch eine Verlegung der Straße in Richtung Kriegerdenkmal und der Parkplätze hinter die Mauer erreichen. Für Peter Schanz tragen die Parkbuchten zur Verlangsamung des Verkehrs an dieser Stelle bei, als Lösung nannte er ebenfalls eine Verlegung der Parkplätze.

Warum er nur eine Amtszeit anstrebe, wurde Peter Schanz gefragt. Der 60-Jährige verwies darauf, dass er sich nicht mehr einarbeiten müsse und dass acht Jahre eine lange Zeit seien. Das Problem der fehlenden Grünflächen, das ein Fragesteller ansprach, wolle er in seiner Amtszeit angehen. Gegen ein Wildgehege zur Lösung des Sika-Wild-Problems sprach sich der Grüne hingegen aus.
Das Fazit
„Es war natürlich eine Drucksituation und Sie haben jetzt erlebt, wie wir damit umgehen können“, fasste Jürgen Wiener den Abend zusammenfassen. Beiden Kandidaten war zu Beginn des Abends ihre Nervosität anzumerken.
Jürgen Wiener sauste in seiner Vorstellung in Windeseile durch sein Wahlprogramm und war bemüht, in jedem Bereich sein Profil und seine Ansichten deutlich zu machen.
Sein Gegenkandidat Peter Schanz hingegen nutzte den Großteil seiner 15 Minuten, um bereits Erreichtes und seine Leistungen als Gemeinderat hervorzuheben und hatte schließlich nur noch wenig Zeit, sein eigentliches Programm zu präsentieren.
In den Fragenrunden jedoch konnten die beiden ihr Wissen und ihr Profil ausspielen und wurden zunehmend souveräner. Sie gingen sachlich auf die Fragen ein und beantworteten diese – zumindest für einen Außenstehenden – zufriedenstellend.

In der gemeinsamen Fragerunde gingen beide fair miteinander um, spielten sich gelegentlich die Bälle zu oder griffen die Idee ihres Vorredners auf.
Am besten wurde das in folgendem Dialog deutlich: Auf die Frage aus dem Publikum, welche Vision des Gegenkandidaten er am meisten schätze, sagte Jürgen Wiener: „Die Nahwärme aus dem Rhein und dass wir als Erstes vorangehen können. Wir haben ähnliche Themen, deswegen ist es auch mein Thema.“ Daraufhin Peter Schanz: „Darauf kann ich auch keine bessere Antwort geben.“
Das Publikum nutzte die Gelegenheit, den Kandidaten ordentlich, aber respektvoll und mit klug gewählten Fragen auf den Zahn zu fühlen: „Ich bin begeistert. Sie haben gute Fragen gestellt. Mit Ihnen kann man Bürgerbeteiligung machen“, lobte etwa Jürgen Wiener.
Das sagen die Besucher
- Franz Sutter, Lienheim: „Es war eine konstruktive Veranstaltung. Die Kandidaten hatten die Möglichkeit, Profil zu zeigen und haben es auch genutzt.“
- Elisabeth Etspüler, Günzgen: „Es war interessant. Ich habe beide Kandidaten schon in Günzgen erlebt. Sie haben sich dort ähnlich präsentiert, haben aber heute noch einmal richtig Gas gegeben.“
- Jan Schopen, Lienheim: „Es war sehr interessant, wie sich die Bewerber einen Schlagabtausch geliefert haben. Es war eine tolle Möglichkeit und ich freue mich über das große Interesse der Besucher. Das zeigt, dass ihnen die Gemeinde am Herzen liegt.“
Bleiben Sie auf dem Laufenden
Bereits im Vorfeld der Bürgermeisterwahl, am Wahltag selbst und nach der Wahl halten wir Sie auf dem Laufenden. Alle Informationen rund um die Bürgermeisterwahl in Hohentengen haben wir hier in diesem Artikel für Sie gebündelt:
Das Kandidatenduell in Hohentengen 2023
- Die Debatte: Jürgen Wiener und Peter Schanz stellen sich den Fragen der Moderatoren und der SÜDKURIER-Leser (Videodauer ca. 25 Minuten)
- Das Fragen-Karussell dreht sich schnell: 10 Fragen und keine Zeit für vorbereitete Antworten (Videodauer: zwei mal ca. 3 Minuten)
- Die Schnellfragerunde: Lautet ihre Antwort Ja oder Nein? Wie entscheiden sich die beiden Kandidaten und welche Farbe hat die Karte, die sie zücken? (Videodauer: ca. 4 Minuten)
Spaziergänge mit den Kandidaten:
- Vier konkrete Ideen für Hohentengen: Das will Jürgen Wiener im Falle einer Wahl umsetzen (mit Videos)
- Vier konkrete Ideen für Hohentengen: Das will Peter Schanz im Fall einer Wahl umsetzen (mit Videos)