Die Situation auf der Hochrheinstrecke war mir bis zu meinem Selbstversuch als Bahnpendler vor einiger Zeit weitestgehend unbekannt: Meinen Arbeitsweg darf ich stets gemütlich mit dem Rad zurücklegen. Doch vergessen hatte ich sie nicht, all die Ärgernisse, von denen mir die Pendler damals auf der Strecke von Bad Säckingen nach Basel persönlich erzählten: fehlende Fahrgastinformationen, technische Probleme, gravierende Verspätungen.
Zugreisende klagen über die Zustände
Seit einiger Zeit beklagen Vielfahrer zudem massiv überladene Waggons auf dieser Strecke, bezeichnen sie gar als "menschliche Viehtransporte". Eine Erfahrung, die mir bei meinem Versuch erspart blieb. Die Reaktion eines Lesers und Pendlers auf die Reportage: "Um einen aussagekräftigen Eindruck zu erhalten, müssen Sie mehr Zug fahren." Er sollte Recht behalten.
Nicht mal mehr ein Stehplatz im IRE
Denn wie es der Zufall wollte, stand ich auf meinem Weg nach Bad Säckingen sonntags am Friedrichshafener Stadtbahnhof. Einfahrt des Interregios auf Gleis 4. Es war ein einzelner, einsamer Triebwagen der sich näherte. Als sich die Türen öffneten, stieg niemand aus, aber viele ein. Mit meinem Reisegepäck in der Hand, einer sperrigen Tragetasche, erklomm ich als einer der Letzten die Stufen. Dabei blieb es.
Denn bereits auf der zweiten Stufe war Schluss: Dicht nebeneinander standen die Passagiere im Fahrzeuginneren – Haut an Haut. Es herrschte Enge, Schwüle, Unmut. Ich machte kehrt – und stieg aus. Die Vorwürfe der Pendler, sie sind berechtigt.

Im überfüllten Zug gen Bad Säckingen
Nach zweistündiger Wartezeit erfolgte der zweite Anlauf, diesmal mit Erfolg. Nun angeschoben von einem Triebwagen-Duo rumpelte ich meinem Zielbahnhof entgegen. Platz blieb dennoch Mangelware: Mütter mit Kleinkindern mussten stehen, Senioren waren auf freundliche Sitzplatzangebote der Mitreisenden angewiesen, und die trotz aller Umstände überaus freundliche Zugbegleiterin schob sich nur mit Mühe durch die von Mensch und Gepäck verstopften Gänge.
Beim Schienengipfel hatte die Deutsche Bahn jüngst bereits Besserung gelobt. Ab sofort, so der Plan, sollen deshalb drei bis vier zusätzliche Triebwagen des Typs VT 612 auf der IRE-Linie Ulm-Basel zum Einsatz kommen. Ob das hilft, die Situation zu entschärfen?
Auch das Zugpersonal leidet
Dass dies angesichts der Menschenmassen, die auf dieser Strecke verkehren, nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann, sah an jenem Sonntag nicht nur ich so: Die Zugbegleiterin brachte in Anbetracht der Gipfel-Ergebnisse zunächst lediglich ein herzhaftes "Hah!" hervor. Eine Portion Wut, aber auch Resignation schwang bei diesem Gefühlsausstoß mit. Verständlich, denn das Debakel auf Schienen zwischen Ulm und Basel, es macht nicht nur den Passagieren zu schaffen, es zehrt ebenso an den Nerven des Bahn-Personals.
Was aber ist die Lösung? Sind es die veralteten, teils morbiden Triebwagen des Typs VT 612, die mitunter mehr Zeit in der Werkstatt verbringen als auf den Schienen? Hochrangige Vertreter der Deutschen Bahn, das verdeutlichte der Schienengipfel, sehen keine Alternative.
Zugbegleiterin nennt Doppelstockwagen als Alternative
Die Zugbegleiterin am vergangenen Sonntag besaß da offenbar mehr Weitblick. Doppelstockwagen seien die Lösung, eröffnete sie mir mit einem freundlichen Lächeln. Die technischen Voraussetzungen dafür seien vorhanden, schob sie hinterher. Eines steht jedenfalls fest. Die Deutsche Bahn muss deutlich mehr Platz für seine Passagiere schaffen. Ansonsten verfestigt sich das Gefühl der Zugreisenden auf der Hochrheinstrecke, dass hier eher Tiere transportiert werden als Menschen.