Wie schnell wird auf den Straßen im Landkreis Waldshut gefahren und wie oft wird das Tempo bei kreiseigenen Geschwindigkeitsmessungen kontrolliert? Antworten gab es in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Technik, Umwelt und Verkehr beim Sachstandsbericht der Verwaltung.

Und so ist die aktuelle Situation:

Der Umfang der kreiseigenen Geschwindigkeitsmessungen, insbesondere das Fehlen von stationären Anlagen, wurde in der Vergangenheit immer wieder thematisiert. Daher hat die Verwaltung Kosten, Konsequenzen sowie die wesentlichen Merkmale verschiedener Anlagetypen und Messtechniken zusammengestellt, um einen Vergleich mit denkbaren Varianten zu ermöglichen.

4000 Tempoverstöße im Jahr: Seit 2006 arbeitet der Kreis mit einem Dienstleister zusammen, der Messauftrag begann mit einem Vertrag über 20 verbindliche mobile Messungen pro Jahr. Dann wurde der Messumfang auf 60 Tage pro Jahr ausgeweitet. Laut der geführten Statistik generierte der Landkreis damit rund 4000 der insgesamt 5000 Geschwindigkeitsverstöße. Seit Mitte 2018 wird auch ein teilstationärer Anhänger für Messungen eingesetzt.

Mehr Kosten als Einnahmen: In all den Jahren lagen die Kosten deutlich über den Einnahmen. So lag 2020 der Verlust bei 46.000 Euro. Verursacht wurden die Kosten durch Sachbearbeitung, Messpersonal und Dienstleister. Hinzu kommen die Kosten der Abteilungsleitung (rund 15.000 Euro bei einem Arbeitszeitanteil von etwa 15 Prozent). Der allgemeine Trend zeige, so Landrat Martin Kistler, dass mit hohen Fallzahlen auch ein sehr hohes Einspruchsaufkommen mit entsprechendem Arbeitsmehraufwand einhergehe. Bei einem Einspruch müssten Verstöße an das Amtsgericht abgegeben werden, „so dass die Verwarn- und Bußgelder nicht dem Landkreis zufließen, sondern der Staatskasse“. Die Arbeit werde aber im Hause geleistet.

Wie schätzen die Gemeinden die Situation ein?

Eine Umfrage bei den Gemeinden brachte folgendes Ergebnis: Von den 17 Gemeinden, die sich beteiligten, stimmten 15 für eine Erhöhung der Messtätigkeit. Grundsätzlich wurde auch eine Ausweitung der mobilen Messungen gewünscht, da so flexibel auf unterschiedliche Situationen reagiert werden könne. 14 Gemeinden hätten eine Ausweitung der teilstationären Messungen gewünscht, sieben die Einrichtung von stationären Messanlagen.

Gegen eine Ausweitung wurden diese Gründe genannt: Der mögliche Nutzen stünde in keinem guten Verhältnis zum Aufwand. Ein Nachteil sei auch, dass die Messungen nur räumlich sehr begrenzt wirkten und nur punktuell effektiv seien, da lediglich im direkten Einzugsbereich der Anlage mit angepasster Geschwindigkeit gefahren werde. Wenn man auf stationäre Messungen setze, brauche es mehrere Anlagen pro Ortsdurchfahrt, damit Wirkung erzielt werde.

Die Finanzierung

Zur Ermittlung der Kosten für einen externen Dienstleister wurden drei Firmen angeschrieben. Das Ergebnis: Durch eine Verdreifachung der Messtage entstehen Kosten in Höhe von 138.318 Euro. Inwieweit der neu geltende Bußgeldkatalog zu weiteren Mehreinnahmen führt, kann zum jetzigen Zeitpunkt nur abgeschätzt werden. Es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass Mehreinnahmen in Höhe von rund 20.000 Euro zu erzielen seien.

Sind stationäre Blitzer ein Thema?

Aus der Sicht der Verwaltung könnte sich als Standort der semistationären Anlage oder einer stationären Anlage die L 154, Ortsdurchfahrt Rhina beziehungsweise Hauenstein anbieten. Vorteil der semistationären Anlage: Man sei flexibel, die Anlage könnten vielseitig und vielerorts eingesetzt werden, sie hätten zudem den Vorteil, dass sich Kraftfahrer nicht dauerhaft darauf einstellen könnten, man könnte also flexibel auf unterschiedliche Situationen reagieren.

Was spricht dagegen? Der Kauf eigener Anlagen sei sehr teuer, das Kostenrisiko für Reparaturen, Vandalismus etc. läge beim Kreis, ebenso wie die Kosten für Versicherung, Auswertesoftware und -einheit, Wartung und Updates. Ferner müsse immer ein Messfahrzeug (auch mit Anhängerkupplung) gestellt werden, zusätzliches technisches Personal sei erforderlich. Mit dem Kauf lege man sich auf eine bestimmte Messtechnik fest, bei einem Dienstleister stünden hingegen verschiedene Messmethoden und immer die neuesten Anlagen in jederzeit einwandfreiem Zustand zur Verfügung.

Wie werden feste Blitzer bewertet? Unter Berücksichtigung der dargelegten Vor- und Nachteile hält die Verwaltung den Einsatz von stationären Messeinrichtungen im Landkreis Waldshut derzeit nicht für sinnvoll. „Wir sprechen uns dafür aus“, so Landrat Martin Kistler, „den eingeschlagenen Weg mit dem Mietmodell beizubehalten, da er sich als angemessen und wirkungsvoll gezeigt hat“. Die Erweiterung des Messspektrums durch semistationäre Anlagen stelle eine gute Ergänzung zu den mobilen Messungen dar.

Mehr Messtage: Auch bei der Bürgermeisterversammlung sei der Vorschlag der Verwaltung, die Messtage auf 120 zu verdoppeln, auf Zustimmung gestoßen. Eine weitere Erhöhung der Messtage sei jedoch aufgrund des Personalbestandes nicht möglich. Helmut Kaiser (CDU) bestätigte, dass das Thema allen auf den Nägeln brenne und es kaum eine Gemeinde gäbe, in der nicht über zu schnelles Fahren geklagt werde. In den ländlichen Bereichen käme das Problem mit dem Motorradlärm hinzu. „Hier besteht eine Lücke, die seitens der Politik geschlossen werden müsste.“ Franz Brüstle (Freie Wähler) erklärte, dass es dringend notwendig sei, mehr zu kontrollieren und zu messen und mehr stationäre Anlagen aufzustellen, um damit zu zeigen, „dass man im Landkreis Waldshut nicht fahren kann, wie man gerade Lust hat.“

Das Fazit

Eine Erhöhung der Messtage über einen Dienstleister oder der Erwerb von Anlagen bringt Mehrkosten mit sich. Ferner muss der Personalbestand entsprechend aufgestockt werden. Bei einer Verdoppelung der Messtage über einen Dienstleister erhöhen sich die Mietkosten auf insgesamt 70.000 Euro (inklusive Fallpauschale und Schulungskosten). Die Personalkosten erhöhen sich um rund 161.000 Euro. Andrerseits kann infolge der Erhöhung der Messtage von Mehreinnahmen in Höhe von rund 72.000 Euro ausgegangen werden. Der neue Bußgeldkatalog dürfte mit weiteren Mehreinnahmen in Höhe von 20.000 zu Buche schlagen.

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