Der Schock bei Häuslebauern, Bauträgern und Investoren saß gleichermaßen tief: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) strich ohne Vorankündigung die Förderung energieeffizienter Neubauten. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hatte, eine Woche vor dem geplanten Ende der Abgabefrist im Januar mitgeteilt, deshalb Förderanträge „mit sofortiger Wirkung“ gestoppt. Grund war demnach die „enorme Antragsflut“. Es sei schlicht kein Geld mehr da.

Viele sind betroffen

Vom Förderstopp sind Häuser der KfW-Standards 55, 40, 40+ ebenso betroffen wie Altbausanierungen. Nach heftigen Reaktionen aus der Baubranche machte der Minister einen Rückzieher, Teile der beantragten Mittel sollen nun doch gezahlt werden. Der SÜDKRURIER fragte bei der Baugenossenschaft Familienheim Bad Säckingen und Georg Rupp, Geschäftsführer und Vorstand von Projektbau Mutter in Gurtweil nach, welche Effekte vor Ort eintreten.

1. Welche Auswirkung hatte der Förderstopp für Bauprojekte?

Georg Rupp, Geschäftsführer Projektbau Mutter
Georg Rupp, Geschäftsführer Projektbau Mutter | Bild: Edinger, Gerald

Georg Rupp war ziemlich ungehalten, als er vom unangekündigten Stopp der

Fridolin Singler
Fridolin Singler | Bild: Michael Gottstein

erfuhr: „Wir Bürger müssen uns an Gesetze halten, das erwarte ich auch vom Gesetzgeber!“ Die jetzt zur Verfügung gestellte Milliarde reiche für die 400.000 offenen Anträge bei weitem nicht aus. Ein Dutzend Projekte seines Unternehmens fielen aus der EH55ee-Förderung, in Summe 315.000 Euro, wie Rupp vorrechnet. Dieses Geld müssten nun die Kunden aufbringen. Für ein Reihen-Doppelhaus reche man derzeit mit Kosten von einer halben Million, nach Wegfall der Förderung steige diese Summe um etwa 5,2 Prozent. Rupp erklärt, dass sich aufgrund der Verunsicherung die Nachfrage potenzieller Kunden beruhigt habe.

Mehr Glück hatte Familienheim in Bad Säckingen, die beantragten Mittel wurden bewillig. Eine Streichung „hätte sich aber unmittelbar auf die Miethöhen ausgewirkt“, betont Geschäftsführer Fridolin Singer. Nach Erhebungen des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen hätte sich bei Wohnungsneubauten, bei denen die komplett gestoppte EH55-Förderung vorgesehen war, eine Mietsteigerung von 1,53 Euro pro Quadratmeter und Monat ergeben, führt er weiter aus. „Beim aktuellen Bauprojekt mit 15 Mietwohnungen hätte eine komplett gestoppte EH55-Förderung den Wegfall eines Teilschulderlasses in Höhe von rund 400.000 Euro bedeutet. Bei der Kostenrechnung dürfe man zudem die überdurchschnittlich angestiegenen Baupreise nicht vergessen, die sich zusätzlich auf die Höhe der Mieten auswirken werde.

2. Wie stellt sich die Situation aktuelle für Bauträger und private Bauherren dar?

Aktuell gebe es keine Möglichkeit, Anträge für Fördermittel zustellen, erklärt Rupp. Der geschäftsführende Vorstand von Familienheim, Fridolin Singler erklärt: „Da wir den Förderantrag bei der KfW frühzeitig gestellt haben, sind wir von einem Förderstopp nicht betroffen und können unser aktuelles Neubauprojekt planmäßig in Angriff nehmen. Bei zukünftigen Projekten werden wir genau prüfen, wie sich eine Änderung der Förderlandschaft auf unser Ziel, sozialverträgliche Mieten zu garantieren auswirkt. Auf der einen Seite werden immer höhere Anforderungen an energiesparende Neubauten gestellt und auf der anderen Seite sollen Fördermöglichkeiten reduziert werden. Das halte ich für kontraproduktiv.“

Ähnlich sieht es Rupp, der fürchtet, dass der angekündigte Fokus auf Nachhaltigkeit bei der Förderung des Hausbaus, die Branche „durcheinanderwirbeln“ werde.

3. Was erwarten Bauträger für die Zukunft bei der Förderung für Neubauten?

Fridolin Singler (Familienheim), erwartet, dass viele Unternehmen ihre Bau- und Sanierungspläne vermutlich verschieben müssen. „Damit werden wir meines Erachtens das Ziel, den dringend benötigten Neubau von Wohnraum weit verfehlen.“

Georg Rupp ist davon überzeugt, dass beim Fokus auf Nachhaltigkeit in Sachen Förderung die „Stein-auf-Stein-Branche“ stärker betroffen sein werde als die Holzbauweise. Derzeit gehen Fachleute davon aus, dass ein Fertighaus etwa 50, ein massives Haus 80 Jahre halten wird. „Es geht darum, was künftig gewollt ist und was nach einem Lebenszyklus mit einem Haus passiert. Momentan gibt es keine belastbaren Vorhersagen, wie die Förderung aussehen wird“, sagt Rupp.

Erkennbar sei aber, dass Nachhaltigkeit und nicht mehr die Energieeffizienz in den Vordergrund rücken werde. Er fürchtet deshalb, dass Neubau und Sanierungen bald nicht mehr bezahlbar sein werden. „Die Lange ist komplex, wir brauchen flexible und praktikable Lösungen. Das mit den erneuerbaren Energien ist nicht bis zu Ende durchgedacht.“ Rupp rechnet jedenfalls mit weiteren Preissteigerungen beim Strom, auch die Rahmenbedingungen fürs Bauen werden nach seiner Einschätzung schwieriger.

4. Was sagt der Energieberater und Architekt dazu?

Architekt Klaus Rombach (Archivbild)
Architekt Klaus Rombach (Archivbild) | Bild: Bild: privat

Seit 20 Jahren ist Klaus Rombach aus Waldshut-Tiengen bei der Planung von Eigenheimen, Bauprojekten und Sanierungen mit den Themen Energieeffizientes Bauen und KfW-Förderanträge beschäftigt. Er äußert sich zu den wichtigsten Aspekten:

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