Kreis Waldshut/Jestetten Der Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Soziales des Kreistags Waldshut tagte jüngst im Seniorenwohnheim in Jestetten. Einrichtungsleiterin Natalie Stieber und Pflegedienstleiterin Carmen Zipfel freuten sich über den Besuch. „Dass wir einmal einen Einblick in eine Ausschusssitzung bekommen, die unseren Bereich betrifft, finde ich hochinteressant“, sagte Stieber nach der öffentlichen Sitzung.
Landrat Martin Kistler ging vorab auf die Geschichte der Einrichtung ein, die im 19.¦Jahrhundert erstmals eine Pflegeeinrichtung war. Auch den Werdegang und die dunkle Seite während der NS-Zeit erwähnte er. Seit Mitte der 1970er-Jahre wird das „obere Schloss“ Jestettens als Kreispflegeheim betrieben. In den frühen 2000er-Jahren hatte der Kreistag bei der Renovierung oft über das Kreispflegeheim zu entscheiden und abzuwägen. Die damalige Kostenschätzung hatte aufgrund der teilweise sehr maroden Bausubstanz bei Weitem nicht ausgereicht. Auf das Ergebnis sei er, so Martin Kistler in der Sitzung, aber immer noch stolz. Das Wohnheim besteht aus drei Wohneinheiten mit zusammen 85 Betten.
In der Sitzung ging es auch um die Entwicklung der Pflegebedürftigkeit und der Hilfe zur Pflege. Sozialamtsleiter Axel Albicker erläuterte die Zahlen von 2023, die jeweils im Folgejahr erhoben werden. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Baden-Württemberg steigt seit 2015 kontinuierlich an, seit 2021 signifikant um 15,6¦Prozent. Diese Entwicklung werde sich weiter fortsetzen, denn mit dem Alter wachse das Risiko pflegebedürftig zu werden.
In Baden-Württemberg gibt es etwa 625.000¦pflegebedürftige Menschen, das sind 5,6¦Prozent der Einwohner, die Zahlungen aus der Pflegekasse erhalten. 83¦Prozent der Pflegebedürftigen wurden im Jahr 2024 zu Hause betreut.
Im Landkreis Waldshut, so Albicker weiter, gab es im Jahr 2024 etwa 9300¦Pflegebedürftige, davon wurden 1394¦Personen stationär betreut. Albicker ging noch auf weitere Fakten und Zahlen ein und beantwortete Fragen hierzu. Der Ausschuss nahm den Bericht zur Entwicklung der Pflegebedürftigkeit und der Hilfe zu Pflege einstimmig zur Kenntnis.
Ulrike Klein und Ulrich Friedlmeier berichteten in der Sitzung außerdem aus der kommunalen Pflegekonferenz. Zur Planung und Vorbereitung der Konferenzen wurde unter der Leitung des Sozialdezernenten eine Lenkungsgruppe gebildet. Die Lenkungsgruppe Südost besteht aus Bürgermeistern der Gemeinden Jestetten, Lottstetten, Dettighofen und Hohentengen. Weiter sind Mitglieder der Gemeindeverwaltungen und aus Küssaberg Vertreter der Nachbarschaftshilfe Idee Klettgau, der AOK, der Sozialstation Klettgau-Rheintal und von der Koordinierungsstelle der Kreispflegekonferenz des Landratsamtes Ulrike Klein dabei.
Ziel sei, dass Menschen möglichst lange im privaten Umfeld leben können. Die Lenkungsgruppe ermöglicht präziser an Themen zu arbeiten und deren Gewichtung lokal festzulegen. In Zukunft werden die sich im 78.¦Lebensjahr befindenden Personen persönlich, durch ehrenamtlich Engagierte, informiert, damit mögliche Probleme frühzeitig erkannt werden können und entgegengewirkt werden kann.
Das Fazit der Auseinandersetzung mit den Themen hat den Blick auf bestehende Herausforderungen bekräftigt und gleichzeitig regionale Perspektiven aufgezeigt. Neue Netzwerke wurden aufgebaut, bestehende vertieft und gefestigt. Es zeigte sich, dass viele Herausforderungen sich am besten durch kurze, unbürokratische Absprachen lösen lassen. Von unschätzbarem Wert ist hier der persönliche Kontakt. Die Lenkungsgruppe wird auf eigenen Wunsch mindestens einmal im Jahr tagen. Landrat Kistler sprach Ulrike Klein ein Kompliment aus. Hohentengens Bürgermeister Jürgen Wiener ergänzte: „Wir haben etwas erarbeitet, was anderenorts adaptiert werden kann.“
So viel kostet die Unterbringung im Heim in Jestetten
In der Sitzung des Gesundheitsausschusses des Kreistags wurden auch die neuen Pflegesätze des Pflegeheims behandelt.
- Hintergrund: Der Eigenbetrieb Pflegeheim des Landkreises hatte zu Pflegesatzverhandlungen aufgefordert. Die Parteien einigten sich auf eine Erhöhung um 11,7¦Prozent für die Pflegegrade eins bis fünf mit einer Laufzeit von zwölf Monaten ab 1.¦Juni 2025. Die Forderungen hatten bei 20,11¦Prozent gelegen. Die Erhöhung der Pflegesätze sei nötig, um den Ausgaben der Heimleitung gerecht zu werden. Im Jestetter Kreispflegeheim leben etwa zwei Drittel Selbstzahler, die anderen sind auf Sozialleistungen angewiesen.
- Auswirkung: Pflegegrad eins steigt von 63,31 auf 68,92 Euro pro Tag. Pflegegrad zwei von 77,03 auf 91,53¦Euro. Pflegegrad drei, alt: 93,93¦Euro – neu: 108,43¦Euro. Pflegegrad vier: alt: 111,55¦Euro – neu: 126,05¦Euro. Bei Pflegegrad fünf steigt der Pflegesatz von 119,47 auf 133,97¦Euro pro Tag.
- Unterkunft und Verpflegung: Für Unterkunft steigt der Betrag von 20,42¦auf 21,03¦Euro, die Verpflegung kostet künftig 16,82¦Euro, plus 42 Cent.