Zu den Themen bezahlbarer Wohnraum und Gesundheitsversorgung hatte der DGB-Kreisverband zu einer Gesprächsrunde in die Waldshuter Stadtscheuer eingeladen. Zu Gast waren Landrat Martin Kistler, Kommunalpolitiker, Vertreter der Sozialverbände, Kirchen und der Baugenossenschaft FöFa.
„Im Landkreis Waldshut ist es für Menschen mit unterdurchschnittlichem oder durchschnittlichem Einkommen zunehmend schwieriger geworden, eine bezahlbare Mietwohnung zu finden“, stellte der DGB-Kreisvorsitzende Bernhard Schaaf zu Beginn fest. Seine Forderung: „Es müssen mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden, und dafür müssen die Kommunen vom Bund und vom Land mit genügend Finanzmitteln ausgestattet werden“.
Personallage im Gesundheitsbereich
Eine weitere Herausforderung sei die schwierige Personallage im Gesundheitsbereich, vor allem in den Pflegeberufen, die durch die Nachbarschaft zur Schweiz zusätzlich verschärft werde. Aus diesem Grunde halte der DGB das Vorhaben, im geplanten Gesundheitspark Hochrhein Personalwohnungen zu bauen, die aber auch bezahlbar sein müssten, für ein sehr wichtiges Anliegen.
Er empfahl, die Personalwohnungen als Genossenschaftswohnungen zu errichten, um die Festsetzung der Mieten nicht dem allgemeinen Wohnungsmarkt zu überlassen. Daher sei der DGB auf die Waldshuter Genossenschaft FöFa zugegangen, die daraufhin ihr Interesse am Bau von Personalwohnungen bekundet habe.
Dazu erklärte Hannah Nesswetter, Gewerkschaftssekretärin des DGB Südbaden: „Damit es im Rahmen der Projektplanung zur Realisierung von kostengünstigen Personalwohnungen kommt, braucht es noch verbindliche Zusagen und machbare Konditionen für die Genossenschaft“, sagte sie.
„Praktisch kein Sozialwohnungsbau“
Bei einer Anfrage beim Landratsamt und den beiden größten Kommunen des Kreises, Waldshut-Tiengen und Bad Säckingen, so Bernhard Schaaf, habe man leider feststellen müssen, dass im Landkreis kaum etwas gemacht werde, um bezahlbare Mieten zu gewährleisten.
„Es gibt so gut wie keine Wohnungen in kommunaler Hand, der Sozialwohnungsbau findet im Landkreis praktisch nicht statt“, sagte er. Hinzu käme, dass der genossenschaftliche Wohnungsbau nicht durch die Kommunen gefördert werde.
Als Folge entstünden dem Landkreis und der öffentlichen Hand erhebliche Kosten für die Anmietung von Wohnungen zur Unterbringung von Bedarfsgemeinschaften und für Wohngeld. Hinzu käme die Unterbringung von Flüchtlingen, wodurch die Situation zusätzlich verschärft werde. „Genossenschaftliche Wohnungen im Gesundheitspark könnten ein Schritt in die richtige Richtung sein“, sagte er.
Lösungsvorschlag am Beispiel Ulm
Was können die Kommunen sonst noch tun? Hanna Nesswetter nannte als Beispiel die Stadt Ulm: „Hier wurden viele Flächen von der Stadt aufgekauft, um günstiges Bauland zu schaffen und den Bau von bezahlbarem Wohnraum zu ermöglichen.“ Aus dem Kreis der Zuhörer wurde beklagt, dass auch die zunehmende Spekulation, die durch die steigenden Mieten Auftrieb erhalten hätten, zu einem Problem geworden sei.
Kommentare der Tischrunde
- Manuela Rienäcker-Täsch, Kreismieterverein Waldshut: „Wir haben festgestellt, dass für viele Menschen die Mieten kaum noch zu leisten sind.“
- Ulrich Cramm, Kreismieterverein: „Verschärft wird das Problem dadurch, dass viele Schweizer hier ihre Ferienwohnungen und Alterswohnsitze einrichten.“
- Andreas Vogt, Geschäftsführer Baugenossenschaft FöFa: „Hinzu kommt, dass die Bau- und Nebenkosten gewaltig in die Höhe gegangen sind.“
- Thomas Bomans, Geschäftsführer der Awo Waldshut: „Ein Kernproblem besteht auch darin, dass wir keinen sozialen Wohnungsbau mehr haben, wie das in den 90er Jahren noch der Fall war.“
- Sarah Sprenger, Caritas Hochrhein: „Zusätzlich Probleme bereitet der Personenkreis, der durch Vorurteile belastet ist, Menschen mit Migrationshintergrund.“
- Sven Holtkamp, evangelische Kirche: „Sozialer Wohnungsbau ist eine Kernfrage der Zukunft.“
- Martin Kistler, Landrat: „Verschärft wird die Situation durch die Flüchtlinge aus Syrien und der Ukraine und die Nachbarschaft zur Schweiz.“
- Ralf Schmidt, CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag: „Man könnte durch Sanierungsmaßnahmen im Bestand viel erreichen, aber da tut sich nichts.“
- Volker Jungmann, SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag: „Die Initiative für bezahlbaren Wohnraum muss von den Kommunen ausgehen.“
- Ruth Cremer-Ricken, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag: „Der Druck wird immer größer, sogar die städtischen Angestellten haben mittlerweile ein Problem, weil das Geld, das sie verdienen, nicht mehr reicht.“
- Michael Thater, Bürgermeister von Wehr, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Kreistag: „Mit 350 bezahlbaren Wohnungen haben wir in Wehr einiges geleistet, aber bei weitem nicht genug.“ (tao)