Stöbern, schmökern, lernen, ausleihen – und all das auf eigene Faust, ohne dass es dafür Personal bräuchte: Im Waldshuter Kornhaus hat die Zukunft des Büchereiwesens schon heute begonnen. Genauer im September 2023 als die Stadtbibliothek die erste „Flexi-Bib-Bibliothek“ in Baden-Württemberg geworden ist. Zuvor war sie nur dienstags, mittwochs und donnerstags plus den ersten Samstag im Monat jeweils für wenige Stunden geöffnet, eben zu den Dienstzeiten des Personals. Dank „Flexi-Bib“ ist die Nutzung jetzt an sieben Tagen die Woche von 7 bis 21 Uhr möglich.

Das könnte Sie auch interessieren

Nur dass die Nutzerinnen und Nutzer außerhalb der betreuten Zeiten eben dann unter sich sind. Zugang zum Gebäude verschaffen sie sich mit ihrem Bibliotheksausweis. So ist immer bekannt, wer sich darin aufhält. Videokameras sorgen für weitere Sicherheit, sollen Diebstähle und Vandalismus verhindern. Aber dazu ist es laut Leiterin Yvonne Radzuweit ohnehin noch nie gekommen. „Der Bedarf nach den längeren Öffnungszeiten ist da und das Angebot ist beliebt“, sagt sie. Manche hielten sich jetzt über Stunden dort auf, um in Ruhe lernen zu können, erzählt sie weiter. Das Bedürfnis nach längeren Öffnungszeiten sei da, aber dennoch hat sich die Stadt als Trägerin der Bibliothek für keinen 24-Stunden-Betrieb entschieden. Dass jemand die Einrichtung auch noch um 2 Uhr morgens nutzt, ist wohl auch eher unwahrscheinlich.

„Open Library“ auch in Lauchringen

In Lauchringen soll die ins Gmeindshus umziehende Gemeindebücherei dem Waldshuter Beispiel folgen und künftig ebenso als „Open Library“ mit teils personallosen Öffnungszeiten geführt werden. Der Umzug der rund 10.000 Medien läuft. Als voraussichtlichen Termin für die Öffnung gibt Bürgermeister Thomas Schäuble Mitte November an. Die baulichen Anforderungen an „Open Library“ vor allem bezüglich Ausleihe/Rückgabe sowie Sicherheit sind aufwendig. Es braucht technische Systeme zur Zutrittskontrolle und zur Überwachung der Räume in den personallosen Zeiten der Öffnung. Laut Monika Franck, stellvertretende Leiterin der Gemeindebücherei, ist am bisherigen Standort im Alten Schulhaus inzwischen alles in Kisten verpackt.

Jetzt wartet das ehrenamtlich tätige Büchereiteam darauf, dass die Regale am neuen Standort stehen, um dort alles einzustellen. Nach wie vor soll auch im Gmeindshus Personal zur Verfügung stehen, vermutlich an drei Tagen die Woche für je drei Stunden – für Beratungen, als Ansprechpersonen für Projekte und auch, um alles vor Ort in Ordnung zu halten. „Wir machen uns auch als ‚Open Library‘ sicher nicht überflüssig“, sagt Franck und lacht.

Das könnte Sie auch interessieren

Wie viele Stunden die Gemeindebücherei insgesamt künftig geöffnet sein wird, also inklusive der personallosen Zeiten, steht noch nicht fest. Womöglich wird es wie in Waldshut an sieben Tagen die Woche von 7 bis 21 Uhr sein, womöglich am Abend aber auch nur bis 20 Uhr.

Auch in Waldshut gibt es verschiedene Dinge

Waldshut hat es schon im kleinen Stil umgesetzt, es gibt dort inzwischen auch Regenschirme und Strommessgeräte zu leihen – Dinge. Und das ist der neueste Trend in Bibliotheken. Dass sie neben ihrem Kerngeschäft, dem Verleih von Büchern, CDs und DVDs, neue Felder auftun, eben Dinge verleihen wie Apparate, Spielzeuge, Haushaltsgeräte oder Werkzeuge: Dinge, die man selten braucht und nach dem Kauf meist nur noch unbenutzt herumliegen. Leihen, statt kaufen, ist die Devise. Teilen, statt selbst besitzen. Nachhaltigkeit, Konsum- und Müllvermeidung sind hier die Themen.

In der Stadtbibliothek Waldshut können Mitglieder täglich von 7 bis 21 Uhr Bücher ausleihen.
In der Stadtbibliothek Waldshut können Mitglieder täglich von 7 bis 21 Uhr Bücher ausleihen. | Bild: Völk, Melanie

„Bibliothek der Dinge“ in Bad Säckingen

Die Stadtbücherei Bad Säckingen könnte zu einer „Bibliothek der Dinge“ werden. Dort ging jetzt gerade eine Umfrage zu Ende, die helfen soll, um herauszufinden, welche Dinge sich die Nutzerinnen und Nutzer für den Verleih wünschen. Noch sei aber nichts ausgewertet, so Büchereileiterin Martina Huber. Hinter ihrem Team liegt gerade eine Fortbildung bei der Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen in Freiburg. Diese schickt ab Dezember auch ihre „Bibliothek der Dinge on tour“ nach Bad Säckingen.

Mit im Gepäck sind rund 30 Dinge mit dem Schwerpunkt Bildung und neue Medien, darunter eine Spielekonsole, eine VR-Brille, Mini-Roboter, ein Bluetooth-Lautsprecher, ein Diascanner und eine Action-Cam. Für drei Monate, also bis Februar, können diese „Dinge“ dann jeweils für zwei Wochen kostenfrei, also nur mit dem Büchereisausweis, ausgeliehen werden.

Ob und wie es danach weitergeht, ist offen. Hemmschuh könnte die personelle, räumliche und finanzielle Ausstattung der Stadtbücherei Bad Säckingen sein. „Es hängt mehr dran als gedacht“, weiß Huber aus eigener Erfahrung, aber auch aus Rückmeldungen der 20 Städte und Gemeinden in Südbaden, die aktuell „Bibliotheken der Dinge“ haben. Verleih, aber auch Kontrolle, Wartung und Lagerung der „Dinge“ seien eben aufwendiger als die von Büchern.

Die VR-Brille als Lockmittel

Aber man müsse auch mit der Zeit gehen und Neues ausprobieren, ist Huber überzeugt. Da könne eine VR-Brille Lockmittel sein, meint auch Friederike Mertel, stellvertretende Leiterin der Fachstelle und Beraterin für den Kreis Waldshut. Könnte man über die „Dinge“ neue Benutzergruppen ins Haus holen, hätten die Büchereien dann die Chance, diese auch mit ihrem klassischen Angebot zu überzeugen.

Bisher sei das Angebot der „Bibliothek der Dinge on tour“ immer gut angekommen. „Wir hatten fantastische Rückmeldungen, gerade von Eltern“, sagt Mertel. Seit Einführung des Angebots 2022 sei es nonstop unterwegs gewesen. Wehr und Lauchringen sollen die nächsten Stationen im Kreis Waldshut sein.

Das könnte Sie auch interessieren