Wenn Klinik-Geschäftsleitung und Landkreis Lörrach an den Umstrukturierungsplänen für das Kreiskrankenhaus Schopfheim festhalten, werden sie gehen: Damit drohten mehrere Oberärzte der Inneren Abteilung am Kreiskrankenhaus Schopfheim bereits kurz vor Weihnachten 2022.

Nun haben drei der Ärzte ihre Drohung wahrgemacht und gekündigt, ein vierter steht nach Informationen der Zeitung kurz davor. Die Ärzte ziehen damit Konsequenzen daraus, dass die Geschäftsleitung bis zuletzt keinen Zoll von ihrer Überzeugung abgewichen ist, dass die Umsiedlung der Inneren und der Chirurgie von Schopfheim vor allem ans Kreiskrankenhaus Rheinfelden und in Teilen auch ans Elisabethen-Krankenhaus in Lörrach der richtige Weg sei, schon vor dem für 2025 geplanten Umzug ans dann fertiggestellte Zentralklinikum in Lörrach zu notwendigen Einsparungen zu kommen.

Gespräche führen ins Leere

„Die Enttäuschung über die Kommunikation war sehr groß“, so Michael Maraun, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Kreiskrankenhaus Schopfheim. Ein letztes, als Klärung gedachtes Gespräch am Dienstag, zwischen Geschäftsführer Sascha Sartor und den Oberärzten der Klinik für Innere Medizin sowie Maraun verlief ohne gegenseitige Annäherung.

Michael Maraun ist einer der Chefärzte, die nun ihre Kündigung eingereicht haben.
Michael Maraun ist einer der Chefärzte, die nun ihre Kündigung eingereicht haben. | Bild: Nicolai Kapitz

„Am Ende des Gesprächs haben drei Oberärzte gekündigt“, sagt Maraun. Einer davon ist Rafael Schmitt. „Wir hatten gewisse Vorstellungen von dem Gespräch“, sagt der Oberarzt im Gespräch. „Wir wollten wissen, was man sich davon verspricht, auch in Zahlen. Ob es sich lohnt, solch einen Aufwand zu betreiben für wenige Monate bis zum endgültigen Umzug ins Zentralklinikum. Und was es für uns, unsere Abteilung, unsere Assistenten und unsere Mitarbeiter bedeutet.“

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Die Geschäftsführung habe allerdings erneut nichts davon schlüssig darlegen können. „Wir wissen immer noch nicht, in welcher Struktur wir in Rheinfelden arbeiten sollen. Wir wissen nur, dass wir mit weniger Kollegen mehr Betten versorgen sollen. Das verschlechtert die Arbeitsbedingungen. Wir haben nichts davon so erklärt bekommen, dass wir es nachvollziehen und guten Gewissens mitarbeiten können.“ Ein „halbgares Konzept“ wollen Schmitt und seine Kollegen nicht mittragen.

Vorschlag findet kein Gehör

Die Schopfheimer Oberärzte hätten außerdem bereits zuvor einen Gegenvorschlag unterbreitet, wie der Standort Schopfheim kurzfristig etwas ausgebaut werden könne, um mehr Patienten zu behandeln. Der Umzug der Inneren nach Rheinfelden, so der Ansatz der Ärzte, wäre bei Umsetzung dieses Vorschlags nicht notwendig gewesen.

„Der Vorschlag hat das Konzept Rheinfelden nicht zu 100 Prozent erfüllt, aber zum großen Teil“, sagt Chefarzt Michael Maraun. Doch der Vorstoß habe bei der Geschäftsführung und auch bei Landrätin Marion Dammann kein Gehör gefunden. Alle drei Oberärzte, die gekündigt haben, waren auch unter jenen, die bereits im Dezember 2022 mit einer Kündigung gedroht hatten, sollten die Entscheidungsträger an dem umstrittenen vorgezogenen Umzug festhalten. Ein vierter Arzt werde nachziehen, sobald sich Auswirkungen in Form von Engpässen in der Versorgung der Patienten abzeichnen sollten.

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Eine der Kündigungen wird zum August dieses Jahres wirksam, die übrigen zum Jahresende. Damit wären vier der rechnerisch 4,5 Oberärzte der Inneren am Kreiskrankenhaus Schopfheim weg – und die Abteilung damit funktionsunfähig, und zwar ganz egal, ob nur am Kreiskrankenhaus Schopfheim oder nach dem Umzug nach Rheinfelden, wo die Schopfheimer Innere mit jener aus dem dortigen Kreiskrankenhaus fusioniert werden soll.

„Es gibt ganz viele Fragezeichen“

Die geplante Umstrukturierung sei nun mit der Kündigung der drei Ärzte plötzlich mit vielen Fragezeichen behaftet. „Ich hatte schon die Hoffnung, dass wir noch einen Kompromiss finden und es nicht in einem solchen Eklat endet“, so Maraun.

„Ich sehe nicht, wie wir das geplante Konzept auch in Rheinfelden umsetzen sollen. Es sind alle vor den Kopf geschlagen und es gibt ganz viele Fragezeichen. Das ist jetzt für die Innere in Schopfheim, nach der Umstrukturierung für die Innere in Rheinfelden, aber auch ganz allgemein für die Kliniken des Landkreises ein ganz schwerer Schlag“, konstatiert Michael Maraun. „Ich weiß momentan nicht, wie es weitergehen soll. Wenn einer geht, dann kann ich das ersetzen. Wenn drei gehen, ist es viel schwerer.“ Aus dem Stand drei leitende Ärzte zu ersetzen – „das sehe ich als unmöglich an.“

Mit Leihärzten zu arbeiten sei keine richtige Option. „Und jetzt“, so Michael Maraun, „wird es für die Kliniken viel teurer.“ Maraun sieht auch die von ihm aufgebaute und mehrfach ausgezeichnete Diabetologie gefährdet – nicht nur akut, sondern auch in Zukunft nach dem Umzug ans Zentralklinikum: „Ich sehe die ganze Diabetologie infrage gestellt.“ Einer der drei abwandernden Oberärzte war sein Stellvertreter und wichtigster Helfer in dieser Abteilung, die Patienten aus ganz Deutschland betreut.

Kreis-Kliniken äußern sich nicht

Die Kliniken des Landkreises Lörrach wollten sich am Mittwoch nicht auf eine entsprechende Anfrage äußern. „Aus grundsätzlichen Erwägungen äußert sich die Klinikleitung im Moment nicht zu personellen Themen“, ließ Sprecherin Marion Steger ausrichten.

Derweil bekräftigte Landrätin Marion Dammann am Rande der Kreistagssitzung zum betreffenden Thema am Mittwoch den Kurs der Umstrukturierung. Es sei notwendig, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen, so die Landrätin. Dass es bei einigen im Zuge einschneidender Veränderungen auch Unzufriedenheit gebe, müsse man akzeptieren.

Keine Infos zu Einsparpotenzial

Wie hoch das Einsparpotenzial durch die umstrittene Umstrukturierung tatsächlich ist, dazu gab es im Übrigen auch am Mittwoch weder seitens des Kreises noch der Kliniken eine konkrete Zahl. Die Geschäftsführung blieb weiterhin bei ihrer Aussage von einer „mittleren siebenstelligen Summe“, nach Informationen der Zeitung kursiert eine Summe von zwei bis drei Millionen Euro, die durch den Abzug der Abteilungen aus Schopfheim nach Rheinfelden und Lörrach eingespart werden könne.

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