Dass infolge der Corona-Pandemie die Kapazitäten des Gesundheitssystems in Deutschland an ihre Grenzen gebracht werden, ist von Beginn an die große Befürchtung von Experten – und letztlich Grund für die ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Trotz aller Bemühungen und durchaus Erfolge zeigt sich aber, dass Engpässe sehr schnell auftreten können – gerade an kleinen Kliniken.

Kapazitäten am Wochenende am Limit

Am Klinikum Hochrhein wurden nämlich jüngst vorübergehend die Plätze auf der Intensivstation knapp. Nachdem Frank Hinder, Ärztlicher Direktor des Hegau-Bodensee-Klinikums in Singen, diesen Vorgang im Rahmen eines Pressegesprächs im Kreis Konstanz publik gemacht hatte, bestätigten dies auch die Verantwortlichen der Waldshuter Klinik auf Nachfrage unserer Zeitung: „Wir haben am Wochenende durch Covid-19-Infektionen sowohl aus den umliegenden Alten- und Pflegeeinrichtungen als auch aus häuslicher Umgebung einen erheblichen Patientenzustrom verzeichnet und daher Sicherheitsvorkehrungen getroffen“, schildert Hans-Jürgen Ott, Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin.

Noch vor der ersten Corona-Welle: Dr. Stefan Kortüm, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme des Klinikums Hochrhein, zeigt Ende Februar 2020 ...
Noch vor der ersten Corona-Welle: Dr. Stefan Kortüm, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme des Klinikums Hochrhein, zeigt Ende Februar 2020 ein Isolierzimmer in der Notaufnahme in Waldshut. | Bild: Olheide, Monika

Um auf Nummer sicher zu gehen, sei am Montag sogar das DRK informiert worden, Notfälle nach Möglichkeit in andere Kliniken zu bringen. Wie Frank Hinder darstellte, sei auch sein Haus wegen der Aufnahme von Intensivpatienten aus dem Nachbarlandkreis angefragt worden und habe entsprechende Bereitschaft signalisiert, zumal sich die Corona-Lage im Kreis Konstanz aktuell noch nicht so gravierend darstelle wie im westlichen Nachbarlandkreis. Außerdem verfügt der Kreis über insgesamt 102 Intensivbetten – also gut zehnmal so viel wie der Landkreis Waldshut.

Inzwischen habe sich die Lage aber wieder ein wenig entspannt, heißt es seitens des Klinikums Hochrhein. Unter anderem habe man alle Patienten auf der Intensivstation aufnehmen können, die eine entsprechende Behandlung benötigt hätten. Bislang mussten Corona-bedingt keine Patienten in Nachbarkreise verwiesen werden.

Das Waldshuter Krankenhaus hat seinen Betrieb eingeschränkt. Grund sind Corona-Infektionen bei den Mitarbeitern
Das Waldshuter Krankenhaus hat seinen Betrieb eingeschränkt. Grund sind Corona-Infektionen bei den Mitarbeitern | Bild: SÜDKURIER-Archiv

Keine Frage: Die Gesamtsituation sei infolge der Covid-19-Pandemie auch im Landkreis Waldshut ernst. „Im Vergleich zum Frühjahr verzeichnet das Klinikum ein deutliches Mehr an Covid-19-Patienten“, erklären Geschäfsführer Hans-Peter Schlaudt und Hans-Jürgen
Ott. Die Auslastung der Intensivstationen sei allgemein überdurchschnittlich.

Beim Klinikum in Waldshut gestalte sich die Lage derzeit so: Mit Stand vom 18. November befanden sich 17 Patienten auf der Isolationsstation, vier weitere waren auf der Intensivstation, die in zwei Einheiten aufgeteilt sei.

Im Krisenfall könnten Kapazitäten schnell verdoppelt werden

Insgesamt verfüge das Klinikum über zwölf Intensivbetten. „Im Krisenfall können wir zwölf zusätzliche Intensivbetten schaffen und diese mit Notfalldienstplänen betreiben. Das würde jedoch bedeuten, das andere Stationen geschlossen werden müssen und dass das Personal temporär verlagert werden müsste“, wie Schlaudt darstellt.

So prekär ist die Lage aber offenbar noch nicht. Vielmehr hat sich das Klinikum wie schon bei der ersten Corona-Welle im Frühjahr dafür entschieden, dass nicht alle Kapazitäten für Corona-Patienten blockiert werden sollten, um auch für andere Notfälle, etwa in Folge von schweren Unfällen, handlungsfähig zu bleiben, sagt Schlaudt dazu.

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Das bedeute im Umkehrschluss aber auch, dass die Verantwortlichen immer auf Sicht fahren und „situativ entscheiden“ müssten, wie Hans-Jürgen Ott darstellt. Eben deshalb habe das Klinikum Hochrhein am Montag das DRK informiert, „dass bei intensivpflichtigen Notfall-Patienten auch die Versorgung in anderen Kliniken in Betracht zu ziehen“ sei. Denn es habe sich während des Wochenendes abgezeichnet, dass es auf der Intensivstation eng wird.

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Verlegung von Intensivpatienten auch zu Normalzeiten die Regel

„Grundsätzlich sprechen wir von einer Auslastung der Intensivkapazitäten im Klinikum Hochrhein, wenn die Betten der Intensivstation bis auf eine Notreserve für Patienten der Klinik belegt sind“, führt Ott näher aus. Dies bedeute jedoch nicht, dass das Klinikum nicht mehr in der Lage sei, weitere Patienten aufzunehmen. „Bisher wurden nur Patienten verlegt, die aufgrund ihrer Erkrankung eine medizinische Versorgung in einem Krankenhaus der höheren Versorgungsstufe [etwa in einer Uniklinik] benötigten, dies hatte jedoch nichts mit der Belastungsgrenze zu tun“, heißt es seitens der Klinikleitung.

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Derartige Verlegungen seien in der Kliniklandschaft in der Region übrigens schon seit vielen Jahren gängige Praxis und hätten nichts mit Corona zu tun. Vielmehr gehe es darum, Kapazitäten zu schonen, wenn eben die Grenze in Sicht komme. Dies laufe in beide Richtungen. Ott dazu: „Auch wir übernehmen regelmäßig Patienten aus anderen Kliniken, wenn die Intensivkapazitäten der umliegenden Kliniken erreicht sind.“ Sogar noch als der Landkreis von der zweiten Corona-Welle noch nicht so stark betroffen war, habe das Klinikum einen Patienten mit einer Corona-Infektion von einer anderen Klinik auf die Intensivstation übernommen.

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Schlaudt: „Lage trotz höherer Infektionszahlen unter Kontrolle“

Grundsätzlich habe das Klinikum Hochrhein die Lage bislang trotz wesentlich höherer Infektionszahlen als im Frühjahr ganz gut im Griff, sagt Geschäftsführer Schlaudt: „Wir beobachten natürlich, dass die Verunsicherung der Bevölkerung zunimmt.“ Allerdings gebe es keinen Grund zur Beunruhigung: „Auch wenn wir tageweise möglicherweise Patienten verlegen müssen, so ist dies immer nur eine Momentaufnahme“, so Schlaudt abschließend. Abgesehen davon soll es mit dem gerade im Bau befindlichen Nordbau eine Erweiterung der Intensivkapazitäten und eine IMC-Station (Überwachungsstation zur Entlastung der Intensivkapazitäten) geben.

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Wie das Landratsamt Waldshut auf Nachfrage unserer Zeitung sagt, wird aktuell auch das Patientenströme-Konzept überarbeitet, das bereits während der ersten Welle im Frühjahr entwickelt wurde: „Dieses befindet sich im Moment in der Feinabstimmung“, so Pressesprecherin Susanna Heim. Der Fokus liege hier auf der Einbindung der Rehakliniken in die Versorgung. Es gehe nicht um weitere Intensivbetreuungsplätze.

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