Es ist über 60 Jahre her, aber Jörg Binternagel aus Küssaberg-Rheinheim kann sich an den Moment, als er seine Hiltraud zum ersten Mal gesehen hat, noch so erinnern, als wäre es gerade erst gestern gewesen. „Ich habe damals in Düsseldorf meine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann als Einarbeiter im „Kaufhof“ begonnen, als ich meine Hiltraud zum ersten Mal sah“, erzählt Jörg Binternagel.
Liebe auf den ersten Blick
Jörg Binternagel war gerade 24 Jahre alt „als ich dann eines Tages in meiner Abteilung „Sport, Spielwaren, Lederwaren und Schirme“ aufsichtsführend tätig war, und plötzlich in schnellem Schritt eine sehr hübsche junge blonde Frau, die einen fahrbaren Kleiderständer vor sich herschob, an mir vorbei gehen sah. Ich blickte sie an und war sofort fasziniert von ihr“, schwärmt Jörg Binternagel.
Der erste Tanz
Immer wieder kreuzten sich ihre Wege bei der Arbeit und auch die damals 21-jährige Hiltraud habe ihn irgendwann mit interessiertem Blick bedacht. „Ich war überzeugt, dass ich mich in sie verliebt hatte“, erzählt der heute 85-Jährige. „Ich erfuhr dann im Gespräch mit ihr, dass sie in der Nachbarabteilung für Damenoberbekleidung als Erstverkäuferin erfolgreich tätig war. Meine Bemühungen um nähere Informationen über sie ergaben dann, dass sie oft nach der Arbeit mit ihren Freundinnen noch in ein Lokal in der Düsseldorfer Altstadt ging, wo Bier getrunken und auch getanzt wurde.“
Jörg Binternagel sei eines Abends in der Hoffnung, sie dort zu treffen, ebenfalls in das Lokal gegangen. „Nachdem ich meine Scheu überwunden hatte, forderte ich sie zum Tanz auf, doch war eine engere körperliche Berührung insofern noch nicht möglich, weil damals ‚Boogie-Woogie‘ und ‚Twist‘ die Modetänze waren“, sagt er und lacht.
Ein Lieblingstanz sei damals der Titel „Come on let‘s twist again“ gewesen, bei dem Binternagel bemerkte, wie gelenkig und musikalisch seine Tanzpartnerin war. „Erst als zu später Stunde langsame Tanzmusik gespielt wurde und wir uns dabei in die Arme nahmen, kamen wir uns etwas näher. Dabei erfuhr ich, dass sie 21 Jahre alt war und, wo sie mit ihrer Familie wohnte.“
Jörg Binternagel bleibt hartnäckig
Eines Tages im September 1963, erfuhr Jörg Binternagel, dass Hiltraud eine Party in ihrer „sturmfreien Bude“ plante. „Ich hatte allerdings keine Einladung erhalten und war sehr traurig und auch verärgert darüber, sodass ich mich an diesem Abend einfach zu ihrer Wohnung begab. Als mir nach mehrmaligem Klingeln niemand öffnete, setzte ich mich auf die Treppe vor der Haustür und wartete auf mein Glück.“

Immer mehr eingeladene Besucher kamen, doch er traute sich nicht, mit hineinzugehen. Nach einiger Zeit sei ein Gast zu ihm herunter gekommen und habe ihn aufgefordert, mit nach oben zu kommen. „Dort erfuhr ich, dass viele Gäste Hiltraud davon erzählt hatten, dass ich unten vor der Haustür gewartet hatte.“
An diesem Abend sei viel Alkohol getrunken, geraucht und getanzt worden. Nachdem immer mehr Gäste zu später Stunde die Party verließen, waren zum Schluss nur noch Hiltraud und Jörg Binternagel in der Wohnung. „Und nun kamen wir uns endlich näher, was nach dieser kurzen Zeit des Kennenlernens für mich wie ein Wunder war. Wir liebten uns“, erzählt er.
Kurz nach ihrem ersten Treffen wird Hiltraud Binternagel schwanger
Ende September 1963 gestand Hiltraud ihm dann, dass sie schwanger sei. Hiltraud Binternagel war damals 22 Jahre alt. „Wir kamen in ein sehr aufregendes und hilfesuchendes Gespräch. Doch ich sagte ihr, dass ich sie liebe und heiraten möchte. Schließlich fiel sie mir um den Hals und gab weinend ihre Zustimmung. Noch am gleichen Abend sagte sie es ihren Eltern. Bei meinem nächsten Besuch musste ich ihrem Vater gegenübertreten und er fragte mich, ob ich unter diesen Umständen seine Tochter heiraten wolle. Ich sagte mutig ja, ohne mir damals der Konsequenzen einer Ehe bewusst zu sein.“
Die Hochzeit
„Doch trotz der Schwangerschaft waren wir weiterhin sehr verliebt und nach Absprache mit den Eltern, haben wir dann am 8. November 1963 in Düsseldorf kirchlich geheiratet. Spät abends, während der Hochzeitsfeier in Hiltrauds elterlicher Wohnung, nahmen wir alle Geschenke mit, entfernten uns heimlich und fuhren mit meinem alten VW Käfer-Cabrio zu meiner Schwester nach Düren, und am nächsten Tag waren wir auf einer unvergessenen Hochzeitsreise nach Frankreich in die Vogesen.“ Ich habe meine Entscheidung, Hiltraud zu heiraten und nicht ihrem Schicksal zu überlassen, bis heute nicht bereut, obwohl wir uns damals erst kurze Zeit kannten und die Romantik ein bisschen zu kurz gekommen war.“
„Das nähere Kennenlernen, auch im romantischen Sinne, erfolgte dann in unserer Ehe. Wir sind nun seit der Diamantenen Hochzeit am 8. November 2023 seit 60 Jahren verheiratet, sind in dieser Zeit in Deutschland elf Mal umgezogen, haben drei Kinder und drei Enkelkinder und sind mit unserem Schicksal, Gott sei Dank, zufrieden!“, freut sich Jörg Binternagel.
Der Weg an den Hochrhein
Elf Mal umgezogen ist die Familie vor alle aus beruflichen Gründen. So war Jörg Binternagel seit 1968 für die damalige Vereinigte Krankenversicherung (VK) mit Sitz in Freiburg, als Organisationsleiter im Außendienst tätig. Bis zu seinem Renteneintritt im Jahr 2004 war er dann für die „Allianz Private Krankenversicherung“ (APKV) gearbeitet.

„Um möglichst zentral in meinem Arbeitsgebiet zu wohnen, sind wir immer wieder umgezogen, bis wir im Jahr 1970 von Niedertegernau (Kreis Lörrach) in das damalige selbständige Reckingen gezogen sind, von dort nach Dangstetten und dann nach Küssaberg-Rheinheim, wo wir uns 1989 ein eigenes Einfamilienhaus gebaut haben, in dem wir immer noch wohnen.“ Seit vielen Jahren ist das Paar dort in der Nachbarschaftshilfe der Gemeinde Küssaberg aktiv.
Das lieben die beiden an dem anderen
Jörg Binternagel liebt ab seiner Hiltraud, dass sie immer zu ihm gehalten hat, „wenn ich berufliche oder finanzielle Probleme hatte.“ Seine Frau liebt an ihrem Jörg, dass er immer nur sie geliebt hat und keine andere Frau.
Ihr Rezept für die Liebe?
„Vertrauen in einander, nachts zusammen im Bett schlafen und körperliche Liebe, so
lange es möglich ist“, verrät Jörg Binternagel.