Kein Sektempfang, keine großen Reden, keine offizielle Einweihung: Die Eröffnung des Autobahnabschnitts vier der A 98 ging vor einem Jahr so unspektakulär über die Bühne, wie man es sich kaum vorstellen kann. Zwölf Jahre waren insgesamt bis zur Fertigstellung vergangen und es wurden 110 Millionen Euro investiert. Der vierte Abschnitt verbindet das Autobahndreieck Hochrhein mit der Anschlussstelle Rheinfelden-Ost.
Das erste Auto, das damals den noch jungfräulichen Fahrbahnbelag befuhr, war ein weißer Hyundai – in ihm saßen Anja Drechsle und ihr Lebensgefährte Bernd Hölzle aus Schwörstadt. Sie kamen von Westen her gefahren. Anja Drechsle konnte sich sogar noch daran erinnern, wie in ihrer Kindheit das zweite Teilstück der A 98 zwischen den heutigen Ausfahrten Lörrach-Ost und Lörrach-Mitte eingeweiht wurde. „Damals konnten wir noch einen Tag auf der Autobahn spazieren gehen“, sagte Drechsle.
Eigentlich hätte das neuste Teilstück der Autobahn ebenfalls gebührend eingeweiht werden sollen, aber Corona machte dem, wie so vielen Festakten in den vergangenen Jahren, einen Strich durch die Rechnung. Bislang ist das Teilstück zwischen dem Autobahndreieck Hochrhein und der Abfahrt Rheinfelden Ost indes nur auf zwei der vier Fahrstreifen befahrbar. Der Grund dafür ist ein Hangrutsch, der die volle Nutzung der Anschlussstelle noch verzögert bis 2025.
Ursprünglich war die Fertigstellung des vierten Autobahnabschnitts für das Jahr 2015 geplant gewesen. Pandemiebedingte Lieferengpässe sorgten für weitere Verzögerungen beim Bau. Anstatt dass ein rotes Band zur Eröffnung durchschnitten wurde, rollten im September 2015 aber erstmals die Bagger an, um mit den Erdarbeiten für das Teilstück zu beginnen. Zwischen Nollingen und Minseln wurden auf einer Strecke von drei Kilometern 1,3 Millionen Kubikmeter Erdreich bewegt, darunter alleine 900.000 Kubikmeter Fels.
Aber nicht alles konnten die Bagger leisten, ein Teil musste gesprengt werden. Für den Abtransport waren täglich bis zu 400 Lastwagenfahrten notwendig. Zwei Jahre nachdem die ersten Bagger die Erdmassen bewegt hatten, konnte das Herzstück des Teilstücks eingeweiht werden – der Herrschaftsbucktunnel. Zwei Jahrzehnte Planungszeit gingen den zwei Röhren, die eine Länge von 475 und 485 Meter haben, voraus. Die Kosten beliefen sich auf 37 Millionen Euro.
Unerwünschte Gäste
Für Aufsehen sorgten im August unerwünschte Gäste auf dem Teilstück – mehrere Rehe waren im Sommer auf die Fahrbahn gelangt, es kam zu Wildunfällen. Zunächst wurden im Nollinger Bergtunnel mehrere Rehe gesichtet, kurz darauf wurde ein weiteres Tier im Herrschaftsbucktunnel angefahren und kam dabei ums Leben. Fehlende Wildschutzzäune waren der Grund für den Vorfall. Die zuständige Autobahn GmbH begründete die fehlenden Wildschutzzäune mit Lieferschwierigkeiten, bedingt durch die Corona-Pandemie.
Seit September des vergangenen Jahres beschäftigt ein Hangrutsch die zuständige Autobahn GmbH. Noch etwa ein Jahr könnte es dauern, bis mit den Arbeiten für die Absicherung der Böschung am Fahrbahnrand begonnen werden kann. Denn die gemeinhin schwierigen geologischen Verhältnisse am Dinkelberg machen den Autobahnbau und speziell die Böschungssicherung kompliziert. Anfang 2025 soll der Abschnitt dann endgültig fertig sein. Die Kosten werden auf rund fünf Millionen Euro geschätzt.
Nicht immer hieß es freie Fahrt auf dem neuen Autobahnteilstück. Im ersten Jahr des Bestehens der Anschlussstelle kam es hin und wieder auch zu Verkehrsunfällen. Erst vor zwei Wochen blockierte ein Sattelzug nach einem Zusammenstoß mit einer Betonbegrenzung die Autobahn der Anschlussstelle bei Minseln. Den ersten Falschfahrer gab es bereits einen Tag nach der Freigabe der Teilstrecke für den Verkehr. Dieser hätte laut Vermutungen der Polizei sein Falschfahren offensichtlich noch vor dem Herrschaftsbucktunnel erkannt und wieder in die richtige Fahrtrichtung gewendet.