Verena Pichler

Wenn ab dem heutigen Mittwoch der Einzelhandel wieder schließen muss, gibt es Geschäfte, die klar unter die von Bund und Ländern beschlossenen Ausnahmen fallen. Schwieriger wird‘s bei den Geschäften, die sowohl Lebensmittel als auch Non-Food-Produkte führen. Einer davon ist der Weltladen „Vamos Caminando“: Neben fair produziertem Kunsthandwerk, Spielzeug und Bekleidung bietet der ehrenamtlich geführte Laden auch fairgehandelte Lebensmittel an. Aus diesem Grund durften auch während des ersten Lockdowns im Frühling viele Weltläden offen bleiben – nicht so der in Rheinfelden.

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Es regnet Bindfäden an diesem Dienstag, dem letzten Tag vor dem erneuten Lockdown. Unter dem schmalen Dachvorsprung des Weltladens in der Karl-Fürstenberg-Straße steht ein Mann und wartet auf Einlass. Nur drei Kunden dürfen sich gleichzeitig in dem kleinen Geschäft aufhalten, diese Zahl ist erreicht. „Ich muss mir doch noch meine Weihnachtsschokolade abholen“, sagt er.

Wegen der fairgehandelten Schokolade, weiß Regina Keßner, kommen sogar Schweizer Kunden – so gut soll sie schmecken. Daneben gibt‘s Tee, Kaffee, verschiedene Gewürze, allerlei Soßen und ein Sortiment an frischen Produkten, derzeit sind es Bananen. Keßner ist Gründungsmitglied des Vereins Vamos Caminando, der im nächsten Jahr 40-jähriges Bestehen feiert. Den ersten Weltladen in Rheinfelden eröffnete der Verein „am 28. November 1981, das weiß ich noch genau“, sagt Keßner. Zunächst arbeitete der Verein in der Kapuzinerstraße, dann in der Hebelstraße.

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Seit nunmehr fast zehn Jahren ist der Weltladen am jetzigen Standort, mitten in der Innenstadt. „Die Miete ist noch erträglich, auch, weil es ein älteres Haus ist.“ Erwirtschaftet werden muss diese über den Umsatz, ebenso wie andere anfallende Nebenkosten. Ein Gehalt aber zahlen sich die Mitarbeiter nicht aus, alle arbeiten ehrenamtlich.

Im ersten Lockdown im Frühjahr musste der Weltladen schließen. Eine Entscheidung, die Keßner bis heute nicht nachvollziehen kann. „Viele andere Weltläden durften offenbleiben.“ Vamos Caminando gehört einem lockeren Verbund anderer Weltläden in der Region an. Mit den „Fairen Sieben“ gibt es einen regelmäßigen Austausch – derzeit natürlich nur digital. „Die Weltläden in Zell, Stetten, Wehr, Murg, Waldshut und Tiengen durften geöffnet bleiben und haben ihre Öffnungszeiten eingeschränkt.“ Das würde auch Keßner tun.

„Bis Weihnachten hätten wir noch an den jeweiligen Markttagen, Dienstag und Samstag, vormittags geöffnet.“ Ob sie das darf – bis Dienstag wusste sie es nicht. Deshalb wird sie am heutigen Mittwoch öffnen und abwarten. So ist sie auch im Frühjahr verfahren. „Als dann die Kontrolleure kamen, haben sie gesagt: Sie stehen nicht auf unserer Liste, schließen Sie.“

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Auf der „Liste“ stehen die Weltläden bislang wieder nicht, weiß Christoph Albuschkat. „Die Vorgaben aus den Bund-Länder-Beschlüssen sind wachsweich“, so der Pressesprecher des Dachverbands der rund 900 Weltläden in Deutschland auf Nachfrage. Bisher haben nur vier Bundesländer die entsprechenden Verordnungen veröffentlicht. „Daraus können wir nicht herauslesen, dass Weltläden schließen müssen.“ Daher laute die Empfehlung des Dachverbands, die Läden zu öffnen. „Sofern sich die Mitarbeiter das zutrauen und auch wollen“, betont Albuschkat.

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Keßner würde wollen. Denn anders als andere Händler hätten die Weltläden die bestellten Produkte trotz der Krise abgenommen, um den Produzenten ein Auskommen zu sichern. Auch hätten sie die Mehrwertsteuer-Absenkung nicht an ihre Kunden, sondern über einen Fonds an die Handelspartner weitergegeben. Denn die weltweite Lage sei verheerend. „Die Produzenten im fairen Handel leiden enorm unter den Auswirkungen der Krise.“ Das gerate aus dem Blick der Weltöffentlichkeit. „Nicht meine Existenz hängt da dran. Sondern die vieler Menschen weltweit.“ Auf Nachfrage am Montag verwies Ordnungsamtschef Dominic Rago auf die noch ausstehende Landesverordnung. „Derzeit liegt mir nur der Beschluss des Bundes vor. Es wurde bereits mitgeteilt, dass Baden-Württemberg den Beschluss nahezu annimmt.“ Demnach sind von der Schließung nicht betroffen „der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte und Direktvermarkter für Lebensmittel“. Auch Reformhäuser finden sich auf der Liste.