Einstimmig stimmte der Gemeinderat Rickenbach am Dienstag für das Projekt einer Windkraft- und Freiflächen-PV-Anlage auf dem Hoheneck. Die Firma Hotzenpower Wind und Solar aus Egg will dort mit finanziellen Einlagen von Bürgern auf einem gemeindeeigenen Grundstück in der anvisierten Vorrangfläche für Windkraftanlagen ein Windrad errichten.
Elvria Stehle, ehemalige Kreisrätin der Grünen aus Hottingen, kündigte unmittelbar darauf als „logischen Schritt“ die Initiierung eines Bürgerbegehrens gegen den Gemeinderatsbeschluss an. „Hierfür hat sich eine Gruppe von Bürgern gebildet, die auch mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens in Herrischried vernetzt ist“, erklärte sie.

Zugleich beschwor Stehle im Anschluss an die Abstimmung einen schweren Konflikt herauf. Sie konfrontierte Hotzenpower-Geschäftsführer Manuel Knecht mit der Frage, ob er das geplante Windkraftprojekt mit seinem Gewissen vereinbaren könne und erklärte: „Was sie machen ist dem Volk nicht dienlich, es ruiniert Deutschland. Ich finde es erschreckend, was mit unserem Land passiert.“
Schwere Vorwürfe hatte Stehle bereits zu Beginn der Sitzung gegenüber Bürgermeister Dietmar Zäpernick erhoben: Während der Gemeinderat Herrischried am 16. Dezember einstimmig für ein Bürgerbegehren über die Einbringung von Gemeindeflächen in einen Grundstückspool für Windkraftanlagen votiert habe, werde die Bürgerschaft in Rickenbach nicht ausreichend ernst genommen.
Zäpernick selbst erklärte auf Anfrage des SÜDKURIER hierzu, seine im Vorfeld der Sitzung in einem persönlichen Gespräch mit Stehle und einem ihr nahestehenden Kreis gegebenen Erläuterungen zu dem geplanten Projekt seien fruchtlos geblieben: „Unsere Idee ist ein Bürgerwindrad und eine Bürger-Freiflächen-PV-Anlage, die allen Bürgern gehören würde, die sich daran beteiligen. Wer ein Windrad von Zuhause aus sieht, soll auch Mitbesitzer sein können. Große Konzerne würden außen vor bleiben.“
Mit seinem Beschluss ging der Gemeinderat Rickenbach über die Zustimmung zu einem vom Regionalverband Hochrhein-Bodensee vorgeschlagenen Vorranggebiet Hoheneck für Windräder und PV-Anlagen hinaus. Das Gremium sprach sich weiter dafür aus, das in Egg ansässige Unternehmen Hotzenpower mit der Projektierung eines Windrades auf gemeindeeigenem Grund zu beauftragen.
Bezüglich der Errichtung einer solchen Windkraftanlage, so Zäpernick, habe er gemeinsam mit seinem Görwihler Amtskollegen Mike Biehler und Hotzenpower-Geschäftsführer Karl Knecht beim Regionalverband Hochrhein-Bodensee Rücksprache gehalten. Nach dessen Auskunft stünden der Errichtung der Windkraftanlage oder einer Freiflächen-PV-Anlage keine rechtlichen Bedenken entgegen.
Zu berücksichtigen seien jedoch die vor allem im Görwihler Ortsteil Oberwihl vorgebrachten Bedenken gegen das Projekt. „Es gibt dort Befürchtungen, dass hierdurch bei Oberwihl ein zweites Windrad errichtet wird. Görwihl wird daher für seine Fläche auf dem Hoheneck dem Regionalverband einen Alternativvorschlag unterbreiten“, führte Zäpernick aus.

Hotzenpower-Geschäftsführer Manuel Knecht bezeichnete das Vorhaben vor dem Gemeinderat als „ein Kombi-Energie-Projekt, denn die Bürger der Gemeinde und Rickenbach selbst können sich daran beteiligen.“ Für die Bürger bestehe die Möglichkeit, sich ab einer Höhe von etwa 5000 Euro an der Energieanlage im Rahmen einer GmbH & Co. KG zu beteiligen. Die geschätzte Investitionssumme von rund 10 Millionen Euro sei von einer Kommune selbst nicht zu stemmen. Ausschließen könne er, dass zwischen einem etwaigen Windrad bei Oberwihl und dem auf Rickenbacher Gemarkung projektierten Vorhaben eine weitere Anlage errichtet würde.
Ausdrücklich hob Knecht die Möglichkeit zur finanziellen Beteiligung der Bürger hervor: „Es soll kein Neid aufkommen, daher das Modell der Pachtverträge mit vielen Grundstückseigentümern, die von dem Windrad betroffen wären. Dies ist jedoch noch Zukunftsmusik, gegenwärtig planen wir erst ein Windrad auf einem Gemeindegrundstück.“

Gemeinderat Matthias Vogt (FW) unterstütze im Rahmen der einvernehmlich geführten Diskussion „die Windkraft- und PV-Anlage als eine gute Idee. Ich befürworte auch, dass diese von Hotzenpower Wind und Solar initiiert wird. Es ist ein gutes Projekt, denn alle Bürger und die Gemeinde selbst können davon profitieren.“
Eine Einschätzung, der sich Gemeinderat Christian Kammerer (CDU) ausdrücklich anschloss: „Wenn eine Windkraftanlage gebaut werden soll, dann nur als Bürgerwindrad, auch da es auf einem gemeindeeigenen Grundstück errichtet würde und die Gemeinde dann mitbestimmen kann.“

Auf Nachfrage von Gemeinderat Dominik Vogt (CDU) sei laut Knecht nunmehr mit der Gemeinde Rickenbach und eventuellen weiteren Grundstückeigentümern ein Gestattungsvertrag für die Errichtung der Windkraftanlage abzuschließen, um Rechtssicherheit zu gewinnen. Von Gemeinderat Simon Häßle (WiR) zur Diskussion gestellte Umweltrisiken seien nach seiner Einschätzung mit der Anlage nicht verbunden – hierauf bezügliche Gutachten mit einem Kostenrahmen von 300.000 bis 500.000 Euro stünden jedoch noch aus.

Zu der von Gemeinderat Timo Häßle (FW) aufgeworfenen Frage nach der Rentabilität der Anlage, seien nach Auskunft von Manuel Knecht noch keine belastbaren Zahlen zu nennen: „Eines ist jedoch klar, das Projekt muss sich lohnen. Bis das benötigte Fremdkapital abgelöst ist, können etwa 4 bis 7 Prozent Rendite möglich sein, anschließend kann es in einen zweistelligen Bereich gehen.“
Gemeinderat Rainer Wehrle (Grüne) lenkte die Diskussion auf mögliche Bedenken in der Bürgerschaft: „Rickenbach hat hier eine besondere Verantwortung den Einwohnern von Rickenbach und Görwihl gegenüber. Deren Sorgen müssen ernst genommen werden.“ Knecht verwies hier auf das Ziel, „die Bürger informativ mitzunehmen und nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen. Jeder Einzelne soll jetzt auch wissen, dass noch nichts passiert ist.“
Ein Gedanke, den auch Bürgermeister Zäpernick nach Abschluss der Diskussion betonte: „Wir stehen nun am Beginn einer langen Reise. Die Bürger sollen dabei durch Bürgerinformationsveranstaltungen mitgenommen werden, aber die Gemeinde wird mit Sicherheit keinen Bürgerentscheid anstoßen.“