Herr Frank, das Jahr 2019 ist nun schon einige Wochen alt, aber dennoch die Frage, wie war der Start ins neue Jahr für Sie ganz persönlich?
Der Start ins neue Jahr war nach schönen Weihnachtsfeiertagen einerseits entspannt, aber auch schnell arbeitsreich, da gleich zwei Bürgerversammlungen – in Breitenfeld und Gurtweil – sowie der Neujahrsempfang der Stadt Waldshut-Tiengen anstanden.
Bevor wir uns den zukünftigen Herausforderungen zuwenden, würden wir von Ihnen gerne wissen, wie Sie rückblickend das Jahr 2018 bewerten. Was waren aus Ihrer Sicht die Höhepunkte, was war die größte Herausforderung?
Da wir immer noch dabei sind, Übernommenes abzuarbeiten, war es ein ereignisreiches und stürmisches Jahr. Am 1. Januar ist das Waldshuter Spital sozusagen zum „Kreiskrankenhaus“ geworden. Zum 1. Juli sind wir als Spitalfonds aus der Spitäler Hochrhein GmbH ausgestiegen. Der Gemeinderat hat sich mit der Zukunft der Bäderlandschaft beschäftigt und eine Entscheidung über die Schließung des Waldshuter Freibads getroffen, woraus sich der Bürgerentscheid ergeben hat. Neben diesen doch sehr emotionalen Themen haben wir uns mit weiteren Aufgaben befasst, etwa der Sanierung der Kolpingbrücke oder des Kornhauses. Außerdem haben wir eine richtungsweisende Entscheidung über die Zukunft der Waldshuter Stadtbücherei getroffen und den Bau des neuen Feuerwehrgerätehauses Waldshut mit Kita auf dem Dach beschlossen. All diese Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten, war eine echte Herausforderung. Denn schon jedes einzelne dieser Themen bindet viel Manpower.
Empfinden Sie den Ausgang des Bürgerentscheids zur Zukunft des Waldshuter Freibades als persönliche Niederlage?
Nein, dies empfinde ich nicht als persönliche Niederlage. Ich und viele andere im Gemeinderat hatten eine andere Sichtweise. Und unterschiedliche Sichtweisen sind die natürlichste Sache der Welt. Aber in der Demokratie entscheiden Mehrheiten. Und das hat man als Demokrat zu akzeptieren. Ich weiß, weshalb und zu welchem Zeitpunkt ich welche Haltung eingenommen habe. Und dazu stehe ich. Nämlich zu einem Zeitpunkt, als der Ausstieg aus dem Spital und das Ende der damit verbundenen Belastungen noch völlig unklar waren. Zudem gab es Druck vom Gesundheitsamt wegen der Wasserqualität.
Womit wir auch schon im Jahr 2019 wären. Wann und wie geht es mit der durch die Bürger erzwungenen Sanierung des Waldshuter Freibades los? Was wird der erste Schritt sein?
Vorletzte Woche haben wir uns mit den Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen zusammengesetzt und diese haben sich dann auch noch mit Vertretern von Pro Freibad getroffen. Außerdem hatte ich ein längeres Telefonat mit der Vorsitzenden von Pro Freibad, Christiane Maier. Hierbei haben wir alle den Wunsch nach einer gemeinsamen Vorgehensweise sowie viele inhaltliche Übereinstimmungen festgestellt. Im Februar wird der Gemeinderat eine Grundsatzentscheidung fällen.
Wie werden Sie den Verein Pro Freibad einbinden?
Vor der Gemeinderatsentscheidung wird eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Stadtverwaltung, der Stadtwerke sowie von Pro Freibad tagen. Diese befasst sich mit der Art der Sanierung des Waldshuter Freibads und dem zeitlichen Korridor. Die Arbeitsgruppe wird die Umsetzung dauerhaft begleiten. Eventuell kommt noch ein Projektsteuerer mit an Bord. Auf jeden Fall soll Pro Freibad kontinuierlich eingebunden sein.
Hätte rückblickend betrachtet der Startschuss für die Sanierung des Freibades in Tiengen nicht solange zurückgestellt werden müssen, bis das Ergebnis des Bürgerentscheids feststand? Immerhin werden jetzt zwei Millionen Euro mehr in die Sanierung in Tiengen investiert, als ursprünglich geplant, um nicht zu sagen, als notwendig?
Der Gemeinderat hätte die Sanierung des Tiengener Freibades nicht einfach stoppen können, da sie – nach einer europaweiten Ausschreibung – bereits angelaufen war und wir uns mit möglichen Schadensersatzforderungen konfrontiert gesehen hätten. Von der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Sanierungsvariante ein Bürgerbegehren noch gar nicht in Sicht war, ganz zu schweigen. Nach ausführlicher Diskussion und reiflicher Abwägung aller Für und Wider hat sich der Gemeinderat für die größere Lösung entschieden. Weil er zum damaligen Zeitpunkt noch davon ausgehen durfte, dass es in Waldshut-Tiengen künftig nur noch ein Freibad geben würde. Ein Freibad, dessen Wasserfläche im Übrigen kleiner sein würde als die bisherige.
Kommt dieser Weg nicht einer Verschwendung von Steuergeldern gleich? Dies vor allem vor der von Ihnen immer wieder hervorgehobenen schlechten Finanzlage der Stadt?
Ich kann keine Steuerverschwendung erkennen, weil wir mit der Entscheidung – ein Freibad für ganz Waldshut-Tiengen – ja gerade eine nachhaltige Lösung angestrebt haben.
Verwaltung und Gemeinderat haben mit der Verabschiedung des Haushaltsplans 2019 auch ein immenses Investitionsprogramm auf den Weg gebracht, zusätzlich muss sich die Stadt an der Sanierung des Waldshuter Krankenhauses beteiligen. Brutto soll alles zusammen mehr als 30 Millionen Euro kosten. Gibt es hierfür Zuschüsse?
Die Projekte aus den Innenstadtsanierungsprogrammen Waldshut und Tiengen sind alle bezuschusst, das Kornhaus zum Beispiel mit 53 Prozent. Beim Breitbandausbau sind von den 1,6 Millionen Euro, die dafür im aktuellen Haushalt eingestellt sind, rund eine Miollionen Euro durch Zuschüsse gedeckt – des Landes und des Bundes. Auch was die Ertüchtigung des Spitals Waldshut angeht, sind Fördermittel zugesagt. Hier wissen wir nur noch nicht, in welcher Höhe sie fließen. Gleiches gilt für das Feuerwehrgerätehaus mit Kita.
Haben Sie schon einen ersten Überblick, wie das Jahr 2018 finanziell ausgegangen ist? Ist mit einem ebenso überraschend positiven Jahresabschluss wie für 2017 zu rechnen?
Ich gehe davon aus, dass wir auch 2018 leicht besser abschließen werden als angenommen. Zum einen haben wir höhere Einnahmen bei der Gewerbesteuer, zum anderen sind einige Bauprojekte noch nicht abgeschlossen oder geschoben worden – weil wir keine Handwerker finden. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben und die gute wirtschaftliche Lage kein garantierter Zustand. Das zu erwartende bessere Rechnungsergebnis ist darum nur eine Momentaufnahme.
Wie schon 2018, soll auch 2019 viel Geld in den Brandschutz an öffentlichen Gebäuden fließen. Weshalb treiben Sie die Brandschutz-Nachrüstung so schnell voran? Könnte man hier nicht etwas langsamer vorgehen?
Wenn bei öffentlichen Gebäuden eine Nutzungsuntersagung im Raum steht, müssen wir handeln. Wir haben 120 öffentliche Gebäude in der Stadt – darunter viele Schulen und Kitas. Wenn hier etwas passiert, trägt die Verantwortung nicht der Gemeinderat, sondern der Oberbürgermeister. Die öffentliche Sicherheit geht einfach vor, insbesondere wenn es um Kinder geht.
Nach Stadthallen-Sanierung, Bäder-Sanierung und Brandschutzaufrüstung wird das geplante Feuerwehrgerätehaus mit aufgesattelter Kita das nächste große Bauprojekt der Stadt. Wann rechnen Sie mit dem Spatenstich?
Der Förderantrag hierfür wird bis zum 15. Februar gestellt werden. Ich rechne dann mit dem Spatenstich im Herbst dieses Jahres und einer Bauzeit von etwa zwei Jahren.
Sind Sie ein wenig stolz, dass das neue Feuerwehrhaus das erste große Hochbauprojekt sein wird, das ohne Altlasten allein unter Ihrer Ägide entsteht?
Mit Stolz hat das wenig zu tun. Die Maßnahme ist längst überfällig. Darum macht es mich einfach nur froh, dass wir sie nun endlich an den Start gebracht haben. Stolz bin ich höchstens darauf, wie wir das machen – nämlich in Kombination mit einer Kita auf dem Dach. Und dass sich sowohl die Feuerwehr als auch der Gemeinderat auf diese unkonventionelle Kombination eingelassen haben. Sie macht das Vorhaben zu einem echten Vorzeigeprojekt, für das uns schon heute von überall her Anfragen erreichen.
Wo und wann werden in diesem Jahr in Waldshut-Tiengen neue Bauplätze ausgewiesen?
Mit der Planung in Homburg sind wir fast durch. Dort geht es nur noch um eine Vereinbarung mit der Gemeinde Küssaberg zur Mitnutzung der dortigen Kläranlage. Spatenstich könnte schon Ende des ersten Quartals sein. Noch früher geht es wahrscheinlich mit der Wohnraumbebauung am Kaltenbach in Tiengen los. Und ich denke, dass wir auch am Bodenäcker in Gurtweil 2019 noch einen Spatenstich erleben werden. Nehmen wir die Klausenstraße in Tiengen und Höllstein in Gurtweil dazu, entstehen in unserer Stadt aktuell an fünf Stellen gleichzeitig neue Baugebiete.
Wie weit sind die Überlegungen, den Waldshuter Aarberg um ein Baugebiet „Bergstadt 4“ zu erweitern? Wo liegen die Hürden?
Die Hürden liegen in der Änderung des Flächennutzungsplans. Ich denke aber, ein Baugebiet Bergstadt 4 ist eine durchaus vorstellbare Erweiterungsmaßnahme, deren Umsetzung wir in den kommenden Jahren verfolgen sollten.
In jüngster Zeit hat die Diskussion um eine zweite Waldshuter Rheinbrücke wieder Fahrt aufgenommen. Wie sieht Ihr Beitrag aus, eines der wichtigsten Verkehrsinfrastrukurvorhaben in der Doppelstadt und für die Region – neben Elektrifizierung und A 98 – voranzubringen?
Zunächst einmal ist dies eine Angelegenheit zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland – unter Einbindung des Landes Baden-Württemberg. Aktuell läuft – im Auftrag des Landes – eine Verkehrsuntersuchung für die Grenzregion Hochrhein-Bodensee, um für die politische Entscheidungsfindung die Grundlage zu schaffen. Unsere Einflussmöglichkeiten als Große Kreisstadt beschränken sich darauf, die große Politik da, wo wir können, zu unterstützen. Etwa indem wir unserer Stadtplanung den Auftrag erteilen, dort, wo dies möglich ist, schon einmal vorzuarbeiten. Am Ende braucht es für den Bau der Brücke aber einen Staatsvertrag. Und der wird nicht in Waldshut-Tiengen ausgehandelt, sondern zwischen Bern und Berlin. Für die Große Kreisstadt ist das Projekt in jedem Fall unglaublich wichtig. Neben dem Weiterbau der A 98, der Erweiterung des Vorstauraums beim deutsch-Schweizer Zollhof und der Elektrifizierung der Hochrheinbahn ist es wahrscheinlich das bedeutendste Verkehrsprojekt überhaupt.
Wird die Waldshuter Plattform den erhofften Erfolg für einen zügigen Weiterbau der A 98 bringen?
Ich bin kein Hellseher, aber ich bin zuversichtlich, dass es so kommen kann. Ziel ist es, in der Region Einigkeit zu erzielen – hinsichtlich der Trassenführung. Gelingt das, kann das den Prozess beschleunigen. Gelingt das nicht, wird es ihn eher bremsen. In jedem Fall baut am Ende nicht die Region die Autobahn, sondern der Bund.
Glauben Sie, dass die Übertragung der Autobahn-Planung vom Regierungspräsidium an die Deges tatsächlich den gewünschten Erfolg bringen wird?
Ich denke, dass die Deges über die nötige personelle Ausstattung und Erfahrung verfügt, um hier erfolgreich sein zu können. Ob dies am Ende so sein wird, hängt auch ein Stück weit davon ab, wie sie dabei von der Region unterstützt wird.
Ende vergangener Woche gab es eine große öffentliche Informationsveranstaltung zum Schulstandort Tiengen. Am kommenden Montag berät der Gemeinderat darüber. Dies allerdings nichtöffentlich, warum? Was spricht gegen eine öffentliche Beratung?
Am Montag wird der Gemeinderat das Thema nur vorberaten – und alle betroffenen Gruppierungen werden in der Sitzung anwesend sein und nochmals gehört werden. Die Entscheidung wird dann öffentlich sein – und um die geht’s ja. Ich bin der Auffassung, dass es dem Gemeinderat erlaubt sein muss, schwierige und emotionale Themen zunächst auch einmal erst intern zu diskutieren – um in alle Richtungen offen sein zu können. Dies gerade auch, weil erst seit kurzem eine dritte Lösungsvariante im Raum steht, nämlich ein Standorttausch der beiden Schulen.
Das Motto des Neujahrsempfangs lautete „Blick nach vorn“. Wie sieht Ihr persönlicher Blick in die Zukunft aus? Was erwarten Sie persönlich vom Jahr 2019?
Von Amts wegen erwarte ich, dass wir laufende und gerade angeschobene Projekte zum Abschluss oder weiter voranbringen – etwa das Kornhaus, das Freibad Tiengen, das Freibad Waldshut, das Klettgau-Carree, unsere neuen Baugebiete oder das Feuerwehrgerätehaus Waldshut mit Kita. Auch die Kommunalwahl im Mai wird uns beschäftigen – und ich bin gespannt, wie sie ausgeht. Was das Private angeht, bleibt der Wunsch, so viel gute Zeit wie möglich mit meiner Familie verbringen zu können. Und mit guten Freunden.
Werden Sie bei den Kommunalwahlen im Mai 2019 für den Waldshuter Kreistag kandidieren? Und wenn ja, als CDU-Mitglied auch auf der Liste der CDU?
Ja, ich werde für einen Sitz im Kreistag kandidieren, weil es – aus meiner Sicht – für einen Oberbürgermeister Pflicht ist, die Interessen seiner Stadt auch im Kreistag zu vertreten. Aufgrund meiner Parteizugehörigkeit werde ich das naheliegenderweise auf der Liste der CDU tun.
Zur Person
Philipp Frank ist 50 Jahre alt und wurde am 13. September 2015 zum neuen Oberbürgermeister der Stadt Waldshut-Tiengen gewählt. Der Betriebswirt und Geisteswissenschaftler übernahm am 20. Oktober 2015 das Amt als Nachfolger von Martin Albers. Frank wurde in Freiburg geboren und lebte vor seinem Amtsantritt mit seiner Familie in Villingen-Schwenningen. Das CDU-Mitglied ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Hobbys sind Radfahren und Laufen.