Guten Tag Herr Dr. Eglau, wie lange schlafen Sie nachts?

Ich schlafe im Schnitt zwischen sieben und siebeneinhalb Stunden pro Nacht. So lange muss ein Gehirn auch tatsächlich schlafen, damit die Leistungsfähigkeit erhalten bleibt. Kinder und Jugendliche benötigen deutlich mehr Schlaf, bei älteren Menschen nimmt der Tiefschlafanteil ab, weshalb sie zusätzlich Tagesnickerchen einlegen. Auch Frauen schlafen Studien zufolge etwa zwanzig Minuten länger als Männer.

Woran liegt das?

Sicherlich ist der Unterschied hormonell bedingt. Es ist auch kein Geheimnis, dass Frauen durchschnittlich deutlich länger leben als Männer. Ein Grund ist der längere Schlaf.

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Warum ist Schlaf so wichtig?

Eine der Hauptfunktionen des Schlafes ist die Stärkung des Immunsystems. Dieses ist im Schlaf am aktivsten. Wenn Menschen über viele Jahre hinweg stark von ihrer idealen Schlafzeit abweichen, kann der Körper sich nicht angemessen regenerieren. Diese Menschen haben häufig eine um etliche Jahre verkürzte Lebenserwartung. Obwohl dies durch Studien eindrucksvoll belegt ist, vernachlässigt das allerdings unsere moderne Leistungsgesellschaft.

Ist die Sommer- oder die Winterzeit gesünder für den Menschen?

Eindeutig die Winterzeit. Sie entspricht am ehesten unserem natürlichen Biorhythmus. In den Siebzigerjahren wurde nach der Ölkrise 1973 die Sommerzeit eingeführt. Ziel war es, das Tageslicht besser zu nutzen und so Energie einzusparen. Die Stunde, die uns jetzt am Sonntag gestohlen wird, wirkt aber wie ein Mini-Jetlag auf unseren Körper. Müdigkeit, Gereiztheit, Leistungsabfall und Konzentrationsstörungen sind die Folgen. Kein anderes Lebewesen der Welt würde sich selbst eine Stunde Schlaf rauben. Das macht nur der Mensch.

Was passiert bei der Zeitumstellung in unserem Körper?

Cortisol ist unser Leistungshormon, um Mitternacht ist der Spiegel sehr gering. Ab drei Uhr morgens beginnt der Cortisolspiegel, anzusteigen, und bereitet uns auf den Tag vor. Gegen fünf bis acht Uhr morgens sind wir deshalb am leistungsfähigsten. Das Hormon Melatonin hingegen ist der Gegenspieler und ist wichtig, um einzuschlafen. Es wird bei Dunkelheit ausgeschüttet und durch Helligkeit blockiert.

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Bei der Zeitumstellung am Sonntagmorgen hat das Cortisol noch eine relativ geringe Konzentration, wir sind also noch nicht richtig leistungsfähig. Das Melatonin hingegen ist noch zu hoch konzentriert und macht uns müde. Dementsprechend fühlen wir uns.

Also weg mit der Sommerzeit?

Ja, die gehört abgeschafft. Das sieht vermutlich jeder Schlafforscher der Welt so, denn die Winterzeit ist einfach am gesündesten für den Menschen. Eine US-amerikanische Studie wies beispielsweise einen markanten Anstieg von Herzinfarkten um 25 Prozent am Montag nach der Umstellung auf. Eine britische Studie wies einen deutlichen Anstieg von Verkehrsunfällen nach, insbesondere bei Motorradfahrern. Wir erkaufen uns diese Sommerzeit also mit sehr viel Leid.

Welche Folgen hat die Zeitumstellung also für den Menschen?

Man muss differenzieren. Ein gesunder Mensch mittleren Alters ist für wenige Tage insofern beeinträchtigt, als dass er etwas müder und leichter reizbar ist oder sich möglicherweise schlechter konzentrieren kann. Für ältere Menschen, Kinder oder Jugendliche ist die Umstellung hingegen sowohl körperlich als auch seelisch eine erhebliche Zusatzbelastung. Bei diesen Gruppen kann die Umgewöhnung bis zu zwei Wochen dauern. Dasselbe gilt für die 30 Prozent der Menschen in Deutschland, die ohnehin unter Schlafstörungen leiden.

Wie kann man sich auf die Zeitumstellung vorbereiten?

Man kann beispielsweise sieben Nächte vor der Umstellung jeweils zehn Minuten früher schlafen gehen. Es kann auch reichen, am Wochenende der Umstellung jeweils eine halbe Stunde früher einzuschlafen. So kann der Körper das Schlafdefizit besser ausgleichen.

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Man muss hinzufügen, dass sechzig Prozent der Menschen auf der Welt Spättypen sind. Sie gehen zwischen dreiundzwanzig und vierundzwanzig Uhr schlafen und wachen morgens dafür etwas später auf. Diese Menschen haben ihr absolutes Leistungshoch deswegen auch später am Tag. Den Spättypen fehlt die Stunde Schlaf morgens eher als den Frühtypen. Denn diese schlafen hingegen bereits gegen einundzwanzig oder zweiundzwanzig Uhr, wachen dafür aber früher auf und erreichen demnach früher ihr Leistungsmaximum.

Hatten Sie schon einmal Schlafstörungen?

Es gibt keinen Menschen, der noch nie an Schlafstörungen gelitten hat, das schließt auch Somnologen ein. Kurzzeitige Schlafstörungen, beispielsweise vor einer wichtigen Prüfung oder bei einem sehr belastenden Lebensereignis, gehören zum Menschen dazu. Davon abzugrenzen sind über Wochen oder gar Monate andauernde Schlafstörungen, die mit einem hohen Leidensdruck einhergehen.

Welche Folgen haben Schlafstörungen?

Chronische Schlafstörungen wirken sich in vielfältiger Weise negativ aus. Menschen, die schlecht schlafen, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angsterkrankungen zu entwickeln. Neunzig Prozent der Depressionen beginnen mit Ein- und Durchschlafstörungen. Nächtliche Atemstörungen sind weit verbreitet und führen häufig zu Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall. Das Syndrom der unruhigen Beine geht mit schweren Ein- und Durchschlafstörungen und Tagesschläfrigkeit einher.

Was macht eine Nachtschicht mit dem Menschen?

Mittlerweile ist ein Drittel der Erdbevölkerung durch die Globalisierung in Schichtdiensten tätig. Bei diesen Menschen zeigt sich eine erhöhte Entwicklung der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Chronische Nachtschichtarbeiter haben zudem ein deutlich erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken. So eine Nachtschicht ist eine enorme Belastung für den Organismus, denn der Tagschlaf kann niemals so erholsam sein, wie der Nachtschlaf. Der für die Regeneration so wichtige Tiefschlafanteil ist am Tag niedriger, der Schlaf deshalb wesentlich störanfälliger.

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Was ist mit Schlafmedikamenten?

Viele Menschen greifen zu Schlaftabletten, wenn sie nicht den Schlaf bekommen, den sie bräuchten. Das ist allerdings nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Denn Schlaftabletten schwächen die Muskulatur, es können vermehrt Atemaussetzer auftreten und es kann sich eine Abhängigkeit entwickeln. Schlafmedikamente verschlechtern also die Schlafqualität, anstatt sie zu verbessern. Sehr viel sinnvoller ist es, der eigentlichen Ursache der Schlafstörung auf den Grund zu gehen, denn es gibt 90 verschiedene Schlafstörungen, die entsprechend unterschiedlich behandelt werden sollten.

Kann ein Mittagschlaf hingegen eine Alternative sein?

Der sogenannte Powernap ist etwas ganz Hervorragendes. Die Leistungshormone im Körper nehmen etwa zwischen zwölf und vierzehn Uhr ab, was die Produktivität mindert. Ein kurzer Mittagschlaf kann diese wieder steigern. Er sollte allerdings nicht länger als 20 Minuten dauern, da das Gehirn sonst in den Tiefschlaf geht. Man würde sich danach noch erschöpfter fühlen als zuvor, da der Körper sehr mühsam wieder den Kreislauf, den Blutdruck und die Körpertemperatur hochfahren müsste.