Dieses Thema birgt Diskussionsstoff: Der Landkreis Konstanz möchte in Gottmadingen Geschwindigkeitsmessanlagen aufstellen und hat die Gemeinde gebeten, mögliche Standorte zu benennen. Doch solche Anlagen können schnell zu einem Glaubenskrieg in der Bevölkerung führen.
Während die Einen jede Menge solcher Messgeräte aufstellen möchten, würden die Anderen lieber ganz darauf verzichten. Einen Mittelweg gibt es kaum. Hinzu kommt, dass die Gemeinde Gottmadingen gar nicht Herrin des Verfahrens ist, wie Bürgermeister Michael Klinger im Ausschuss für Technik und Umwelt erklärte. Umso dringender war sein Appell an die jeweiligen Vertreter der Fraktionen, die Diskussion in den eigenen Reihen zu führen und das Ergebnis mit einer Stimme im Gemeinderat vorzutragen. Denn über nichts könne man so lange und unfruchtbar streiten wie über den Sinn von Geschwindigkeitsmessanlagen, so Klinger.
Bußgelder streicht der Landkreis ein, nicht die Gemeinde
Bisher gibt es in Gottmadingen und den Ortsteilen keine Blitzanlagen. Der Grund liege vor allem im System, wie der Bürgermeister erklärt. Bisher war es nämlich Sache der Gemeinden, diese Blitzerkästen oder -stelen zu kaufen und auf dem Gemeindegebiet aufzustellen. Die Bußgelder kassiere hingegen der Landkreis, was zu nicht unerheblichen Einnahmen führt. Im Landkreis Konstanz sind es immerhin zwei Millionen Euro, im Bodenseekreis sogar 5,01 Millionen Euro.
Anders ist es bei den großen Kreisstädten wie Singen mit einer eigenen Straßenverkehrsbehörde. Dort fließen die Bußgelder direkt in die Stadtkasse, was aus Sicht einiger Gottmadinger Räte als „reine Abzocke“ bezeichnet wird. Gegenüber Friedrichshafen mit 2,35 Millionen Euro kassierte Singen mit 560 000 Euro eher bescheiden ab.
Weil der Landkreis jetzt eine externe Firma mit der Anschaffung der Blitzgeräte beauftragen will, könnte sich die Gemeinde Gottmadingen diese Kosten sparen. Allerdings werde sie auch weiterhin nicht von den Einnahmen profitieren. Aber das ist ja auch nicht der Sinn dieser Anlagen, wie Norbert Fahr (FWG) erinnerte. Die Blitzgeräte seien in erster Linie dazu da, um Gefahrensituationen durch Raser zu verhindern.
Auch in Gottmadingen sind Raser unterwegs
Denn auch in Gottmadingen wird an manchen Stellen zu schnell gefahren. Hier nennen die Räte vor allem die Ortseingänge, wie zum Beispiel in der Hilzinger Straße. Dort seien zwar 50 Stundenkilometer erlaubt; oft würden aber 60 bis 80 Kilometer pro Stunde gemessen, weiß Norbert Fahr. Auch Michael Klinger geht es nicht darum, Geld zu kassieren, sondern darum Gefahrenpotenzial zu verringern.
Aus Sicht der Verwaltung gibt es in Gottmadingen laut Statistik keine besonderen Unfallschwerpunkte im Ort. „Im vergangenen Jahr wurden 21 Unfälle registriert“, erklärt Heinz-Dieter Restle, der sich von Seiten des Gottmadinger Tiefbauamtes mit den möglichen Standorten von Blitzersäulen beschäftigt. „Elf dieser Unfälle waren Radunfälle und davon wiederum neun ohne weitere Beteiligung.“
Ganz verschließen wollen sich die Gemeinderäte dennoch nicht. Sie nannten einige Punkte, an denen sich sich eine Geschwindigkeitsmessgerät vorstellen können. Die meisten Beschwerden kämen von Bürgern aus dem Steiner Weg. Beim Höhenfreibad steht auch heute schon regelmäßig ein mobiles Blitzgerät. In der Randegger Straße am Ortseingang Gottmadingen sind viele Autofahrer zu schnell. Und auch die Bietinger Zollstraße wird als Schleichweg genutzt, wenn die B 34 vor dem Zoll verstopft ist.
Auch am Ortseingang von Randegg werde in der 30er-Zone zu schnell gefahren. Alle Ortseingänge seien für solche Messgeräte prädestiniert, ist Markus Romer (FWG) überzeugt, während Angelika Möll (CDU) grundsätzlich gegen Blitzer ist. „Wir haben schon überall genug davon“, sagt sie. In der Gemeinde und ihren Ortsteilen gibt es mittlerweile auch zahlreiche Smileys, die den Autofahrern die Geschwindigkeit auf einer Leuchttafel anzeigen.
Für Michael Klinger handelt es sich um ein „richtiges Aufregerthema“. Tatsächlich ist die Wahrnehmung von Geschwindigkeit und Lärm sehr subjektiv. So hat sich zum Beispiel Karl Beschle mit der Beschwerde an die SÜDKURIER-Redaktion gewandt, dass in Randegg nicht ambitioniert genug gegen Raser vorgegangen werde. Seit Januar 2021 ist Randegg Teil des Lärm-Aktionsplans und damit ganztägig Tempo-30-Zone.
Zwei Radarmessungen im Dorf durch das Landratsamt zeigen jedoch für 2022, dass sich die meisten Autofahrer recht diszipliniert verhalten. Wie Heinz-Dieter Restle auf SÜDKURIER-Anfrage mitteilt, fuhren in Richtung Ortsmitte von 1123 nur 19 Verkehrsteilnehmer zu schnell. Wobei der schnellste 47 Kilometer pro Stunde fuhr. In Richtung Petersburg fuhren von 1334 Autos 52 schneller als 30 Kilometer pro Stunde. Das schnellste Fahrzeug war mit 48 Kilometer pro Stunde unterwegs.
Im Dorf zeigt auch ein Smiley die Geschwindigkeit an, so dass man gegebenenfalls noch sein Tempo anpassen kann. „In beide Fahrtrichtungen konnte eine spürbare Abnahme an Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt werden“, erklärt Heinz-Dieter Restle.