Freispruch in zwei Fällen, Schuldspruch in zwei weiteren Fällen: Das Landgericht Konstanz hat einen 29-Jährigen, dem die Vergewaltigung von vier Frauen in den Jahren 2015 bis 2019 zur Last gelegt wurde, zu vier Jahren Haft verurteilt.

29-Jähriger hat Situation ausgenutzt

In zwei Fällen habe der Beschuldigte nach Auffassung der Strafkammer die Situation ausgenutzt und sich an Frauen vergangen, die durch Drogen oder Alkohol berauscht gewesen seien, legte der Vorsitzende Richter Joachim Dospil bei der Urteilsverkündung dar. Beide Frauen hätten in wachen Momenten deutlich Nein zu Sex mit dem Mann gesagt.

Es gilt der Nein-heißt-Nein-Grundsatz

Seit der Reform des Strafrechts bei Sexualdelikten im Jahr 2016 gilt in Deutschland der Nein-heißt-Nein-Grundsatz. Dieser besagt, dass sich schon derjenige strafbar macht, der gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen vornimmt oder eine Lage ausnutzt, in der eine Person zu einem Nein nicht mehr fähig ist. In der Schweiz wird über den Nein-Grundsatz gerade diskutiert. Dort liegt eine Straftat erst bei der Anwendung von körperlicher oder psychischer Gewalt vor.

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Auffallend junge und psychisch labile Opfer

Im Konstanzer Verfahren habe keiner der Zeugen von Gewalt oder Brutalität durch den Angeklagten berichtet, fasste Richter Dospil zusammen. Der Beschuldigte habe sich aber mit auffallend jungen, psychisch labilen Frauen umgeben, die Schwierigkeiten gehabt hätten, ihre Interessen zu vertreten. „Sie konnten sich nicht wirklich wehren“, sagte er. In einem Fall sei die Vergewaltigte gerade 15 Jahre alt gewesen.

Gericht: Frauen sagen die Wahrheit

Der Mann habe das Vertrauen ausgenutzt, das die Frauen in ihn gesetzt hätten. Die Kammer sei überzeugt, dass alle vier Frauen die Wahrheit gesagt haben, so der Vorsitzende Richter. In zwei Fällen aber seien sich diese selbst nicht sicher gewesen, ob und in welcher Form es Zeichen des Nichtwollens gegeben habe.

Richter: Chance einer Haft nutzen

Richter Dospil ermunterte den 29-Jährigen, die Chancen zu ergreifen, die eine Haftstrafe auch biete: Er könne mithilfe eines Psychologen persönliche Probleme angehen. Laut psychologischem Gutachten habe der 29-Jährige große Schwierigkeiten, sich in andere einzufühlen. Im Verfahren hatte der Angeklagte alle Vorwürfe abgestritten und behauptete, er habe mit allen vier Frauen einvernehmlich Sex gehabt.

29-Jähriger nimmt Urteil an

Zum Abschluss aber nahm er noch im Gerichtssaal das Urteil an. Ingo Lenßen, der eines der Opfer anwaltlich vertrat, wertete dies als „gutes Zeichen für die Opfer.“ Revision könnte nun noch einer der Nebenklägervertreter einlegen. Der Prozess ist weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt worden.