Fast jeder Tourist bleibt stehen, um das Gebäude mit seinen interessanten Malereien an den Fassaden zu fotografieren. Das Hotel Graf Zeppelin am Stephansplatz fällt nicht nur wegen seiner Größe sondern vor allem wegen der Fülle an farbigen Bildern auf. Aber eben diese Malereien sind gefährdet, denn der Putz bröckelt ab. Schon jetzt gibt es bedenkliche Leerstellen. Naht die Rettung?

An vielen Stellen sind die Fassadenmalereien beschädigt.
An vielen Stellen sind die Fassadenmalereien beschädigt. | Bild: Scherrer, Aurelia

Seit vier Jahren beschäftigt sich Bashkim Beshiri, der im Jahr 2017 das Gebäude gekauft hat, mit dem Gedanken, die notwendige Sanierung und Restaurierung anzugehen. Zwei Jahre lang hat nun Architekt Günter Strohmeier an der Planung in Abstimmung mit dem Denkmalschutz gearbeitet und die entsprechenden Bauanträge wurden zwischenzeitlich eingereicht. Jetzt warten alle auf das Go seitens der Stadt, damit die Arbeiten im Frühjahr 2024 beginnen können. Einig sind sich alle Beteiligten: Es besteht dringender Handlungsbedarf.

Warum bröckelt der Putz?

„Das Dach ist an den Enden undicht und daher kommen die Schäden“, sagt Günter Strohmeier. Dasselbe Problem gebe es bei den Verblendungen der Kehlen und Graten. „Ein großes Problem sind auch die Fallrohre, die um das Gesims führen. Da läuft Wasser raus“, erklärt Architekt Daniel Bernthaler, Inhaber von dbarchitecture, der bei diesem Projekt mit Strohmeier zusammenarbeitet.

Die Sanierung und Restaurierung der Fassade des Hotels Graf Zeppelin wird aufwändig, sind sich (von links) die Denkmalschützer Nora ...
Die Sanierung und Restaurierung der Fassade des Hotels Graf Zeppelin wird aufwändig, sind sich (von links) die Denkmalschützer Nora Bruske und Frank Mienhardt, Architekt Daniel Bernthaler, Hauseigentümer Bashkim Beshiri und Restaurator Stephan Bussmann einig. | Bild: Scherrer, Aurelia

„Die Putzschäden sind kräftig und fallen wirklich auf“, merkt Restaurator Stephan Bussmann an. Die Feuchtigkeit komme von hinten und drücke Dellen in den Putz, der dann abbröckele. Deshalb müsse das Gebäude von oben nach unten saniert werden.

Das heißt: Erst erfolge die Sanierung des Dachs und der Verblendungen, um die Ursache zu beheben. Dann erst kämen der Putz und die Malereien an die Reihe. Auch der Zustand der Natursteine würde in diesem Zuge beurteilt. Bei all diesen Arbeiten handle es sich um Denkmalschutzmaßnahmen, wie Günter Strohmeier erklärt.

Das Dach und die Fallrohre sind undicht. Die Nässe ist der Grund, warum der Putz bröckelt.
Das Dach und die Fallrohre sind undicht. Die Nässe ist der Grund, warum der Putz bröckelt. | Bild: Scherrer, Aurelia

Die Restaurierung ist aufwändig

Das Problem bei dieser Fassade: „Der Putz ist relativ dünn auf einem glatten Untergrund“, schildert Stephan Bussmann. Um die Wandbilder zu sichern, würden kleine Löcher in den Putz gebohrt, der dann mit mineralischem Injektionsmörtel hinterfüllt werde. Nach dieser Sicherungsmaßnahme würden die Randausbrüche gefestigt.

Und was passiert mit jenen Stellen, wo bereits Putzstücke fehlen? „Wir überlegen noch, wie wir mit den Fehlstellen umgehen“, so Bussmann. Entweder würden sie nur einfarbig gemalt oder die Motive aufwändig ergänzt. „Retusche oder eine andere Möglichkeit: Das werden wir wohl situativ entscheiden“, fügt Denkmalschützer Frank Mienhardt an.

Was passiert mit den großflächigen Schäden?
Was passiert mit den großflächigen Schäden? | Bild: Scherrer, Aurelia

Mienhardt spricht über das „auffällige Schadensbild“, das geprägt sei durch eine Restaurierung Anfang der 1970er Jahre. „Bei den auffälligen Fehlstellen und intakten Bereichen stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, zu retuschieren“, denkt er laut nach. Bei diesem Bauwerk sei die aufwändigere Variante überlegenswert.

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Der Neubau ist über 100 Jahre alt

Es ist ein interessantes Haus, wenngleich es gar nicht so alt ist, wie viele glauben. „Der Vorgängerbau ist 1903 abgebrannt“, berichtet Frank Mienhardt dem SÜDKURIER. Von diesem sei nichts mehr erhalten. „Bereits der Altbau wurde 1874 als Gasthaus geführt“, erzählt er.

1904/1905 sei dann dieser Neubau entstanden, und zwar als Gasthaus mit Hotel. Das ist übrigens an der Fassade ablesbar, denn hier ist in einem wappenartig gemalten Bild „Graf Zeppelin Gaststätte“ zu lesen; darunter – in Stein gehauen – „Zum deutschen Haus“.

Das Gebäude wurde anno 1904/05 als Gaststätte mit Hotel gebaut.
Das Gebäude wurde anno 1904/05 als Gaststätte mit Hotel gebaut. | Bild: Scherrer, Aurelia

Die Fassadenmalereien dienten in gewisser Weise als Werbung, so Mienhardt. „Bei so einem hohen Gebäude war die Malerei sehr bedeutsam für ein Gasthaus.“ Die Bildmotive seien eine Mischung aus alter Reichsstadt-Idee mit Mittelalter-Zitaten, so der Denkmalschützer, der auf das Konstanzer Wappen sowie den Reichsadler hinweist. Diese sind auf der Ostseite des Gebäudes zu sehen.

Solche Deko-Malereien habe es um 1900 häufig gegeben, aber leider seien zwischenzeitlich nur noch wenige Fassadenmalereien erhalten. Was ist das Besondere an den Wandgemälden des Hotels Graf Zeppelin? „Dass sie noch da sind“, formuliert Frank Mienhardt schlicht und ergreifend. Die Bahnhofsstraße sei früher mit bemalten Häusern durchsetzt gewesen, gibt er ein Beispiel.

Die Sanierung und Restaurierung der Fassade wird aufwändig, denn das Hotel Graf Zeppelin ist sehr groß.
Die Sanierung und Restaurierung der Fassade wird aufwändig, denn das Hotel Graf Zeppelin ist sehr groß. | Bild: Scherrer, Aurelia

Warum sind sie verschwunden?

Die Fassadenmalereien waren seinerzeit gerade einmal 30 bis 50 Jahre alt, hätten aber auch schon einer Restaurierung bedurft. „In den 1930er Jahren war man eher auf Masse und Schnelligkeit getrimmt“, meint Mienhardt, weshalb sich Bauherren und Handwerker dann auf die einfachste Art der Instandsetzung entschieden und die Häuser letztlich einfarbig anstrichen. „Mangelnde Wertschätzung“, merkt der Denkmalschützer nur an.

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