Das Eckhaus am Obermarkt neben dem Hotel Barbarossa kennt jeder. Die meisten Touristen zücken umgehend den Fotoapparat, um die Fassadengemälde am Haus zum Hohen Hafen zu fotografieren. Aber: „Der Sandstein um die Fenster ist in einem etwas erbärmlichen Zustand und hinter dem Putz bilden sich Risse“, schildert Miteigentümerin Irene Heiland.
Für Irene Heiland ist klar, dass mit der denkmalgeschützten Fassade etwas passieren muss, auch wenn „das Gemälde selbst gar nicht so alt ist“, wie sie sagt. Es wurde in den Jahren 1905 und 1906 gemalt, erklärt Historiker Daniel Groß.

Wann das Haus zum Hohen Hafen erbaut wurde, kann auch er nicht sagen. „Wahrscheinlich im 13. Jahrhundert“, mutmaßt er. Sicher ist aber: „Das erste Mal ins Licht der Geschichte rückt es mit dem Konzil und der Belehnung im Jahr 1417, die auf einem der Bilder dargestellt ist“, erklärt Daniel Groß. Hierbei handelt es sich um ein berühmtes Ereignis, welches auch Ulrich von Richental in seiner Chronik festhielt.
Warum wurde das Haus bemalt?
Kaiser Wilhelm I. (Kaiser von 1871 bis 1888) besuchte – wie auch sein Enkel Wilhelm der II. (Kaiser von 1888 bis 1918) – häufiger Konstanz, da sein Schwiegersohn 1853 die Insel Mainau gekauft hatte. Dem Kaiser zu Ehren wurde ein lebensgroßes Gemälde mit Darstellung von seinem Ahnen von anno 1417 angefertigt und beim Haus zum Hohen Hafen präsentiert. Spontanaufträge an Maler gab es 1871 und 1888, weiß Daniel Groß.

Wahrscheinlich war man es in Konstanz leid, immer wieder Interims-Bilder anzufertigen. Fakt ist jedenfalls: Karl von Häberlin (1832 – 1911) wurde beauftragt, die Fassade des Hauses zum Hohen Hafen zu bemalen, um eben jenes historisch belegte Ereignis von 1417 „auf Ewigkeit auf die Fassade zu bannen“, so Groß.
Was Daniel Groß wirklich bemerkenswert findet: „Der 73-jährige Häberlin steigt aufs Gerüst und malt. Er war ein Greis, der da oben stand.“ Der Historiker zollt dem Maler hierfür posthum noch aller größten Respekt. Häberlin hat im Laufe seines Lebens viel geleistet: Er zeichnet sich unter anderem für die Bilder im Kreuzgang des Inselhotels verantwortlich.
Details zum Comicstrip
„Er war fleißig und sehr gut“, wertet Daniel Groß. Was ihn besonders fasziniert: „Er erzählt mit seinen Bildern Geschichte.“ Die Fassadenmalerei am Obermarkt stelle gleichwohl eine Besonderheit dar, denn: „Das ist narrative Malerei wie im Comic.“
Rechts unten beginnt der historische Comicstrip mit einer Szene beim Haus zum Hohen Hafen im Jahr 1415. Folgt man den Bildern entgegen dem Uhrzeigersinn, kommt das Bildnis des Konzil-Chronisten Richental, dann die Belehnungsszene 1417 im Großformat; zudem würdigt er die Kaufmannsfamilie Rahn, die zwischenzeitlich Eigentümer des Hauses war, um auch den Besuch des Kaisers Wilhelm II. zu belegen.

Ist die Malerei für die Ewigkeit?
Obgleich die Wandmalereien gerade einmal gute hundert Jahre alt sind, nagt schon wieder der Zahn der Zeit an dem Kunstwerk, das in den 1960er Jahren das letzte Mal ertüchtigt wurde, wie Irene Heiland sagt. „Es muss restauriert werden“, befand sie, die sich gemeinsam mit den Miteigentümern sofort kümmerte.
„Fünf Jahre hat sich das hingezogen. Es war ein langer Kampf mit dem Landesdenkmalamt“, schildert sie. Dabei sei der Eigentümergemeinschaft daran gelegen, „dass es ähnlich wie das Hohe Haus restauriert und damit für die Zukunft gesichert wird“, so Heiland.
Doch was lange währt, wird endlich gut. „Am 29. Juli kam der Bescheid vom Landesdenkmalamt“, berichtet Irene Heiland. Da habe die Zusage von der Denkmalstiftung Baden-Württemberg schon vorgelegen, welche für die aufwändige Restaurierung der Fassade einen Zuschuss von 40.000 Euro zusagt.
Die Denkmalstiftung fördert das Unterfangen
„Mit seiner großflächigen Bemalung gehört das Haus zu den auffälligsten Kulturdenkmalen in der Konstanzer Innenstadt“, so Stefan Köhler, Geschäftsführer der Denkmalstiftung Baden-Württemberg, in einer Pressemitteilung. „Seine Außengestaltung prägt nicht nur das Stadtbild, sondern ist auch von heimatgeschichtlicher Bedeutung: Die Malereimotive beziehen sich direkt auf die Haus- und Ortsgeschichte. Ihr Erhalt ist zweifellos auch von öffentlichem Interesse“, würdigt er.
Nach einer Reinigung sollen Risse gekittet, Hohlstellen hinterspritzt, Farbschichten gefestigt und Fehlstellen retuschiert werden. Die umfassende Restaurierung schließe die Sandsteinelemente der Fenstergewände ein, erläutert die Denkmalstiftung.
„Es ist schwierig, einen Gerüstbauer zu bekommen. Und im Herbst bei der Feuchtigkeit sollte man Sandstein nicht bearbeiten“, erklärt Irene Heiland. Gleich Anfang kommenden Jahres solle es Abstimmungen zwischen dem Restaurator und dem Gerüstbauer geben. „Es gibt ein Riesengerüst“, stellt Irene Heiland fest. Sie geht davon aus, dass mit den Arbeiten im April oder Mai 2024 begonnen wird. Sie kalkuliert sechs bis acht Wochen bis zur Fertigstellung.