Sollten die Stadtwerke Konstanz möglicherweise das Ziel eines Anschlags werden? Das ist bislang unklar. Die Polizei sagt: Eine konkrete Gefahr bestand nicht. Trotzdem herrscht Verunsicherung. Geschäftsführer Norbert Reuter bestätigte dem SÜDKURIER, dass ein Mann ermittelt und von der Polizei befragt wurde, nachdem er den Bereich des dortigen Gasbehälters ausgespäht hatte. Wenn in der großen Kugel ein Gemisch aus Erdgas und Luft explodiert wäre, hätte dies, wie Insider bestätigen, katastrophale Folgen für die Stadt haben können.

Stadtwerke-Chef setzt auf Transparenz

Reuter erklärte auf Anfrage, man nehme den Vorfall „sehr ernst“. Von einem möglichen terroristischen Hintergrund sei ihm nichts bekannt, sagte der Geschäftsführer der Stadtwerke, er wolle darüber auch keine Spekulationen anstellen. Später äußerte sich die Polizei ähnlich. Es sei „nicht bekannt, was der Mann auf dem Gelände wollte“, so eine Sprecherin.

Ein vergleichbarer Zwischenfall im Bereich der kritischen Infrastruktur wurde in Konstanz bisher nicht bekannt, die Beteiligten beschäftigen sich intensiv damit. Stadtwerke-Chef Norbert Reuter stellte am Mittwoch, 26. Juni, umgehend größtmögliche Transparenz her und erklärte auch, die sicherheitsrelevanten Bereiche würden nun noch besser überwacht. Die Polizei bestätigte am Vormittag in einer ersten Stellungnahme einen Einsatz, nannte zunächst aber noch keine Details.

Das könnte Sie auch interessieren

Am Nachmittag gab Katrin Rosenthal, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz, auf SÜDKURIER-Nachfrage an, dass am Donnerstag, 20. Juni, „um die Mittagszeit eine Person über den Zaun des Geländes der Stadtwerke im Bereich des Gaskessels geklettert und auf dem Gelände herumgelaufen“ war. Aus welchen Gründen sich der Mann Zugang zum Gelände verschaffte und was er dort vorhatte, sei noch unklar. Hinweise auf einen möglichen Anschlag lägen laut Polizeiangaben nicht vor.

Der Eindringling ging selbst zur Polizei – wegen einer anderen Sache

Allerdings gibt es auch einige Unklarheiten in dem Vorgang. So sei der 31-jährige Mann, der in Konstanz gemeldet ist, „zu einem späteren Zeitpunkt aus einem anderen Grund selbstständig zum Polizeirevier“ gekommen, heißt es laut Polizeiangaben. Die dortigen Beamten hätten den Mann daraufhin aus den Aufnahmen der Überwachungskameras wiedererkannt. Aus welchem Grund der 31-Jährige zum Polizeirevier kam, war zunächst offen. Auch dazu, ob der Mann bereits zuvor polizeibekannt war, machte die Behörde auf SÜDKURIER-Nachfrage keine Angaben.

„Er wurde letztlich wegen Hausfriedensbruch vorläufig festgenommen und nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen (Belehrung, Vernehmung, erkennungsdienstliche Behandlung) auf die Straße entlassen“, so Katrin Rosenthal. In Haft befand und befindet sich der 31-Jährige demnach also nicht.

Besondere Sicherheitstechnik zeichnet Vorfall auf

Nach Informationen des SÜDKURIER gibt es Aufnahmen aus Überwachungskameras, die einen Mann zeigen, wie er im Bereich des kugelförmigen, oberirdischen Gasbehälters etwas auszukundschaften scheint. Norbert Reuter bestätigte, dass die besondere Sicherheitstechnik in dem Bereich den Vorfall aufgezeichnet habe.

Hier lagert Erdgas: Der Behälter der Stadtwerke wird streng überwacht. Denn mit Luft entsteht ein explosives Gemisch.
Hier lagert Erdgas: Der Behälter der Stadtwerke wird streng überwacht. Denn mit Luft entsteht ein explosives Gemisch. | Bild: Jonas Bernauer

Die Stadtwerke informierten in der Folge die Polizei. Sie sichtete, wie das Unternehmen bestätigt, die Aufnahmen. Beamte suchten den Mann demnach in der Folge auf dem weitläufigen Betriebsgelände der Stadtwerke in der Konstanzer Max-Stromeyer-Straße. Entgegen erster Darstellungen wurde er in der Folge nicht zu Hause festgenommen, sondern kam zu einem späteren Zeitpunkt selbst auf das Revier.

Videosequenzen zeigen den Eindringling im kritischen Bereich

Die Stadtwerke haben in der Folge ihre Mitarbeiter aus dem sicherheitsrelevanten Bereich informiert. Dazu gehörten alle, die mit kritischer Infrastruktur befasst seien, wozu auch Stromleitungen und Wasserwerke gehören. Das Personal wurde dazu im Bodenseeforum zusammengerufen, weil dort ein hinreichend großer Raum zur Verfügung stand. Dabei, bestätigt Reuter, wurden auch Videosequenzen gezeigt, um die Teilnehmer zu sensibilisieren.

Das könnte Sie auch interessieren

Menschen, die die Filmsequenzen gesehen haben, beschreiben übereinstimmend Bilder, die einen am Boden robbenden Mann zeigen. Später, so Norbert Reuter, hatten Stadtwerke-Mitarbeiter – außerhalb des besonders geschützten Bereichs – den Eindringling noch angetroffen und angesprochen. Weil der Mann eine plausibel klingende Erklärung für seinen Aufenthalt auf dem Stadtwerke-Gelände gehabt habe, habe man ihn zunächst gehen lassen.

Stadtwerke-Geschäftsführer Norbert Reuter ruft unterdessen nicht nur seine Mitarbeiter, sondern auch die Öffentlichkeit dazu auf, wachsam zu sein. Es bestehe keinerlei Anlass zu Panik, sagte er mit Blick darauf, dass die Sicherheitssysteme rund um die kritische Infrastruktur ja funktioniert hatten. Aufmerksamkeit in diesem Bereich sei dennoch immer wichtig.

Das könnte Sie auch interessieren

Derweil bleiben weiterhin jedoch auch einige Fragen: Welchen genauen Hintergrund hatte die Ausspäh-Aktion des 31-Jährigen? Wie groß war die Gefahr eines Angriffs auf die kritische Infrastruktur der Stadt Konstanz wirklich? Wer genau ist der mutmaßliche Verdächtige, war er bereits polizeibekannt? Warum begab er sich selbst später auf ein Polizeirevier und warum? Zu diesen Hintergründen lagen zunächst keine weiteren Informationen vor.