Ein Hotelneubau auf dem Büdingen? Geht gar nicht, sagten die Gegner, die sich für den Erhalt des alten Baumbestands einsetzten. Doch, das geht, erklärte die Verwaltung mit Blick auf den Bebauungsplan. Wo liegt das Problem? Darüber sinniert Stadtarchivar Jürgen Klöckler, denn der Vorgängerbau war sogar noch viel massiver. Das kann er mit historischen Fotos belegen.

Bereits 1875 eröffnet ein Luxus-Hotel
Was viele nicht wissen: Vor fast 150 Jahren wurde an dieser Stelle das Bad-Hotel eröffnet, berichtet Stadtarchivar Jürgen Klöckler. Das Ufergelände von Seehausen war damals noch weitgehend unbebaut. 1873 wurde dann ein Meilenstein in der städtebaulichen Entwicklung gelegt. Das „Vinzent‘sche Gut“ wurde verkauft. Den östlichen Teil erwarb die Badhotelgesellschaft für 80.000 und den westlichen die Stadt Konstanz für 100.000 Gulden, schildert Klöckler.

Ein imposantes Gebäude
Mit der Anbindung an die Bahn rechnete auch die Badhotelgesellschaft mit dem Aufblühen des Fremdenverkehrs und plante ein großes Hotel. Für den aufwändigen Bau habe der Architekt Emil Studer den Uferbereich auffüllen und den Untergrund mit Pfählen stabilisieren lassen. 1875 wurde dann das Bad-Hotel eröffnet. „Ein sehr imposantes Gebäude“, stellt Jürgen Klöckler fest und zeigt ein historisches Foto, das die Wucht des Komplexes deutlich macht.
Damals musste schon Luxus angesagt gewesen sein. Klöckler zeigt eine andere Fotografie. Das Bild hat Eugen Wolf vom Münsterturm aus aufgenommen. Auf diesem ist auch ein kleines Bauwerk im Wasser vor der heutigen Seestraße zu sehen. „Das Hotel hatte eine eigene, hölzerne, private Badeanstalt“, erläutert Klöckler. Diese sei allerdings in den 1930er-Jahren abgerissen worden.

Rasches Aus für das ambitionierte Großprojekt
Die Nutzung als Luxus-Hotel währte allerdings nur zwei Jahre. „1877 ging es in Folge des Gründerkrachs in Konkurs“, so der Stadtarchivar, der erläutert: „Die Finanzierung stand auf wackligen Beinen und das Hotel war überdimensioniert.“ So kam es zum raschen Aus des ambitionierten Großprojekts.
Während auf dem Areal des Bad-Hotels erst einmal Stillstand herrschte, wurde ab 1898 (bis 1906) die Bebauung der Seestraße realisiert. Doch alsbald kommt doch wieder Leben auf das Gelände. 1890 wurde im ehemaligen Bad-Hotel die „Heilanstalt für Nervenkranke – Constanzer Hof“ eingerichtet. „Es wird kein Erfolg“, macht es Jürgen Klöckler kurz.
Blütezeit als Sanatorium
Bereits drei Jahre später, also 1903, übernimmt der Arzt Theodor Büdingen das Anwesen, eröffnet ein Sanatorium für innere Erkrankungen und führt es mit großem Erfolg. Über diese Ära kann Jürgen Klöckler einiges berichten: „Die Klinik wurde durch eine 1907 veröffentlichte Therapie von Herzerkrankungen durch Infusionen mit Traubenzucker bekannt.“ Das Sanatorium war auf dem modernsten Stand, auch was die Technik anbelangt. Es verfügte sogar über eine eigene Röntgenabteilung.

Auf dem modernsten Stand der Technik
Was heute selbstverständlich erscheint, war damals revolutionär. Jürgen Klöckler zeigt eine Fotografie um 1910, das ein Röntgengerät des Sanatoriums zeigt, und erläutert, dass Wilhelm Konrad Röntgen erst 1895 – also nur wenige Jahre zuvor – die Entdeckung der Strahlen gemacht hatte, auf dem die Konstruktion des Röntgengeräts beruht. Also: Kaum erfunden, schon im Sanatorium in Konstanz.
Beinahe noch bemerkenswerter findet der Stadtarchivar den Bewegungsapparat, den Eugen Wolf um 1910 fotografisch festgehalten hat. „Diesen hat Theodor Büdingen selbst entwickelt“, sagt er anerkennend. Das Gerät diente der passiven Bewegungstherapie für Bettlägerige.

1972 wird das Gebäude abgerissen
Das Sanatorium war erfolgreich. Nach dem Tod von Theodor Büdingen (1927) führten seine beiden Söhne den Betrieb jahrzehntelang weiter, so Klöckler. Das Unternehmen wurde dann aber doch aufgelöst und das Gebäude 1972 abgerissen, berichtet Glöckler, der anfügt: „Das fällt in etwa in die Zeit des Neubaus des Konstanzer Krankenhauses.“
Etwa ein halbes Jahrhundert hat sich auf dem Büdingen-Areal nichts getan. Warum, weiß auch Klöckler nicht. „Vielleicht war es ein gewisses Spekulationsobjekt? Das könnte ein Motiv gewesen sein“, mutmaßt er. „Und wenn man 50 Jahre ein Grundstück sich selbst überlasst, dann werden kleine Bäumchen zu dicken Bäumen.“

Zurück zu den Wurzeln
„Es ist eine Geschichte, die manchen zum Nachdenken bringt“, meint Jürgen Klöckler. Auch er grübelt: Was wäre gewesen, wenn das Sanatorium nicht abgerissen worden wäre? „Eine einsturzgefährdete Bauruine in einer solchen Lage?“, überlegt er. Vielleicht sollte man den seinerzeitigen Eigentümern dankbar sein, schließlich „war ein Abbruch auch nicht umsonst“, sinniert er.
„Und jetzt baut Herr Buff ein Hotel, das der Erholung dient“, sagt der Stadtarchivar über die Gegenwart. Diese Gegenwart schließt eigentlich an die Vergangenheit an und vereint im Prinzip die Vorgängernutzungen Luxushotel und Angebote für die Gesundheit.