Wirtschaft
Schwimmbad, Theater, Schulen, Feuerwehr, Radwege, Geburtsurkunden: Um das und noch viel mehr muss sich eine Stadt kümmern – und für all das braucht sie Geld. Damit die Finanzen stimmen, braucht es eine starke Wirtschaft. Erfolgreiche Betriebe können über die Gewerbesteuer die Stadt unterstützen, und gut bezahlte Arbeitskräfte lassen einen Teil ihrer Lohn- oder Einkommensteuer in ihrer Kommune. So bleibt eine Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandorts eine beständige Aufgabe.
Erst jüngst hat dazu der Experte Roland Scherer von der Universität St. Gallen deutliche Worte an die Politik gerichtet: Handel und Tourismus allein machen Konstanz noch nicht stark. So wird der neue Gemeinderat alles vorantreiben müssen, was die Gründung neuer Unternehmen und das Wachstum bestehender Firmen unterstützt. Dass sich große Konzerne mit Hunderten neuer Arbeitsplätze hier ansiedeln, scheidet schon deshalb aus, weil Konstanz keine großen freien Flächen hat.
Dafür verfügt der Wirtschaftsstandort über zwei ausgezeichnete Hochschulen. Existenzgründung aus deren Umfeld zu unterstützen sowie Wirtschaft und Wissenschaft besser zu verzahnen, bleibt eine Kernaufgabe. Die andere Herausforderung liegt darin, für junge Talente und erfahre Profis ein attraktiver Standort zu sein. Verfügbare und bezahlbare Wohnungen sowie Angebote in der Kinderbetreuung sind längst Faktoren, nach denen Spezialisten ihren Arbeitsort aussuchen. In beiden Bereichen hat Konstanz großen Nachholbedarf. (Text von Jörg-Peter Rau)
Verkehr
Eines der großen Reizthemen in Konstanz ist der Verkehr. Dabei ist es egal, ob man zu Fuß, auf dem Fahrrad, mit dem Auto oder dem Bus unterwegs ist. Richtig gut fließen tut es oftmals nicht. Das C-Konzept soll es zumindest in der Innenstadt richten. 2014 wurde dieses Konzept beschlossen. Los ging es zögerlich – mit dem Umbau des Rheinsteigs 2017/18. Seit 2023 wird kräftig am Bahnhofplatz und am Lago gebaut.
Danach werden die Konzilstraße und der Fischmarkt zur Baustelle. Langfristig ist geplant, dass der Verkehr im Altstadtring entlastet, die Altstadt für Fußgänger und Radfahrer verbessert und der ÖPNV attraktiver wird. Aber was viele Konstanzer kritisieren: Es geht viel zu langsam voran. Die Herausforderung liegt also beim neuen Gemeinderat, das C-Konzept schneller voranzutreiben.
Die nächste Baustelle in Sachen Verkehr ist die Förderung des Radverkehrs. Um die Infrastruktur für Radler zu verbessern, gibt es daher auch seit 2016 das Handlungsprogramm Radverkehr. Es beinhaltet unter anderem mehr Fahrradstraßen, besser ausgebaute Radwege, Abstellanlagen und eine neue Fahrradbrücke. Ein Fahrradparkhaus soll nun realisiert werden – für 20 Millionen Euro.
Doch bei all den Ideen für das Radfahren, fühlen sich viele Autofahrer gegängelt. Die nächste harte Nuss: den öffentlichen Nahverkehr optimieren. Das Bussystem der Stadtwerke Konstanz ist eigentlich schon ziemlich gut, dennoch gibt es Ecken, die bisher noch nicht gut angeschlossen sind. Dazu zählen vor allem die Vororte. (Text von Kerstin Steinert)
Wohnen
Genügend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, war eine Kernaufgabe des alten Gemeinderats und wird auch für die frisch gewählten Stadträte eine der wichtigsten Herausforderungen bleiben. Es müsste in großem Stil gebaut werden. Doch eines der wenigen Großvorhaben, die derzeit sichtbar vorangehen, ist die Baustelle auf dem Weiherhof-Areal, wo 144 Wohnungen, ein Pflegeheim und Gewerbe-Einheiten entstehen. Auch die Personalwohnungen der Spitalstiftung beim Klinikum machen Fortschritte.
Angesichts der massiven Wohnungsnot sind diese Vorhaben nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Planungen für den Befreiungsschlag am Hafner laufen zwar – bis hier Menschen wohnen, ziehen aber noch mindestens vier bis fünf Jahre ins Land.
Auf manche Faktoren, die das Bauen derzeit behindern, hat der Gemeinderat keinen Einfluss: hohe Baupreise bei zugleich hohen Zinsen und zu wenig Fördergelder von Bund und Land. Doch Stadträte können sehr wohl bestimmen, ob sie Bauen auf städtischem Grund ermöglichen oder verhindern. Immer wieder kommen Einsprüche nicht nur von Anwohnern, sondern auch von Stadträten.
Wo kann maßvoll nachverdichtet werden, wie Leerstand noch besser bekämpft werden, welche Unterstützung benötigen Wohnprojekte wie der Raumteiler? Sollte es in Konstanz eine höhere Quote an Sozialwohnungen geben und müsste die Stadt mehr Grundstücke selbst kaufen? Das alles muss der neue Gemeinderat mit der Stadtverwaltung diskutieren. (Text von Kirsten Astor)
Jugend
Ein Novum bei der Kommunalwahl dieses Jahr: Zum ersten Mal dürfen auch 16- und 17-Jährige wählen. Das wachsende Interesse von jungen Menschen in Konstanz an der Kommunalpolitik zeigt sich auch an der seit zwei Jahren bestehenden Jugendvertretung, die sich regelmäßig mit dem Gemeinderat zu den Wünschen der Konstanzer Jugend austauscht.
Trotzdem mangelt es noch an Angeboten für junge Menschen in Konstanz. Abends, auf der Suche nach Orten und Räumen zum Feiern, ist der Streit mit den Anwohnern oft vorprogrammiert. Es kann nicht die einzige Lösung sein, die jungen Leuten nach Klein-Venedig abzudrängen – Hérose-Park und Schänzle sind nun mal leichter erreichbar. Gerade der Erfolg des Campus-Festivals zeigt, wie groß der Bedarf an Angeboten ist und wie gut sie angenommen werden.
Über 20.000 Menschen feierten dieses Jahr im Bodenseestadion – was ist für sie an den restlichen 51 Wochenenden im Jahr geboten? Immerhin geht es um die Generation, die von den Einschränkungen während der Corona-Pandemie am meisten betroffen war. Der neue Gemeinderat steht hier vor der Aufgabe, trotz Sparkurs der Jugend glaubhaft zu vermitteln, dass ihre Interessen nicht an letzter Stelle kommen.
Schon die gekürzten Zuschüsse für Sportvereine treffen junge Menschen am meisten. Dabei muss der Gemeinderat nicht nur der Jugend mehr Mitspracherecht geben, er muss auch dafür sorgen, dass es in der Stadt mehr Akzeptanz für Jugendkultur gibt. Denn Kultur ist nicht nur Theater und Philharmonie. (Text von Marvin Nagel)
Klima
2019 stand das Thema, auch durch die Fridays-for-Future-Bewegung, im Fokus. Junge Menschen demonstrierten für einen konsequenten Klimaschutz, im Mai 2019 erklärte Konstanz als erste deutsche Stadt den Klimanotstand. Der Enthusiasmus war groß. Fünf Jahre später ist die Ernüchterung groß. In Konstanz gibt es Klimaschutzberichte und Daten. Aber es fehlt an greifbaren Ergebnissen: So hat sich bei der Mobilität für den Bürger nicht viel Sichtbares verändert.
Was steht in den nächsten fünf Jahren in der Klimapolitik an? Bei der Wärmenetzplanung wird es vorangehen. Akribisch haben die Stadtwerke eine Grundlage geschaffen. Konkret geht das Unternehmen jetzt das Berchengebiet an, wo die Abwärme der Kläranlage genutzt werden soll, und die Bodenseetherme. Bei der Sanierung städtischer Gebäude wird es vom Budget abhängen, um das es schlecht bestellt ist, wie weit der Fortschritt in einer Fünf-Jahresfrist gelingt. Die Sanierung ist im Gemeinderat Konsens, scheitern kann sie an Finanzen und Personalmangel.
Ohne überzeugte Bürger wird sich bei der Mobilität wenig ändern. Nach wie vor setzen Konstanzer aufs eigene Auto, auch wenn das Fahrrad beliebt ist. Bei entsprechendem politischen Willen könnte man die Tarife für den Stadtbus deutlich senken. Meint es der Gemeinderat ernst mit der Klimapolitik, steht ihm eine große Aufgabe bevor: in der Kommunikation mit dem Bürger und in der Schaffung von Voraussetzungen, dass Mobilität auch jenseits des Autos reibungslos funktionieren kann. (Text von Claudia Wagner)