Wer hinein will, muss klopfen. Dann kommt Inhaber und Geschäftsführer Alexander Schmalenberger an die Tür.

„Wir sind so froh, dass wir wieder öffnen dürfen“, sagt der 32-Jährige. „Es geht nur mit den Regeln. Unsere Kunden sind sehr verständnisvoll. Sie freuen sich ja auch, dass sie wieder kommen dürfen.“

Vor dem Zutritt fordert er die Kunden zur unbedingten Beachtung der Hygiene-Maßnahmen auf. Bereits vor dem Betreten des Geschäfts steht für die Besucher ein Spender mit Desinfektionsmittel bereit.
Schutzmasken sind Pflicht, der Warteraum tabu. Wer ein Piercing im Mund- oder Nasen-Bereich wünscht, muss einen aktuellen, negativen Corona-Schnelltest vorweisen können. Der Betrieb läuft nur über telefonisch vereinbarte, feste Termine.
Ein junger Mann aus dem Hegau hat den ersten Termine nach dem Lockdown in Leftys Studio ergattert.
Die Nadeln surren wieder, die Kunden kehren zurück
Simon Bayer ist der erste Kunde an diesem Montagvormittag. Zahlreiche Tätowierungen zieren den Körper des 28-Jährigen. Unter anderem die Ponte di Rialto, die Rialto Brücke von Venedig, mit einem Gondoliere davor.

Decusara Florin, gelernter Tätowierer, arbeitet daran. „Die Brücke wurde in einem anderen Studio gestochen“, sagt Halb-Italiener Simon Bayer, dessen Vater aus Venedig stammt, „aber ich war nicht ganz zufrieden. Also wird hier jetzt nachgestochen, die Konturen schärfer dargestellt.“
Schmerzen empfindet er nicht bei der Prozedur. „Nein, das ist echt nicht schlimm“, versichert er.
Direkt nebenan entsteht Stich für Stich die Jungfrau Maria
Eine Kabine weiter sitzt Bes Ademaj und verewigt die Jungfrau Maria auf einer Kundin. Immer wieder schaut er das Originalbild an, prägt sich die einzelnen Schattierungen ein und sticht sie mit der schwarzen Tinte in den Unterarm der jungen Frau.
Langsam wächst das Kunstwerk an und immer deutlicher kristallisiert sich beeindruckende Perfektion heraus, mit der die Tätowierer arbeiten.
„Ich habe eine Ausbildung an einer Kunsthochschule“, erklärt Bes Ademaj. „Wenn du kein Talent und kein Auge hast, solltest du diesen Beruf nicht ausüben.“
Warum trägt Alexander Schmalenberger den Spitznamen Lefty?
Das Studio in der Macairestraße hat das Flair eines Mafia-Lokals – und zwar mit voller Absicht. Alexander Schmalenberger wählte den Namen Lefty in Anlehnung an den New Yorker Mafiastreifen „Donnie Brasco“ aus den 90er Jahren.

Al Pacino alias Benjamin Ruggiero trägt in diesem Streifen den Spitzname Lefty. Überall hängen Poster von Al Pacino und dem Film, in dem auch Johnny Depp mitspielt.
„Mir gefällt diese Rolle“, sagt Alexander Schmalenbeger lachend, der das Studio 2018 eröffnete – mittlerweile lautet auch sein Spitzname Lefty.
„Ich liebe meine Tattoos, mein erstes wurde mir mit 15 Jahren gestochen. Früher ließen sich nur Seefahrer, Rocker oder Knackis tätowieren. Heute haben wir alle Menschen quer durch die Gesellschaft als Kunden.“
„Tätowierungen erleben seit einigen Jahren einen richtigen Boom. Zuletzt noch mehr als vorher“, erzählt er. Vier Monate mussten auch die Tattoo-Studios schließen. „Das war eine verdammt harte Zeit“, blickt Alexander Schmalenberger zurück. „Wir haben zwar staatliche Hilfen bekommen, aber wir mussten auch das Ersparte aufbrauchen.“ Er nutzte die Zeit, um das Studio umzubauen.