Branko Baumhardt steht ein letztes Mal vor dem Kiosk an der Mainaustraße, der in den vergangenen 22 Jahren seine zweite Heimat war. Nur zum Schlafen verließ der 65-Jährige die 13 Quadratmeter, die seine Geschäftsgrundlage bildeten. Durch sein Fenster machte er Kinder mit Süßigkeiten glücklich, verkaufte Zeitungen, Lottoscheine und Kaffee. Persönliche Gespräche gab es gratis dazu.

Doch an Weihnachten 2024 schloss Branko Baumhardt die Tür endgültig zu und bereitete die Übergabe vor. Als er am Tag seines Abschieds im März 2025 vor dem Häuschen steht, bleibt das nicht unbemerkt. Erst nähert sich eine ältere Dame, später eine weitere Stammkundin mit Hund. „Ach, sind Sie wieder da?“, fragen beide erfreut. Branko Baumhardt verneint. „Wir haben den Kiosk gerade an die Stadt übergeben, nachher fahren wir los nach Kroatien“, klärt er auf.

Branko und Marie-Iren Baumhardt wünschen sich nach vielen Jahren mit zu viel Arbeit mehr Ruhe und gemeinsame Zeit. Den Kiosk an der ...
Branko und Marie-Iren Baumhardt wünschen sich nach vielen Jahren mit zu viel Arbeit mehr Ruhe und gemeinsame Zeit. Den Kiosk an der Mainaustraße übergab der langjährige Pächter Mitte März an die Stadt Konstanz. | Bild: Kirsten Astor

Denn nach 22 sehr anstrengenden Jahren soll Schluss sein mit Dauerstress, zu wenig Freizeit und wirtschaftlichem Druck. „Ich habe 350 bis 380 Stunden pro Monat gearbeitet, unser letzter Urlaub war 2015“, erzählt der geborene Österreicher aus Graz im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Seit 2003 war er Pächter des Kiosks im ehemaligen Bushaltestellenhäuschen.

„Es hat Spaß gemacht, aber es war ein Sklavendasein“

In den vergangenen Wochen fragten sich viele Konstanzer, warum die Verkaufsstelle leersteht. Sie vermissen Branko Baumhardt, der immer ein offenes Ohr für seine Kunden unterschiedlicher Altersklassen hatte. „Alle bekamen ihre Ansprache, sogar Hunde schauten bei uns rein“, sagt der 65-Jährige und lacht. Doch der Preis war hoch: „Es hat Spaß gemacht, aber es war ein Sklavendasein.“

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„Wir haben über die Jahre immer weniger verdient, die Pacht stieg jedes Jahr. Dazu die hohe Arbeitsbelastung, da verliert man an Lebenszeit und Gesundheit“, sagt der ehemalige Pächter. Außerdem habe es wiederholt Diskussionen mit dem Liegenschaftsamt gegeben, unter anderem um eine nicht eingebaute Klimaanlage und um die Ausstattung der Erweiterungsfläche im linken Gebäudeteil.

Dort wollte Branko Baumhardt eigentlich ein Stehcafé einrichten, aber dazu kam es nicht. Wo die Verantwortung dafür liegt, sehen Branko Baumhardt und das Liegenschaftsamt allerdings jeweils unterschiedlich.

Neubeginn am kroatischen Meer

Branko Baumhardt möchte all das hinter sich lassen und nach vorne blicken. „Wir sind so erschöpft, dass wir unsere Freiheit wollen“, sagt er und schaut seine Frau an. „Wir haben in Konstanz alles verkauft und ziehen nach Kroatien, wo wir endlich gemeinsam Zeit verbringen möchten.“ Seine Frau, ein Jahr jünger, ist bereits in Rente. In Kroatien haben die beiden Familie und ein großes soziales Umfeld.

Ein ganz neues Lebensgefühl: Marie-Iren und Branko Baumhardt genießen ihre neue Freiheit in Kroatien, wo sie nun leben möchten. Hier ...
Ein ganz neues Lebensgefühl: Marie-Iren und Branko Baumhardt genießen ihre neue Freiheit in Kroatien, wo sie nun leben möchten. Hier sind sie auf dem Hausberg der Stadt Split an der dalmatischen Küste. | Bild: Branko Baumhardt

„Außerdem ist dort kein Winter“, sagt Branko Baumhardt und lacht. Den Bodenseenebel und viele trübe Tage werde er nicht vermissen, wohl aber den einen oder anderen Stammgast. „300 bis 400 Leute haben wir immer gern bedient“, sagt er. „Wir möchten uns von allen treuen Kunden verabschieden und behalten das Positive im Kopf.“

Hier, an der Mainaustraße, schließt sich für ihn ein Kreis. „2003 stand ich zufällig als Kunde mit einer Zeitung vor dem Kiosk und habe im SÜDKURIER gelesen, dass er zu verpachten ist. Ich habe noch vor Ort sofort das Liegenschaftsamt angerufen“, erzählt Baumhardt, gelernter Tiefbauingenieur, der auch lange bei den Stadtwerken Konstanz gearbeitet hat.

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Kurze Zeit später war er der Herr des Hauses. Jetzt geht es in neue Hände über: Die Stadt Konstanz wird den Kiosk mit der alten und der neuen Fläche im zweiten Quartal 2025 ausschreiben. Aktuell werde dies vorbereitet, teilt die Pressestelle mit.

Sonne pur, kein Nebel mehr: Marie-Iren und Branko Baumhardt im Hafen ihres kroatischen Aufenthaltsorts.
Sonne pur, kein Nebel mehr: Marie-Iren und Branko Baumhardt im Hafen ihres kroatischen Aufenthaltsorts. | Bild: Branko Baumhardt

Marie-Iren und Branko Baumhardt sind dann ganz weit weg und genießen ihre Ruhe. „Aber wir kommen im Sommer zu Besuch nach Konstanz“, sagt das Paar. Vielleicht kaufen die beiden dann ein Eis. Im Kiosk an der Mainaustraße.