Machen, was man will, und sich bloß nicht festlegen – das ist ein gesellschaftlicher Trend, der durch die Pandemie verstärkt wurde. Es mangelt zunehmend an Engagement, was alle Konstanzer Vereine, aber auch die Hilfs- und Rettungsorganisationen zu spüren bekommen.
Wohin driftet eine bequeme Gesellschaft, wenn niemand mehr bereit ist, für Gotteslohn seinen Dienst am Nächsten zu tun? Bei der DLRG könnte diese Lethargie im schlimmsten Fall den Tod zur Folge haben.
Durchschnittsalter der Nichtschwimmer steigt
Während der Pandemie konnten lange Zeit keine Schwimmkurse durchgeführt werden. „Jetzt ist der Ausbildungsstau groß“, stellt Clemens Menge, Vorsitzender der DLRG Ortsgruppe Konstanz fest. Die Liste der interessierten Nichtschwimmer ist lang, jene der Ausbilder übersichtlich und die zur Verfügung gestellten Schwimmzeiten in den Konstanzer Bädern begrenzt.
Waren früher die jüngsten Nichtschwimmer gerade einmal fünf Jahre, so „liegt jetzt das Durchschnittsalter bei acht Jahren“, berichtet Menge. Die Rechnung der DLRG ist einfach: Je mehr Nichtschwimmer desto größer das Risiko von Ertrinkungsunfällen.
Auch wenn im Herbst das Hallenbad schließt, so hat die DLRG bereits die Zusicherung der Bädergesellschaft Konstanz, dass sie ihre Kurse im Schwaketenbad halten kann. Clemens Menge ist dankbar, „dass wir die Aufgabe der Prävention weiterführen können“. Die DLRG, die breit aufgestellt ist, steht aber noch vor weiteren Herausforderungen.
Rettungsschwimmer werden dringend gebraucht
Schließlich rekrutiert die Lebensrettungsgesellschaft ihren Nachwuchs über die Schwimmkurse: Von der Anfänger- über die Jugend- zur Rettungsschwimmer-Ausbildung. Die Rettungsschwimmer können Wachdienste übernehmen, wie beispielsweise am Hörnle.
„Darauf wiederum baut der Rettungsdienst auf“, so Clemens Menge. Nach weiteren erworbenen Zusatzqualifikationen hat die DLRG dann alarmierbare Einsatzkräfte. „Die Jugendarbeit ist das Fundament“, stellt Clemens Menge fest, denn auch Wachdienst und der Bereich der alarmierbaren Einsatzkräfte braucht dringend Nachwuchs.
Und genau da schlägt das gesellschaftliche Problem zu, denn „wir kriegen die Leute nicht mehr hinter dem Ofen vor“, formuliert Clemens Menge. Knapp 1000 Mitglieder habe die Ortsgruppe, davon etwa 160 Aktive, wobei Menge sofort anfügt: „Auf dem Papier.“
60 Rettungsschwimmer könnten Wachdienste übernehmen. Und doch sei es schwierig, eben diese Dienste zu besetzen. Früher hätten sich die Ehrenamtlichen darum gerissen, denn auch ein hoher Freizeitwert sei mit den Wachdiensten verbunden. Aber heute?
Menge: „DLRG: Das ist eine Lebenseinstellung“
Im Sommer 2020 war der Wachdienst am Hörnle plötzlich total angesagt. „Das war ja so ziemlich die einzige Möglichkeit, sich treffen zu können“, schildert Clemens Menge. „15 bis 28 Leute waren dann an der Wachstation am Hörnle. Es war der Treffpunkt.“
Im vergangenen Jahr habe der Enthusiasmus bereits deutlich nachgelassen und „in diesem Jahr kriegt man die Leute nicht mehr hinter dem Ofen vor“, so Menge, der anfügt, dass alle Hilfs- und Rettungsorganisationen und Vereine dasselbe Problem hätten.
Verstehen kann Clemens Menge diese Bequemlichkeit ebenso wenig wie die Nichtbereitschaft sich zu engagieren. „DLRG: Das ist eine Lebenseinstellung, die wir versuchen, weiterzugeben, und die kleine Welt um uns herum ein bisschen besser zu machen“, sagt der Konstanzer DLRG-Vorsitzende.
Was passiert, wenn es keine Schwimmausbilder, keine Rettungsschwimmer und keine Einsatzkräfte mehr gäbe, daran will er gar nicht denken. Er versucht gemeinsam mit den ebenso ehrenamtlich Engagierten, die Probleme zu lösen und ruft auf: „Es ist Zeit, Verantwortung zu übernehmen und die Herausforderungen anzunehmen.“