Wie kompliziert Beweisführung und Ermittlungen für die Behörden sein können, offenbart der Prozess, der vor dem Amtsgericht Konstanz dieser Tage verhandelt wurde. Alle beteiligten Personen inklusive Richter waren sich einig, dass es der Hauptzeuge, der gleichzeitig Opfer war, sowohl bei den kriminalpolizeilichen Vernehmungen als auch vor Gericht nicht so ganz ernst meinte mit der Wahrheit.

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Er änderte seine Version der Überfälle auf ihn von Mal zu Mal, fügte hier und da ein paar entscheidende Details hinzu oder verwarf sie später wieder – eine Tatsache, wegen der er laut dem Vorsitzenden Richter nun selbst mit einer Anklage rechnen muss. Letztlich waren es objektive Beweise wie die Schwere seiner Verletzungen sowie ein Teilgeständnis eines Täters, die den mehrfach vorbestraften Angeklagten Haftstrafen einbrachten.

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Nach rund eineinhalb Monaten Prozesspause bat der Vorsitzende Richter am Amtsgericht, Christian Brase, zur Fortsetzung der spektakulären Verhandlung gegen zwei Männer, denen besonders schwerer Raub in mehreren Fällen vorgeworfen wird. Im Sommer 2019 sollen sie einen Mann überfallen und ausgeraubt und wenige Monate später auf offener Straße schwer verletzt haben.

Vor dem Amtsgericht wurde ein ungewöhnlicher Fall verhandelt. Bild: Oliver Hanser
Vor dem Amtsgericht wurde ein ungewöhnlicher Fall verhandelt. Bild: Oliver Hanser | Bild: Oliver Hanser

Nicht geklärt werden konnte der genaue Ablauf, die Frage, ob und wie Waffen zum Einsatz kamen, sowie das Diebesgut – bis zum Schluss widersprachen sich die Beteiligten mehrfach, sodass sowohl Verteidigung als auch Richter Brase zu der Erkenntnis kamen: „Die Qualität dieses Verfahrens sucht ihresgleichen.“ Einer der beiden Angeklagten war im November desselben Jahres in die Schießerei in einem Wettbüro involviert.

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Einer der Angeklagten erhielt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, der zweite muss für zwei Jahre und sechs Monate hinter Gitter. Das Urteil fiel milder aus als die Anträge der Staatsanwältin. Beide Personen haben ein großes Vorstrafenregister und saßen bereits Haftstrafen ab.

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Eine Tatsache, die sich negativ auswirkte. Positiv wurde das Teilgeständnis des jüngeren Angeklagten berücksichtigt – der Schuss in den Oberschenkel eines Widersachers im Wettbüro wurde als Notwehr ausgelegt, da er laut Richter und Staatsanwältin brutal angegriffen wurde und sich damit lediglich verteidigte. Jedoch wurde ihm wiederum die Tatsache, dass er eine geladene Waffe bei sich trug, negativ ausgelegt.

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Die Verteidigung warf Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft schlampige und lustlose Ermittlungen vor, was Richter Christian Brase entschieden zurückwies. Wäre dem so gewesen, so Brase, „dann wäre der Schuss im Wettbüro nicht als Notwehr ausgelegt worden. Und Polizei und Staatsanwaltschaft können nichts dafür, dass der Geschädigte widersprüchliche Aussagen tätigt“.