Eigentlich sollte am Amtsgericht Konstanz der Fall eines besonders schweren Raubs verhandelt werden. Zwei Männer waren angeklagt. Doch widersprüchliche Auffassungen und vermeintliche Falschaussagen verkomplizieren den Prozess.
Doch von vorn. Auf der Anklagebank sitzen zwei Männer, der eine 28 Jahre alt, der andere 30. Ihnen wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, im Juni 2019 einen 25-Jährigen in seiner Wohnung beraubt und ihn dabei mit einem Messer bedroht zu haben. Sie hätten 4500 Euro sowie größere Mengen an Marihuana und Kokain entwendet.
Weiterhin wird ihnen vorgeworfen, dem Geschädigten im Oktober desselben Jahres durch Faustschläge den Kiefer gebrochen zu haben, ihn mit Tritten in die Rippen traktiert und anschließend erneut ausgeraubt zu haben. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen steht auch eine Schießerei in einem Wettbüro im November 2019. Weshalb sich der 28-jährige Angeklagte auch noch wegen Waffenbesitzes verantworten muss.
Angeklagter gesteht Taten teilweise
Der 28-Jährige gesteht seine Taten in weiten Teilen. Doch mit dem Geständnis stehen Vorwürfe gegen den Geschädigten im Raum. Denn, so geht es aus einer polizeilichen Vernehmung hervor, ihn kenne der Angeklagte durch gemeinsame Drogengeschäfte.
Bei einem dieser Geschäfte habe der 28-Jährige in der Wohnung des 25-Jährigen eine Glasschale mit einer großen Menge Bargeld und mindestens 500 Gramm Marihuana und zusätzlich Kokain gesehen. Erst dadurch sei er auf die Idee gekommen, ihn mit einem Freund aus der Schweiz bei einem fingierten Drogenkauf auszurauben. Ein Messer habe er dabei nicht benutzt.
Drohungen und Prügel
Nach dem Raub soll sich der Geschädigte Schutz bei einem Bekannten gesucht haben. Dieser Bekannte habe den Angeklagten und dessen Familie bedroht und den Bruder verprügelt. Daraufhin sei es zu der Vergeltungstat im Oktober gekommen, bei der unter anderem der Kiefer des Geschädigten gebrochen wurde.
Der Bekannte des Geschädigten sei es auch gewesen, mit dem es zur Schießerei im November 2019 gekommen sei. Seither lebe der Angeklagte nicht mehr in Konstanz, weil er Angst um sein Leben habe.
Geschädigter widerspricht sich
Der Geschädigte erzählt vor Gericht jedoch eine ganz andere Geschichte. Mit Drogen habe er nichts am Hut. Er habe am Abend des Raubes mit einem Arbeitskollegen Konsolenspiele gespielt. Immer wieder habe dieser auf sein Handy geschaut. Was dem Geschädigten im Nachgang verdächtig vorgekommen sei.
Dann sei der Arbeitskollege gegangen. Als er die Tür öffnete, hätten sich die beiden Angeklagten Zugang zur Wohnung verschafft und den Geschädigten mit einem Messer auf seine Couch gedrängt. Und die Wohnung daraufhin nach Wertgegenständen durchsucht.
Dabei hätten sie 4500 Euro gefunden, die der Geschädigte von seinem Vater für den Führerschein bekommen habe. Warum er im darauffolgenden Oktober verprügelt wurde, wisse er nicht.
Angeklagter wird unruhig
Während der Geschädigte sich den Fragen der Juristen stellen muss, wird der 28-jährige Angeklagte immer unruhiger, schnaubt, rutscht auf seinem Stuhl hin und her. Bis er vom Richter ermahnt wird. Dennoch wird klar: Mit den Aussagen des Geschädigten stimmt etwas nicht. Denn, dass er am Abend des Raubs mit einem Arbeitskollegen zusammen gewesen sein soll, hatte er erst bei seiner vierten Vernehmung durch die Polizei angeführt.
Der Geschädigte beteuerte vor Gericht, ihn für unschuldig gehalten und ihn deswegen nicht erwähnt zu haben. Erst nachdem der Geschädigte im Oktober verprügelt worden war, habe dieser Arbeitskollege zugegeben, dass er am Raub beteiligt gewesen sei.
Zwang zur Falschaussage?
Das wird aber von den Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogen. Denn wie der ermittelnde Polizeibeamte vor Gericht angab, glaubt er nicht an eine Mittäterschaft des Arbeitskollegen. Bei der Vernehmung habe dieser zwar gestanden, an dem Raub beteiligt gewesen zu sein, er habe aber keine Details nennen können.
Es gebe auch Kameraaufnahmen, die zeigten, dass der Arbeitskollege am Tag vor der Aussage bedroht wurde. Eine Sprachaufzeichnung, die ein Gespräch des Mannes mit dem Vater des Geschädigten zeigen soll, bestätige diese Zweifel.
Doch nicht nur das ließ den Geschädigten teils unglaubwürdig erscheinen. Mehrere Stunden lang nahmen die Verteidiger den 25-Jährigen ins Kreuzverhör. Immer wieder widersprach er dabei den Aussagen, die er vor knapp einem Jahr bei der Polizei gemacht hatte.
Wieder und wieder hielten ihm Staatsanwältin und Verteidiger seine Aussagen vor. Immer wieder antwortete der 25-Jährige mit Ausflüchten. Klarheit konnte an diesem Verhandlungstag keiner der Zeugen mehr bringen.
Verhandlung wird ohne Urteil unterbrochen
Fest steht am Ende nur, dass der 28-jährige Angeklagte zugibt, im Juni 2019 den Geschädigten ausgeraubt zu haben. Wobei aufgrund widersprüchlicher Aussagen nicht klar wird, was gestohlen wurde. Letztlich hätten der Raub und die darauffolgenden Ereignisse zur Schießerei zwischen den Angeklagten und einem weiteren Mann, der in die Geschichte involviert sein soll, in einem Wettbüro geführt.
Gegen 18.30 Uhr wurde die Verhandlung unterbrochen. Bis das Urteil gesprochen werden kann, wird es wohl noch dauern. Der Prozess wird voraussichtlich im April fortgesetzt.