Es ist eine erleichternde Nachricht für alle Konstanzerinnen und Konstanzer, ganz besonders jedoch für werdende Eltern in der Konzilstadt: Der Kreißsaal im Klinikum soll endlich wieder in den Normalbetrieb starten. Zuvor hatte er über fünf Monate hinweg jeweils eine Woche monatlich geschlossen. Der Hauptgrund: Personalmangel bei den Hebammen.
Neues System wird gemeinsam mit Hebammen entwickelt
Damit wieder eine lückenlose Rund-um-die-Uhr-Versorgung für alle Gebärenden am Klinikum, das Teil des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN) ist, gewährleistet werden kann, musste ein neues Konzept samt neuem Arbeitsmodell erarbeitet werden. Die Geschäftsführung hat laut eigenen Angaben gemeinsam mit den Konstanzer Hebammen nun eine „tragfähige Lösung gefunden, die ab dem 1. April greift.“
Die teilweise Schließung sei keine einfache Entscheidung gewesen. „Wir haben das ungern gemacht, sehen wir uns doch als 24-Stunden-Versorger“, gibt Bernd Sieber, Geschäftsführer des GLKN, gegenüber dem SÜDKURIER an. Jedoch ist er sicher, dass es sich bei der damals beschlossenen Variante um die sicherste für alle Beteiligten gehandelt habe.
Das nun gestrickte Arbeitsmodell sei nicht ohne einige, kontrovers geführte Diskussionen mit den Hebammen entwickelt worden, gibt Thomas Beringer, kaufmännischer Direktor am Klinikum Konstanz, zu. „Diese erfolgten konstruktiv und auf Augenhöhe für ein gemeinsames Ziel: Den Kreißsaal wieder 24/7 geöffnet zu haben“, so Beringer.
Vor allem wichtig sei dabei eine langfristige Lösung gewesen, um nicht mehr zu den Schließzeiten zurückkehren zu müssen. Man wolle den Konstanzer Bürger wieder dauerhaft einen funktionierenden Kreißsaal bieten. Damit wieder bei allen, die es wollen, als Geburtsort des Kindes Konstanz im Ausweis steht, so Beringer.

Neues Schicht-Modell soll Öffnung des Kreißsaals sichern
Wie funktioniert nun das neue Arbeitsmodell, dass die Verantwortlichen gemeinsam entwickeln haben? Das System wird nun über sogenannte Dienstbeleghebammen geregelt. Konkret bedeutet das: „Die Hebammen, die bisher im Angestelltenverhältnis waren, wechseln in die Selbstständigkeit“, gibt Thomas Beringer an. Dienstbeleghebammen arbeiten meistens selbstständig, nehmen in den Geburtskliniken jedoch, ähnlich wie festangestellte Hebammen, am Schichtsystem im Kreißsaal und der auf der Wochenstation teil.
Für das Übersetzen der zuvor angestellten Hebammen in die Selbstständigkeit wurde eine Partnergesellschaft gegründet und eine entsprechende Kooperation mit der Klinik geschlossen. Die Dienstplanung sei ausgelagert worden, so Beringer. Viele andere Kliniken würden in ähnlichen Systemen, entweder voll oder als hybrides Modell, arbeiten.
Im Betrieb sieht das Modell vor, dass eine Hebamme im Kreißsaal in Anwesenheit arbeitet, eine zweite ist ebenfalls vor Ort oder befindet sich – je nach Auslastung der Station – in Rufbereitschaft. Dabei soll anfangs noch in einem Zwei-Schicht-Modell, und später in einem Drei-Schicht-Modell, gearbeitet werden. Aktuell gibt es 14 Hebammen auf der Geburtenstation, auf lange Sicht könnten es bis zu 18 werden.
Auch Hebammen kämpften mit massivem Personalmangel
Eine der Hebammen ist Katharina Stamml, die auch als eine der Sprecherinnen für die Partnerschaftsgesellschaft der Dienstbeleghebammen Konstanz agiert. Für sie ist klar: Geburtshelferinnen leisten einiges. Schichtdienste, auch am Wochenende, oft Rufbereitschaft in der Nacht und kurzfristige Vertretung im Krankheitsfall seien nur einige Herausforderungen.
Die Corona-Pandemie habe einige der ohnehin schon schwierigen Arbeitsbedingungen noch verstärkt. „Es hat vor allem grundsätzliche Probleme noch deutlicher zum Vorschein gebracht“, sagt Katharina Stamml. Thomas Beringer spricht im Zuge der Pandemie beispielsweise die Abwanderung einiger Hebammen in die Schweiz ab, unter anderem auch wegen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht.

Das hatte den massiven Personalmangel nur noch verstärkt, darüber hinaus mussten die verbliebenen Hebammen diese Lücken füllen, meint Stamml. „Die Not war groß und wir haben versucht das zu kompensieren“, sagt die Hebamme. „Wir haben an der Grenze gearbeitet.“
Teil der Wahrheit des Personalmangels, gerade im Gesundheitssektor, ist jedoch auch zweifelsohne die Höhe Entlohnung. Durch das neue Arbeitsmodell und die Selbstständigkeit würden Hebammen nun „fairer vergütet“, so Stamml. Damit fallen aufgrund der Selbstständigkeit zwar auch zusätzliche Kosten an, jedoch stünde unterm Strich ein höheres Einkommen.
Auch das ist wohl ein Grund, dass mehrere Bewerbungen am Klinikum eingegangen sind und aktuell Gespräche laufen. Jedoch gehe mit der Selbstständigkeit auch ein gewisses Risiko einher, merkt Stamml aber noch an.
Wer mehr erfahren will, kann sich bald auf der Internetseite der Geburtshelferinnen, Beleghebammen-Konstanz.de, oder auf deren Instagram-Auftritt genauer informieren.