Barbara Ulmer hat sich der Initiative Freundschaftsdienst angeschlossen, in der sich klagewillige Geschädigte vereinen. „Dramatischer kann es nicht sein“, sagt sie über die aktuelle Situation im Einzelhandel.
Insbesondere für die kleinen, inhabergeführten Geschäfte sei es kaum mehr zu stemmen. Bei Etoile stapeln sich die Kartons. Die Sommermode, die bereits vor einem Jahr geordert wurde, ist eingetroffen, die Winterware nicht verkauft.
„Die November und Dezemberhilfen haben wir noch nicht bekommen, und dann sind da noch die Kredite, die in diesem Jahr zur Tilgung anfallen. Dazu kommen die Konstanzer Mietpreise und die Unflexibilität der Vermieter“, sagt Ulmer und fragt: „Wie soll das funktionieren?“
Die Geschäftsfrau hatte gehofft, „dass sich die Konstanzer Stadtspitze für uns einsetzt, wie in anderen Städten auch, und Druck auf die Bundespolitik ausübt“. Auch von der Händlervereinigung Treffpunkt hätte sie sich mehr erwartet. Immerhin habe sich der Handelsverband auf Bundesebene eingesetzt, „aber wir werden nicht gehört“.
Was sie nicht verstehen kann: Dass die Betroffenen nicht rebellieren, schließlich sei es für alle die gleiche Katastrophe. „Wie die Lämmer, die zur Schlachtbank geführt werden, so kommt es mir in Konstanz gerade vor“, sagt Ulmer, die sich in dieser Situation „machtlos und wütend“ gleichermaßen fühlt.
„Folgen noch nicht zu ermessen“
„Da draußen wird ums Überleben gekämpft. Das Elend ist relativ groß“, hatte es der scheidende Konstanzer Wirtschaftsförderer Friedhelm Schaal formuliert. Die Folgen der Pandemie und der Lockdowns seien noch nicht wirklich zu ermessen. Schätzungen auf Bundesebene besagten, dass in Deutschland etwa 50.000 Geschäfte neben dem „normalen Selektionsprozess“ schließen würden.
Auf Konstanz heruntergerechnet, bedeutet dies das Aus für 50 Läden, weitere Branchen nicht eingerechnet. Eine kleine Zwischenbilanz sei erst nach dem aktuellen Lockdown möglich. „Dann sieht man, wer noch aufmacht“, so Schaal.
Seit dieser Woche können die meisten Geschäfte zwar wieder Kunden empfangen, aber nur eingeschränkt und nach strengen Regeln – eine richtige Öffnung ist nicht abzusehen. „Wir haben viele Verzweiflungsschreie gehört“, sagt Schaal zur Situation in den vergangenen Monaten. „Die finanziellen Hilfen kommen spät.“
Auch die Stadt sieht Schaal in der Pflicht, Aufenthaltsqualität zu schaffen, damit Kunden wieder nach Konstanz kommen – wenn denn irgendwann wieder ein richtiger Einkaufsbummel möglich ist. Mit Blick auf den Zustand der Marktstätte merkt er an: „So wie hier kann es jedenfalls nicht sein.“