Keine Minute Stillstand, bilanziert Andreas Hoffmann, Vorstandsmitglied des Caritasverbands Konstanz und Geschäftsführer der Caritas-Altenhilfe Konstanz, bezüglich der Großbaustelle auf dem Gelände der ehemaligen Mädchenrealschule Zoffingen.

Bislang habe es keinen Corona-Ausbruch und keinen Unfall unter den Bauarbeitern gegeben, ebenso wenig wie Materialieferungsengpässe, so dass das Bauvorhaben nach Zeitplan verlaufe. Der Rohbau wurde gerade fertiggestellt, so dass Hoffmann mit der Fertigstellung des Großprojekts im Frühjahr 2023 rechnet.

Hoffmann ist stolz auf die Leistung der Handwerker, die vorwiegend aus Konstanz und dem nahen Umkreis stammen. Als Beispiel führt er den schwierigen Baugrund an. Denn der Neubautrakt sowie der Ergänzungsbau, der das Ensemble zum Rheinsteig vervollständigt, gründe auf 150 Rammpfählen, die jeweils 28 Meter lange sind, wie Projektleiter Benedikt Stadler mit Zahlen verdeutlicht.

Dieser Altbau – hier eine Ansicht vom Innenhof des Zoffingen-Areals – hat die katholische Kirchengemeinde nicht verpachtet. ...
Dieser Altbau – hier eine Ansicht vom Innenhof des Zoffingen-Areals – hat die katholische Kirchengemeinde nicht verpachtet. Im Gebäude links befindet sich eine Kapelle, die von den Pflegeheimbewohnern mitgenutzt werden kann. | Bild: Aurelia Scherrer

Ein bemerkenswertes Großprojekt

In vielerlei Hinsicht handle es sich um ein bemerkenswertes Großprojekt, das nicht zuletzt die katholische Gesamtkirchengemeinde ermöglicht habe, so Hoffmann. Sie hat das Areal der Schule vom Kloster Zoffingen gekauft und zum Großteil an die Caritas-Altenhilfe verpachtet. Lediglich der Altbau entlang der Klostergasse verbleibt in kirchlicher Hand. Jedoch: Die Kapelle im Innern des Gebäudes werde später von den Pflegeheimbewohnern mit genutzt.

Im schmucken Vestibül des Zoffingen-Altbaus stehen (von links) Andreas Hoffmann, Geschäftsführer der Caritas-Altenhilfe, Bärbel ...
Im schmucken Vestibül des Zoffingen-Altbaus stehen (von links) Andreas Hoffmann, Geschäftsführer der Caritas-Altenhilfe, Bärbel Sackmann, Heimleiterin des St. Marienhaus und Projektleiter Benedikt Stadler. | Bild: Scherrer, Aurelia

Das ist nicht das einzige Entgegenkommen der Kirche, denn: „Ein Pflegeheim in dieser Größenordnung an einem solchen Standort, da muss man mit rund 18 Millionen Euro rechnen“, erklärt Andreas Hoffmann. Dazu kämen noch Zusatzkosten für Denkmalschutz und dergleichen.

Diesbezüglich betont Hoffmann: „Wir erfahren große Unterstützung von der katholischen Kirchengemeinde Konstanz und Freiburg, denn durch Zuschüsse der Kirche und kirchlichen Partner wird das Pflegeheim erst möglich.“

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Der Rohbau ist fertig und damit beginnt jetzt nicht nur der Innenausbau, sondern auch die Restaurierung wesentlicher Details im denkmalgeschützten Altbau, wie beispielsweise Treppenhaus, Lamperien, Türen und die Wandgemälde im Vestibül.

„Der Altbau hat einfach Charme“, stellt Andreas Hoffmann fest. Bärbel Sackmann, Heimleiterin des Pflegeheims St. Marienhaus, freut sich vor allem auf den Neubau, denn die Fensterhöhe dort sei ideal, so dass auch Menschen im Rollstuhl die Sicht auf den Rhein genießen können.

Die Wandgemälde werden in Kürze restauriert.
Die Wandgemälde werden in Kürze restauriert. | Bild: Aurelia Scherrer

Natürlich wissen die Senioren von dem Umzug im kommenden Jahr. „Die Konstanzer freuen sich, denn die Niederburg ist attraktiv. Vor allem aber sind sie froh, in der Stadt bleiben zu können, anstatt irgendwo in ein Pflegeheim im Randgebiet zu ziehen“, berichtet sie. Der große Vorteil für die Lage in der Altstadt: „Hier bekommen sie eher Besuch.“

Gerade die Senioren wollten noch Leben um sich herum. Ein Plus des Hauses Zoffingen, was im Marienhaus nicht möglich ist: Im Erdgeschoss zur Hofseite werde ein Café mit Gartenterrasse eingerichtet, das nicht allein den Bewohnern vorbehalten ist. Im Gegenteil: „Jeder kann kommen. Es wird eine öffentliche Cafeteria“, so Andreas Hoffmann. Bärbel Sackmann ergänzt: „Das wird eine Bereicherung, gerade für die Bewohner.“

Die Kritik am Neubau bleibt

Als Bereicherung empfinden die Anwohner den Neubau entlang der Klostergasse hingegen nicht. Im Gegenteil: Schon frühzeitig begehrten einige während des Planungsprozesses auf – jedoch vergeblich. Damals hätten die Kritiker versucht, die Dimension des Baukörpers mittels Stangen und Luftballons zu verdeutlichen, erinnert sich Anwohnerin Brigitte Rabus. „Das hat aber keinen interessiert. Der Gemeinderat soll jetzt mal nach oben sehen. Die Höhe ist für den Eingang in die historische Altstadt untragbar“, sagt Brigitte Rabus dem SÜDKURIER.

Blick unter das Dach.
Blick unter das Dach. | Bild: Scherrer, Aurelia

Gerade im Hinblick auf den ältesten Stadtteil fügt sie an: „Die Sicht auf eines der ältesten Häuser ist jetzt völlig versperrt.“ Was sie klarstellt: Ihre Kritik gelte keinesfalls der Nutzung, sondern ausschließlich „der Überdimensionalität des Anbaus“. Damit werde sie sich nie anfreunden können.

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„Mir tut es in der Seele weh und es ist nicht rückgängig zu machen“, stellt sie resigniert fest, zumal sie den Neubau am Zoffingen nicht als einzige Bausünde in Konstanz ausmacht. „An der Laube passiert das gleiche“, so Rabus bezüglich des Laubenhofes. Sie übt Kritik am Gemeinderat: „Vorausschauende Politik hätte bedeutet, das Vincentius-Areal direkt der Caritas anzubieten; sie hätte das Gebäude nur modernisieren müssen.“

Architekt Rolf Huesgen zählte seinerzeit auch zu den Gegnern. An seiner Meinung hat sich bis heute nichts geändert. „Es ist fast noch schlimmer als befürchtet“, sagt er. „Die Dimension ist überzogen. Der Neubau passt sich nicht ein. Es ist respektlos der historischen Bausubstanz gegenüber“, meint er. „Es ist eine Klatsche ins Gesicht für die Niederburg und die angrenzenden Bewohner.“

Im künftigen Eingang des Hauses Zoffingen stehen (von links) Bärbel Sackmann, Heimleiterin St. Marienhaus, Projektleiter Benedikt ...
Im künftigen Eingang des Hauses Zoffingen stehen (von links) Bärbel Sackmann, Heimleiterin St. Marienhaus, Projektleiter Benedikt Stadler, Oberbürgermeister Uli Burchardt und Andreas Hoffmann, Geschäftsführer Caritas-Altenhilfe. | Bild: Aurelia Scherrer

OB betont die Notwendigkeit

„Zu dicht, zu hoch, zu viel. Ich kann die Anwohner verstehen“, sagt Oberbürgermeister Uli Burchardt. „Aber es ist richtig, in dieser Größe zu bauen.“ Dabei verweist er auf den demografischen Wandeln und den künftigen Bedarf an Pflegeplätzen. Dass sich mit dem Zoffingen die Chance ergab, ein Pflegeheim auf linksrheinischer Seite einrichten zu können, erachtet er als „Fügung“, als „ein seltenes Glück“. Die Alternative wäre sonst gewesen, dass das Marienhaus schließt und damit Pflegeplätze in der Innenstadt verloren gegangen wären, so Burchardt.

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