1924 wurde sie in schweren Zeiten gegründet. Als ein Brot 200 Milliarden Mark kostete, trauten sich ein paar mutige Konstanzer, etwas gegen die Wohnungsnot zu tun. Sie gründeten das Unternehmen, das heute Wobak heißt. 100 Jahre später hat es allen Anlass, das Jubiläumsjahr zu feiern.

Und während es wohl kaum Konstanzer gibt, die den Namen Wobak noch nie gehört haben, dürfte manches Detail aus der Geschichte auch gute Konstanz-Kenner in Erstaunen versetzen. Beim Start ins Jubiläumsjahr präsentierten der Konstanzer Stadtarchivar und der von der Wobak mit der historischen Erforschung beauftragte Historiker Ingo Stader von der Agentur H&C Stader in Mannheim mit spannenden Fakten.

Zu Beginn des Jubiläumsjahrs 100 Jahre Wobak: Historiker Ingo Stader, Geschäftsführer Jens-Uwe Götsch, Stadtarchivar Jürgen Klöckler.
Zu Beginn des Jubiläumsjahrs 100 Jahre Wobak: Historiker Ingo Stader, Geschäftsführer Jens-Uwe Götsch, Stadtarchivar Jürgen Klöckler. | Bild: Rau, Jörg-Peter

1. Etwa jeder zehnte Konstanzer lebt in einer Wobak-Wohnung.

Die Wobak hat nach eigenen Angaben rund 4400 eigene Wohnungen in allen Größen, aber vergleichsweise wenige Ein-Zimmer-Wohnungen. Das entspricht etwa zehn Prozent aller Wohnungen, die es in Konstanz gibt (laut Statistischem Landesamt liegt der Bestand bei rund 46.000 Wohnungen).

Da die Wobak-Wohnungen im Schnitt mehr Zimmer haben als im Landesmittel und deshalb auch von mehr Menschen bewohnt werden dürften, kann man davon ausgehen, dass mindestens jede zehnte Person in Konstanz ihr Obdach bei der Wobak hat.

Das könnte Sie auch interessieren

2. Die Wobak hieß lange Zeit eigentlich anders, kaum jemand hat die Veränderung bemerkt.

Der Name ist geläufig, aber bei weitem nicht schon 100 Jahre alt. Was heute Wobak heißt, wurde 1924 als Wobag („gemeinnützige Wohnungsbau-Aktiengesellschaft“) gegründet. Interessanterweise hatte sie auch „Oberbaden“ mit im Namen, war also zunächst nicht allein auf Konstanz fixiert. 1979 änderte sich die Rechtsform in eine GmbH.

Aber weil der Name schon in aller Munde war, wurde aus dem G ein K und aus der Aktiengesellschaft die „Wobak – Städtische Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH“. Und wer spricht und hört schon so genau, dass man den Unterschied im Auslaut wirklich bemerkt?

Im Wandel der Zeit: Logos aus der 100-jährigen Geschichte der heutigen Konstanzer städtischen Wohnungsbaugesellschaft Wobak.
Im Wandel der Zeit: Logos aus der 100-jährigen Geschichte der heutigen Konstanzer städtischen Wohnungsbaugesellschaft Wobak. | Bild: Rau, Jörg-Peter

3. Nicht nur bei der Fähre und beim Stadtbus, auch für die Wobak hat Fritz Arnold viel erreicht.

Fritz Arnold, dem legendären SPD-Politiker, haben die Konstanzer nicht nur maßgeblich Bus und Fähre zu verdanken. Bei der Recherche der Unternehmensgeschichte wurde auch deutlich, wie groß sein Einfluss auf die Entwicklung der heutigen Wobak war.

Als Zweiter Bürgermeister, wie es damals hieß, hatte er sich ab 1919 der Daseinsvorsorge verschrieben. Energie, Mobilität und Wohnen stellten für ihn öffentliche Aufgaben dar, die von der Stadt und ohne Streben nach Gewinnmaximierung übernommen werden sollten. 1933 wurde Arnold von den Nazis des Amtes enthoben, 1946 kehrte er nochmals kurz ins Rathaus zurück. Er starb 1950.

Das könnte Sie auch interessieren

4. Vor 100 Jahren war eine Baugenehmigung eine Sache von wenigen Monaten.

Wenn heute eine Baulücke geschlossen wird, dauert das oft viele Jahre. An manchen Projekten hat die Wobak auch schon ein Jahrzehnt und länger gebraucht, bis die ersten Bewohner einziehen konnten. Um so überraschender ist ein Dokument, das der Geschichtsforscher Ingo Stader im Archiv gefunden hat.

Bereits im Dezember 1924, nur wenige Wochen nach der Gründung am 31. Oktober, hatte die neue Wohnbaugesellschaft schon die erste Baugenehmigung von der Stadt bekommen. Kleine ironische Note: Es ging damals um einen Neubau am Döbele – das heute jetzt nicht gerade für Geschwindigkeit im Wohnbau steht.

Das könnte Sie auch interessieren

5. Konstanz ist nie der Versuchung erlegen, das Tafelsilber zu verscherbeln.

Dass es die Wobak heute noch gibt, ist weniger selbstverständlich, als viele glauben. Nicht wenige Städte haben in Zeiten der Not oder als man Wohnungsbau nicht für eine kommunale Aufgabe hielt, ihre Wohnbaugesellschaften verkauft. In Freiburg konnte nur ein Bürgerentscheid einen solchen Versuch der damaligen Stadtspitze stoppen. In Dresden kam die Stadt damit durch.

Und in der Nachbarstadt Singen ging fast der komplette Immobilienbestand der insolventen städtischen Wohnbaugesellschaft GVV an ein Investorenkonsortium unter der Leitung der Oswa-Gruppe. Die Konstanzer Wobak dagegen stand nie ernsthaft zur Disposition – und so hat die Stadt bis heute einen maßgeblichen Einfluss auf den Wohnungsmarkt.

Das könnte Sie auch interessieren

6. Wer meint, in Konstanz werde viel gebaut, hat die 60er-Jahre nicht miterlebt oder vergessen.

Baukräne überall? Das ist kein Phänomen der jüngsten Niedrigzinsphase. So ziemlich das schnellste Wachstum hat Konstanz in den 1960er-Jahren erlebt. In diesem einen Jahrzehnt entstehen nicht weniger als 8595 Wohnungen. Insbesondere Wollmatingen, Fürstenberg und der Sonnenbühl verändern ihr Gesicht.

Die Wobak und die zeitweise parallel geführte Sozialbau Konstanz sind vor allem in der Wallgut-, Danziger, Breslauer und Brandenburger Straße aktiv und schaffen günstigen Wohnraum. Der anvisierte Mietpreis einer Sozialwohnung lag damals übrigens bei 1,61 Mark (heute 82 Cent) pro Quadratmeter.

Wohnungsbau damals: In den 1960er-Jahren wuchs Konstanz besonders rasant.
Wohnungsbau damals: In den 1960er-Jahren wuchs Konstanz besonders rasant. | Bild: Stadtarchiv
Das könnte Sie auch interessieren

7. Wo heute die Wobak ihre Zentrale hat, exerzierten früher Soldaten verschiedener Armeen.

Die Wobak hat seit 20 Jahren ihre Zentrale am Benediktinerplatz. Nicht immer stand dieser Ort so sehr im Zeichen einer friedlichen und weltlichen Nutzung. Wie Stadtarchivar Jürgen Klöckler zum Start des Wobak-Jubiläumsjahrs sagte, befand sich dort über Jahrhunderte ein Kloster, das dann durch die Säkularisation an das Haus Baden fiel.

Die Markgräfliche Familie nutzte Gebäude und Gelände dann für eine Kaserne – die ersten dort stationierten Soldaten standen in den Diensten des Hauses Baden. Später übernahmen die Reichswehr und dann die Wehrmacht die Kaserne, bevor dort von 1945 bis 1977 Soldaten der französischen Besatzungsmacht dienten.

Das könnte Sie auch interessieren