Zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen stand ein Angeklagter vor Gericht, der das Nein seines Ex-Partners nicht hinnehmen wollte. Ende Februar wurde ein 41-Jähriger Stockacher verurteilt, weil er seiner ehemaligen Angestellten monatelang nachstellte, obwohl diese nichts von ihm wissen wollte. Nur wenige Wochen zuvor war eine Radolfzellerin angeklagt, weil sie sich gegen Polizisten wehrte, die sie nach einem Streit von Grundstück ihres Ex-Freundes entfernen wollten. Nun war es wieder ein junger Mann, der handgreiflich geworden war, weil er mit dem Nein seiner Ex-Freundin nicht anders umzugehen wusste.
Die Staatsanwaltschaft warf dem 32-jährigen Angeklagten Körperverletzung vor. Er soll die 36-jährige Frau am 29. November vergangenen Jahres vor einer Flüchtlingsunterkunft im Raum Radolfzell, in der beide zeitweise zusammen in einem Zimmer lebten, zweimal mit der flachen Hand an die Brust sowie ins Gesicht geschlagen haben. Zudem soll er sie gewürgt haben. Gegen den ursprünglichen Strafbefehl über 35 Tagessätze zu je 15 Euro hatte der Angeklagte Einspruch eingelegt. Vor Gericht leugnete er sämtliche Vorwürfe.
Angeklagter: „Ich habe nichts getan!“
Der Angeklagte berichtete von einer achtmonatigen Beziehung mit der Geschädigten, die diese drei oder vier Monate vor der vermeintlichen Tat beendet habe. In der Zeit habe man auch das Zimmer geteilt. Als er sie an diesem Novemberabend zufällig vor der Unterkunft gesehen habe, habe er sie erneut angesprochen, „um seine letzte Chance“ auf eine erneute Beziehung zu nutzen, erklärte er. Stattdessen sei es aber zum Streit gekommen, in dessen Verlauf sie ihn am Kragen gepackt und ihm mit der Polizei gedroht habe. Er sei daraufhin gegangen.
Warum sie ihn nun mit diesen Vorwürfen belastet, könne er nicht verstehen. „Ich habe nichts getan“, bekräftigte er mehrmals. Nach dem Vorfall habe er ihr Nein zudem akzeptiert. Seither habe es nur noch zufällige Begegnungen im gemeinsamen Sprachkurs gegeben.

Doch Richterin Ulrike Steiner schenkte dessen Aussagen wenig Glauben – alleine schon wegen der offensichtlichen Lüge über seinen Alkoholkonsum in der Tatnacht. So behauptete er vor Gericht mehrfach, lediglich ein Bier getrunken zu haben. Ein Atemalkoholtest hatte hingegen 1,16 Milligramm pro Liter, also etwa 2,3 Promille ergeben. Steiner vertraute stattdessen auf die „sehr glaubhaften“ Schilderungen der 36-jährigen Geschädigten. Die beschrieb die Tat, deren Vorgeschichte und die darauf folgenden Wochen vor Gericht mit spürbarer Verschüchterung und einigen Widersprüchen zu den Angaben des Angeklagten.
Angeklagter bedrängte 36-Jährige schon zuvor mehrfach
Die Frau bestritt, dass sie überhaupt eine so lange Beziehung mit dem 32-Jährigen, der vor Gericht konsequent den Blickkontakt mit seiner Ex-Freundin vermied, geführt habe. Stattdessen habe man es zu Beginn des Jahres 2023 einen Monat lang miteinander probiert und auch das Zimmer geteilt. Im Anschluss habe sie das Verhältnis wegen des täglichen Alkoholkonsums des Angeklagten beendet, was dieser jedoch nicht habe wahrhaben wollen. So habe er sie immer wieder bedrängt oder gar beleidigt und angeschrien. Sechs oder sieben Mal habe sie deshalb die Polizei gerufen. „Ich habe mich gedroht gefühlt“, erklärte sie vor Gericht sichtlich eingeschüchtert mit leiser Stimme.
Zum Zeitpunkt der Tat am 29. November sei der Angeklagte wegen seines Verhaltens bereits in eine andere Unterkunft im Raum Radolfzell verlegt gewesen, berichtete die Frau. Er habe sie daher gar nicht zufällig vor dem Eingang getroffen, sondern sei bewusst in denselben Bus wie sie gestiegen und ihr bis zur Türe ihres Zimmers in der Unterkunft gefolgt. Sie habe ihm ein Eintritt verweigert und sei stattdessen wieder mit vor die Türe des Hauses gekommen, wo der Streit dann eskaliert sei.
Die 36-Jährige sagte aus, sie habe ihm direkt mit der Polizei gedroht und deren Nummer gewählt. Der Angeklagte habe ihr daher das Handy abnehmen wollen und sie an den Händen gepackt. Anschließend im Gerangel habe er sie gegen die Brust sowie ins Gesicht geschlagen und gewürgt, sie habe sich mit einem Griff an seine Umhängetasche und Tritte gegen das Schienbein zu wehren versucht. Als dem Angreifer klar geworden sei, dass die Polizei unterwegs ist, sei er geflüchtet, berichtete sie weiter.
Höhere Strafe wegen Verhalten nach der Tat
„Ich kenne ihn gut, aber an dem Tag war besonders aggressiv und wütend. Ich habe Angst vor ihm“, sagte die Frau. Eine Aussage, die ein Polizist, der am Tatort war, vor Gericht als glaubhaft bestätigte. „Ich will diese Person nicht mehr in meinem Leben haben“, stellte die Geschädigte deshalb klar. Nach der Tat sei sie daher zwei Monate zu Verwandten nach Berlin geflüchtet. Doch nach ihrer Rückkehr habe er sie mehrfach aufgesucht oder sei bewusst im selben Bus gefahren – zuletzt nur eine Woche vor der Verhandlung.
Besonders die Aussagen zum Verhalten des Angeklagten nach der Tat, das zuvor so nicht bekannt gewesen war, wurden diesem vor Gericht zum Verhängnis. Die Staatsanwaltschaft forderte daher, die ursprünglich im Strafbefehl angesetzten 35 Tagessätze zu je 15 Euro auf 50 zu erhöhen. Wegen seiner „Uneinsichtigkeit“ brauche es eine „deutliche Geldstrafe.“ Richterin Ulrike Steiner stimmte dem zu und verurteilte ihn zu insgesamt 750 Euro Geldstrafe. Sie stellte in Richtung des Angeklagten klar: „In Deutschland bedeutet das Nein einer Frau auch nein.“