Aquarium, Robinson Club, Tauchhotel, Baumhaushotel – die Liste der Pläne für das Streuhau war in den vergangenen Jahrzehnten lang und bunt. Doch nun ist in der vergangenen Gemeinderatssitzung ein Punkt hinter die Debatte gesetzt worden, was mit dem Areal zwischen Naturschutzgebiet Radolfzeller Aachried und dem Herzen passieren soll – nämlich nichts.
Mit überwiegender Mehrheit ist in der vergangenen Gemeinderatssitzung beschlossen worden, das Streuhau als Landschaftsschutzgebiet auszuweisen. Ein Antrag der FGL-Fraktion, auch ein Änderungsverfahren des Flächennutzungsplans einzuleiten, ist ebenfalls positiv beschieden worden. Damit soll das Gebiet auch langfristig geschützt werden, denn noch ist es im Flächennutzungsplan für touristische Zwecke vorbehalten.
Touristische Nutzung soll langfristig ausgeschlossen werden
Keine Garantie also, dass nicht in einigen Jahren ein neuer Versuch der Bebauung oder touristischen Nutzung gestartet wird. Dem will ein Großteil des heutigen Gremiums so einen Riegel vorschieben. Dafür gab es aus dem Zuschauerraum spontanen Beifall der Besucher und Vertreter der Naturschutzverbände.
Nicht ganz so glücklich waren die Stadträte der Freien Wähler und FDP. „Das Areal ist die letzte große Entwicklungsmöglichkeit der Stadt und wir verbauen uns hier eine wichtige Chance“, mahnte Dietmar Baumgartner von den Freien Wählern seine Ratskollegen. Künftige Generationen könnten so nicht auf dieses Gebiet zurückgreifen und Radolfzell hätte so keinerlei Wachstumsmöglichkeit mehr.

Auch Jürgen Keck befand die Entscheidung, das Streuhau langfristig dem Landschaftsschutz zu unterstellen, für falsch. „Radolfzell ist eine Tourismusstadt, dafür braucht es Infrastruktur“, sagte Keck, Fraktionssprecher der FPD. Das Streuhau sei bei Weitem nicht so hochwertig wie angenommen, im Boden schlummerten Altlasten, man solle das Gebiet doch weiterhin für die touristische Nutzung vorhalten. „Ökologisch hat das Gebiet keinerlei wertvolle Ambitionen“, befand Keck.
Oberbürgermeister Simon Gröger blieb bei seiner Haltung, die er im Wahlkampf vertreten hatte, und befürwortete den vollständigen Schutz des Gebietes. Gleichzeitig lud er zum Gespräch aller ansässigen Vereine und Interessensgruppen aus dem Herzen-Areal zu einem Runden Tisch, um die Ausgangslage für eine gemeinsame Nutzung des Herzengeländes zu erarbeiten.
Das Hotel soll aber weiter geplant werden
Denn so gespalten die Meinungen beim Thema Landschaftsschutz noch sind, so einig war sich der Gemeinderat beim Thema Hotelprojekt. Einstimmig beschloss man den Plan von Bora-Inhaber und Investor Bernd Schuler, eine Hotelerweiterung im Herzen voranzubringen. Obwohl es etliche Konflikte mit den bereits im Herzen ansässigen Vereinen, der Gastronomie und dem Skateplatz mit sich bringen könnte.
Wolfgang Keller, Leiter der Abteilung Landschaft und Gewässer, erklärte, man werde für diese Konflikte kurz-, mittel- und langfristige Lösungen suchen müssen. Am Runden Tisch sei dies von den Betroffenen deutlich gemacht worden. Die Parkplatzsituation sei ein Problem. Der Skateplatz sollte eigentlich ausgebaut werden, dadurch und durch das Angebot der „Tanke – Haus am See“ wird vermutet, dass es zu Konflikten zwischen den ruhesuchenden Hotelbesuchern und den Tanke-Gästen und Jugendlichen kommt.
Im Herzen lauern viele Nutzungskonflikte
Wie diese Lösungen aussehen könnten, blieb in der Sitzung offen. Wolfgang Keller erklärte, dass man das gesamte Nutzungskonzept im Herzen ins Auge fassen und erarbeiten möchte, wie Vereine, Hotel, Tanke und Skateplatz zusammengehen können. Siegfried Lehmann, Fraktionsvorsitzender der Freien Grünen Liste, plädierte für einen „kraftvollen Beschluss“ für das Hotelprojekt, um dem Investor eine Perspektive zu geben und um den Planungsprozess voranzubringen.

Wieder war es Jürgen Keck, der die Hotelerweiterung an dieser Stelle östlich des bereits bestehenden Bora-Hotels für nicht praktikabel hielt. Die dort ansässigen Vereine ließen sich nicht aus dem Herzen umsiedeln, wie es mit dem Bodenseereiter möglich gewesen sei. Gerade wassersporttreibende Vereine müssten am Wasser bleiben, so Keck. Gisela Kögel-Hensen (FGL) griff diese Argumentation auf und fragte, ob es denn dann einen Skateplatz direkt am See bräuchte.
Vereine im Streuhau müssen sich auf Umzug einstellen
Doch einige Vereine, die noch im Streuhau angesiedelt sind, sollen auf Wunsch der FGL dort ausziehen. Siegfried Lehmann möchte eine vollständige Beruhigung des Areals, sobald es offiziell ein Landschaftsschutzgebiet ist. „Wir sollten die intensive Nutzung des Streuhau zurückfahren“, so Lehmann. Der Steg auf Höhe des ehemaligen Bodenseereiters, der noch von einigen Vereinen genutzt werde, solle im besten Falle verlegt werden. Damit in dem Landschaftsschutzgebiet direkt neben dem Naturschutzgebiet endgültig Ruhe einkehren könne. „Wir werden Alternativen anbieten, wir wollen niemandem etwas wegnehmen“, sagt Lehmann.