Das Elternhaus als Drogenlager. Dieses Bild zeichnete sich für die Polizeibeamten im Sommer 2021, die bei der Hausdurchsuchung eines 38-Jährigen und seines 33-jährigen Bruders aus Radolfzell beteiligt waren. Mit zwei weiteren Angeklagten, einem 34-jährigen Radolfzeller und einem weiteren 38-Jährigen aus Engen, müssen sich die zwei Brüder aktuell vor dem Konstanzer Landgericht verantworten. Ihnen allen wird Drogenhandel im großen Stil vorgeworfen. Sie sollen mehrere Kilogramm Cannabis, Kokain und Amphetamine verkauft haben. Zum Teil, um ihre eigene Drogensucht zu finanzieren.

Hausdurchsuchung offenbart Drogenverstecke an jeder Ecke

Am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht gaben Kriminalbeamte Einblick in die polizeiliche Ermittlungsarbeit. Unter anderem wurden Fotografien der Hausdurchsuchung bei den beiden Brüdern gezeigt. Beide wohnen gemeinsam mit ihren Eltern in einem Zweifamilienhaus. Im Erdgeschoss befindet sich die elterliche Wohnung.

Eine blühende Cannabispflanze.
Eine blühende Cannabispflanze. | Bild: Sebastian Kahnert

Der jüngere Bruder zog in die ehemalige Wohnung des verstorbenen Großvaters ins erste Obergeschoss. In den Dachgeschossräumen wohnt der ältere Bruder. Zu dem Anwesen gehören noch eine Art Scheune und eine alte Garage, in der Fahrräder untergestellt sind. An allen Orten, außer der elterlichen Wohnung, haben die Beamten Drogen oder Utensilien zur Herstellung und Verpackung von Drogen gefunden.

Das könnte Sie auch interessieren

Im Keller des Wohnhauses fanden die Polizisten, die kurz vor 7 Uhr morgens bei der Familie aufschlugen, eine professionelle Indoor-Marihuana-Plantage, wie der Kriminalkommissar, der die Durchsuchung geleitet hatte, im Zeugenstand aussagte.

Die Kellertür sei abgeschlossen gewesen, der Schlüssel befand sich in der Wohnung des 33-Jährigen im ersten Obergeschoss. In der Wohnung des Mannes hätten im Schlafzimmer Cannabis-Blüten zum Trocknen gehangen. Auf dem Balkon standen weitere Marihuana-Pflanzen. „Im ganzen Haus roch es ziemlich penetrant nach Cannabis“, schilderte der Kommissar vor Gericht.

Trotz Cannabisgeruch will einer von nichts gewusst haben

Dieser Eindruck widerspricht der Aussage der Brüder vom ersten Verhandlungstag, bei dem beide ausgesagt hatten, der Ältere der beiden habe nichts von der Aufzuchtanlage und den Drogengeschäften seines kleinen Bruders im Elternhaus gewusst. In den Wohnräumen des 38-Jährigen im Obergeschoss des Hauses fanden die Beamten zwar keine Drogen.

Doch lagen dort eine größere Summe Bargeld – mehrere tausend Euro –, Cannabis-Samen sowie ein Stempel, mit dem man Ecstasy-Tabletten herstellen und prägen kann. Hunderte dieser Tabletten mit dem passenden Aufdruck wurden gemeinsam mit Kokain und einer durchgeladenen Schreckschusspistole in der alten Garage auf dem Grundstück gefunden.

Das könnte Sie auch interessieren

Fragen warf auch die angebliche Amphibienzucht des 38-Jährigen auf, mit der er sich ein bisschen was dazuverdient haben soll. Einer regulären Arbeit ist keiner der Brüder seit dem Ende ihrer schulischen Laufbahn nachgegangen. Die Polizei fand zwar zwei Tiere, diese waren jedoch beim jüngeren Bruder untergebracht.

Der 38-Jährige hatte vor Gericht ausgesagt, dass in dem Kellerraum, in dem die Cannabis-Pflanzen waren, zuvor seine Amphibienzucht untergebracht war. Seine Eltern hätten deshalb den Raum gemieden, weil sie sich vor den Tieren fürchteten, das soll der jüngere Bruder am Rande der Hausdurchsuchung erwähnt haben.

Für die Amphibienzucht gibt es keine Belege

Der 38-Jährige hält derweil am Wahrheitsgehalt seiner Amphibienzucht fest, auch wenn es scheinbar keinerlei Hinweise und Beweise für die Existenz einer solchen Aufzucht gibt. Im gesamten Haus waren Wärmelampen festgestellt worden. Doch solche waren auch für die Cannabispflanzen im Keller installiert worden. Bis zu 44 Tiere will der Angeklagte manchmal besessen haben. Belege über den Verkauf der Amphibien gebe es allerdings nicht. Und auch die Eltern der beiden machen von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und wollen auch keine Auskunft über die Amphibienzucht geben. „Sie wissen aber schon, dass wir mit Ihren Angaben recht wenig anfangen können“, ermahnte der Vorsitzende Richter Joachim Dospil den Anwalt des 38-Jährigen.

Das könnte Sie auch interessieren

Unklar ist auch, wem die zweite Schreckschusspistole gehört, die im Treppenhaus in einer Kommode gefunden wurde. Den Besitz der Pistole aus der alten Garage gab der 33-Jährige zu, die Pistole im Haus sei nicht seine. Auch die Drogen selbst aus der Garage, das Kokain und die Ecstasy-Tabletten würden ihm nicht gehören. Diese bewahre er nur für jemanden auf, der ihm als Gegenleistung erlaubt, etwas Kokain für den Eigenkonsum einzubehalten. Aus Angst vor Konsequenzen weigerte er sich aber, den Namen des Besitzers zu nennen.

Einblick in die Arbeit der Ermittler gab ein weiterer Zeuge. Dieser leitet die verdeckten Ermittler beim Landeskriminalamt (LKA) und hatte von seiner Behörde eine Genehmigung erhalten, eine Aussage zu machen. Dabei dürfe er aber nichts über die Ermittler oder sonstige sensible Interna des LKA offenlegen, um weitere verdeckte Ermittlungen nicht zu gefährden. Der vom LKA eingesetzte verdeckte Ermittler hatte es innerhalb kürzester Zeit geschafft, von dem 34-jährigen Angeklagten eine größere Menge Cannabis zu kaufen und eine weitere, weitaus größere Menge zu bestellen. „Wir wollten so an die Hintermänner der Organisation gelangen“, erklärte der Beamte das Vorgehen.