Es war eine Verhandlung, die auch Richterin Ulrike Steiner betroffen machte: Ein 43-Jähriger aus dem Landkreis Konstanz musste sich kürzlich vor dem Amtsgericht Radolfzell verantworten, weil er eine Frau im Sommer 2023 nach einer Auseinandersetzung auf dem Boden fixiert und ins Gesicht geschlagen haben soll. Mit ihr wohnt er zusammen, die genaue Beziehung wurde vor Gericht jedoch nicht deutlich: Mehrfach wurde sie als Partnerin des 43-Jährigen bezeichnet, er selbst sprach jedoch von einer „schwierigen Situation“.
Der Angeklagte gab an, seit der Corona-Pandemie regelmäßig nach der Arbeit zu trinken. „Ich habe ein Alkoholproblem“, gab er offen zu. „Ein ziemlich großes.“ Auch psychisch habe er mit Problemen zu kämpfen.
Allerdings wolle er mit dem Trinken aufhören, zum Zeitpunkt der Verhandlung hatte er sich bereits um einen Termin bei der Suchtberatung bemüht. Denn „es muss was passieren“, erklärte er. Schon mehrfach sei er handgreiflich gegenüber der Frau geworden, mit der er weiterhin zusammen wohnte – so auch wieder kurz vor dem Gerichtstermin. Und in seinem Vorstrafenregister finden sich auch weitere Einträge, unter anderem wegen Körperverletzung, dem Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln und Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Was passierte an diesem Tag?
An die Tat selbst konnte sich der Angeklagte nach eigenen Angaben nicht erinnern, lediglich daran, dass er sich nach einem Streit mit der Geschädigten hingelegt hatte. Wie viel er zuvor getrunken habe, wisse er ebenfalls nicht. Die Tat räumte er dennoch ein, denn die Frau lüge nicht, sagte er.
Um mehr über das Geschehen zu erfahren, war das Opfer selbst als Zeugin geladen, vor Gericht wollte sie jedoch kaum etwas sagen und mit der Tat am liebsten nichts mehr zu tun haben. Wie deutlich wurde, hatte auch nicht sie den 43-Jährigen angezeigt, sondern ein Arzt.
Es soll seine letzte Chance sein
Die Staatsanwaltschaft forderte aufgrund der einschlägigen Vorstrafen und eines Bewährungsbruchs eine Freiheitsstrafe von drei Monaten. Dem stimmte der Verteidiger des Angeklagten zu, er sprach sich jedoch dafür aus, diese auf Bewährung auszusetzen.
Schlussendlich folgte Ulrike Steiner der Forderung der Staatsanwaltschaft. Sie riet dem Angeklagten dazu, aus der gemeinsamen Wohnung mit der Geschädigten auszuziehen und seine Situation zu verbessern. „Ich glaube, dass es jetzt wirklich die letzte Chance ist“, betonte sie. Rechtskräftig ist das Urteil jedoch nicht: Wie das Amtsgericht auf Nachfrage mitteilt, wurde Berufung eingelegt.