Die Vorstellungen könnten kaum unterschiedlicher sein. Die eine Seite möchte in der Riedernstraße 13 in Worblingen ein sanierungsbedürftiges Anwesen abreißen und dort zwei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 13 Wohneinheiten und einer Tiefgarage zu bauen und die andere Seite möchte dieses Bauvorhaben verhindern und das Ortsbild unverändert lassen.

„Spannender als jeder Krimi“, findet die Anwohnerin

Susanne Breyer ist die Nachbarin des von der Abrissbirne bedrohten Gebäudes. „Das ist spannender als jeder Krimi“, sagt sie und setzt sich für den Erhalt des Gebäudes ein. „Durch den Abriss des Anwesens verändert sich das Ortsbild einschneidend“, befürchtet sie und spricht in diesem Zusammenhang sogar von Zerstörung des Ortsbildes.

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Gekauft wurde das Objekt von der Manz Baubetreuungs- und Beratungs-GmbH aus Radolfzell. Geschäftsführerin Karin Vögele erklärt im Gespräch mit dem SÜDKURIER, die Anwohner möglichst wenig belasten zu wollen. Mit dem Bauvorhaben solle so dringend gebrauchter Wohnraum für junge Familien sowie altersgerecht für ältere Personen herstellen werden.

Seit vielen Jahren sei man am Markt tätig und stets bemüht, alle Beteiligten zufrieden zu stellen, so Vögele. Zusammenfassend berichtet sie von einem deutlichen Zuspruch, den sie aus dem Ort erlebe und positivem Interesse aus der Öffentlichkeit sowie positiven Rückmeldungen für den geplanten Neubau.

Pläne wurden schon mehrfach angepasst

Die Pläne für das Bauvorhaben der beiden Häuser mit 13 Wohneinheiten sind bereits sehr konkret. Mehrfach waren diese in Ausschusssitzungen verhandelt und den Vorstellungen und Wünschen der Ratsmitglieder angepasst worden. Eine Baugenehmigung liegt laut Karin Vögele aktuell noch nicht vor, diese werde beim Landratsamt Konstanz bearbeitet.

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Auf die Frage, ob sich Susanne Breyer für den Erhalt des alten Nachbargebäudes auch dann einsetzen würde, wenn sie nicht direkte Nachbarin des betroffenen Anwesens wäre antwortet sie mit einem eindeutigen Ja. Aber sie ist nun mal betroffen und sieht vor allem ihr eigenes Haus statisch bedroht.

Sorgen um statische Sicherheit

Die Scheunen der beiden Gebäude seien direkt zusammengebaut, es gebe nur eine gemeinsame Mauer. Groß ist ihre Sorge um die Statik ihres Wohnhauses beim möglichen Abriss des benachbarten Anwesens. Diese Gedanken kann Karin Vögele verstehen. Sie erklärt, man habe für die Prüfung der Statik erfahrene Fachingenieure eingesetzt. „Nach entsprechender Prüfung und einer angemessenen Lösung werden wir die Standsicherheit des Hauses der Nachbarin gewährleisten“, so Karin Vögele.

Die Scheunen der beiden Häuser sind aneinandergebaut.
Die Scheunen der beiden Häuser sind aneinandergebaut. | Bild: Sandra Bossenmaier

Das eine Haus steht unter Denkmalschutz, das andere nicht

Das Bauvorhaben sei inzwischen auch vom Fachbereich des Landesamts für Denkmalpflege geprüft worden, heißt es von Seiten der Pressestelle des Regierungspräsidiums Stuttgart auf Nachfrage des SÜDKURIER. Die Behörde bestätigt, dass es sich beim abzureißenden Gebäude nicht um ein Kulturdenkmal handle.

Einem Abriss steht demnach von Seiten des Denkmalamts offenbar nichts entgegen. Diese Entscheidung stößt bei Susanne Breyer allerdings auf absolutes Unverständnis. Das gesamte Anwesen sei noch vor hundert Jahren ein zusammengehörendes Ensemble gewesen. Heute stehe ihr Haus unter Denkmalschutz. „Und das benachbarte Anwesen soll nicht denkmalwürdig sein?“, fragt sie. Das könne sie nicht nachvollziehen.

Wohnraum wird dringend gebraucht

Dabei zeigt Susanne Breyer großes Verständnis dafür, dass man dringend Wohnraum schaffen muss: „Hier sollen Menschen leben und das Nachbaranwesen muss saniert werden“. Aber es dürfe eben nicht abgerissen werden. Wenn es nach ihr geht, soll mit dem Gebäude ressourcenschonend umgegangen werden. Mit nachhaltigen und kreativen Ideen könne man das Haus so sanieren, dass es in das Ortsbild des Unterdorfes Worblingen passe, sagt Susanne Breyer.

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Für die Karin Vögele ist eine solche Überlegung unrealistisch. Das Gebäude könne nicht erhalten werden, es schütze aktuell weder vor Witterung noch vor Kälte. Die vorhandenen Ressourcen könnten kaum erhalten und müssten ersetzt werden, führt sie weiter aus. Dazu sei ein Brandschutz schwer einzuhalten und der Schall im Falle eines Ausbaus nicht zu isolieren.

Mobiler Gestaltungsrat wurde nicht hinzugezogen

In einem Beschluss des Gemeinderates aus dem Jahr 2020 wurde auf Antrag der Fraktion der Grünen mit großer Stimmenmehrheit beschlossen, bei herausragenden städtebaulichen Objekten im Einzelfall den mobilen Gestaltungsbeirat der Architektenkammer projektbezogen mit ins Boot zu holen.

Im Fall Riedernstraße hatte man im Technischen- und Umweltausschuss mehrheitlich entschieden, Entscheidungen bezüglich des Bauvorhabens ohne einen solchen Gestaltungsbeirat treffen zu können. Gemeinderätin Jana Akyildiz akzeptiert diese Entscheidung, findet es jedoch schade. Denn die Installation des mobilen Gestaltungsbeirates wäre ihrer Meinung nach eine gute Chance gewesen, die Sensibilität im Umgang mit der Baukultur innerhalb der Gemeinde Rielasingen-Worblingen zu stärken.