Wo sonst die Bahn-Historie unterwegs ist, soll bald die Zukunft der Eisenbahn Fahrt aufnehmen. „Es wird nicht spektakulär sein, aber sehr schön aussehen“, sagt Stefan Bernsdorf vom Schienenfahrzeugbau-Unternehmen Stadler Rail, das seinen Hauptsitz im ostschweizerischen Bussnang hat. Nicht spektakulär – damit meinte er die Testfahrten des von Stadler gebauten Triebzuges Flirt H2, der aus zwei elektrisch angetriebenen Endwagen und einem sogenannten Power-Pack in der Mitte besteht. Dieses Power Pack enthält die Brennstoffzellen und Wasserstofftanks. Ein Zug also, der mitgeführten Wasserstoff in elektrische Energie umwandelt und der mit seinen blauen Flecken schön aussieht.

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Während also auf deutscher Seite Gutachter beauftragt werden sollen zu prüfen, ob ein Linienverkehr auf der Strecke wirtschaftlich betrieben werden kann, testen die Eisenbahner auf Schweizer Seite eine Technologie, die diesen Betrieb dereinst ermöglichen könnte.

Seit einigen Jahren rollen nur noch historische Dampfzüge auf der Museumsbahnlinie Singen-Etzwilen.
Seit einigen Jahren rollen nur noch historische Dampfzüge auf der Museumsbahnlinie Singen-Etzwilen. | Bild: Georg Trueb

Der Flirt H2 wird nicht rauchen oder dampfen und auch nicht mit Höchstgeschwindigkeit daher brausen. Er wird nach den Worten Stefan Bernsdorfs ganz unspektakulär für Testfahrten in der Zeit vom kommenden Dezember bis ins Frühjahr auf der Bahnlinie von Hemishofen nach Ramsen unterwegs sein – montags bis freitags von 7 Uhr früh bis abends um 20 Uhr.

Wenn nötig werden Stefan Bernsdorf und Matias Arn mit vielen Ingenieuren und Technikern den Wasserstoffzug auch am Samstag testen, wie Bernsdorf in Informationsveranstaltung für die Anwohner von Hemishofen und Ramsen erläuterte.

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Die Hemishofer Mehrzweckhalle war bis auf den letzten Stuhl besetzt. Jürg Stadler, Leiter Engineering bei Stadler Rail, freute sich über die rege Beteiligung: Es sei fast unglaublich, von Neugeborenen bis zu alten Semestern, alle interessieren sich für die Versuchsfahrten mit dem Wasserstoffzug. Jürg Stadler stellte das Unternehmen vor, Stefan Bernsdorf den neu entwickelten Wasserstoffzug.

Strecke ist optimal für Versuchsfahrten

Die Bahnlinie zwischen Hemishofen und Ramsen ist eine Teilstrecke der Bahnverbindung von Singen über Rielasingen und Etzwilen nach Winterthur. Die gesamte Infrastruktur der Bahnlinie liegt in der Verantwortung des Museumsbahn-Vereins. Auf der Bahnlinie werden historische Zugfahrten mit Dampflokomotiven durchgeführt. Die übrige Zeit gibt es keinen Eisenbahnverkehr auf dieser Teilstrecke.

Das, so sagte Stefan Bernsdorf, ist eine optimale Situation, um Testfahrten mit dem Flirt H2 durchzuführen. Bewilligungen mussten dazu bei den SBB, beim Bauinspektor des Kantons Schaffhausen und bei den Gemeinden und der Museumsbahn eingeholt werden. Aber mittlerweile seien alle erteilt worden.

Sie informierten über die Testfahrten des Wasserstoffzuges (von links): Jürg Stadler, Matias Arn und Jürg Bernsdorf.
Sie informierten über die Testfahrten des Wasserstoffzuges (von links): Jürg Stadler, Matias Arn und Jürg Bernsdorf. | Bild: Wolfgang Schreiber

Auf die Frage aus dem Publikum, ob man bei der einen oder anderen Testfahrt mitfahren könne, antwortete Stefan Bernsdorf, dass dies nicht möglich sei. Denn die Bewilligungen seien ausschließlich für Testfahrten erteilt worden, nicht für Personenbeförderung.

Eventuell sei es möglich, dass Stadler eine Besichtigung des im Bahnhof Ramsen stationierten Testzuges zulasse. Doch das sei noch ungewiss. Übrigens, der Öffentlichkeit ist der Prototyp des Flirt H2, auch als Erlkönig bezeichnet, in Berlin bereits an der InnoTrans-Messe präsentiert worden.

Zug soll ab 2024 in USA fahren

Nach den Testfahrten zwischen Hemishofen und Ramsen sollen weitere Tests in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) folgen, denn Stadler hat von der San Bernardino County Transportation Authority (SBCTA) den Auftrag für die Lieferung des mit Wasserstoff angetrieben Zuges des Typs Flirt inklusive einer Option auf vier weitere baugleiche Züge erhalten. Diese sollen im Süden Kaliforniens, im San Bernardino County, verkehren. Der erste Flirt H2 soll bereits ab dem Jahr 2024 im Fahrgastbetrieb eingesetzt werden.

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